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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit
Autoren: Denis Marquet
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deinen alten Posten im Kommissariat. Kurz, du hast erreicht, was du wolltest.«
    »Und?«
    »Du siehst nicht glücklich aus.«
    »Aber ja, das bin ich.«
    Leticia legte ihren Schraubenzieher beiseite und nahm ihn in die Arme.
    »Jeff, was fehlt dir?«
    Leticia hatte es klar erkannt.
    Nach ihrer Rückkehr aus Mexiko war Ann, der es sehr schlecht ging, von ihrer Familie gepflegt worden. Seitdem hatte er nichts mehr von ihr gehört. Sie reagierte weder auf seine Anrufe noch auf seine Briefe. Einmal war es Jeff gelungen, ein paar Worte mit ihrer Mutter am Telefon zu wechseln. Höflich, aber bestimmt hatte sie ihm versichert, sie wisse nicht, wo ihre Tochter stecke.
    Was Jeff nicht wusste: Ann hatte große Schwierigkeiten, sich zu verzeihen, dass sie Irkalla getötet hatte. Sie durchlitt eine tiefe Depression und verbrachte mehrere Wochen in einer Privatklinik und anschließend auf dem Anwesen der Familie in den Catskill Mountains. In dieser Zeit der schmerzlichen Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Lebenssituation mied sie jeglichen Kontakt zur Außenwelt.
    Ihre Abwesenheit und ihr Schweigen gaben Jeff Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, wie viel sie ihm bedeutete.
    Dann eines Morgens …
    Langsam brach der Tag an. Jeff saß hinter seinem mit Akten überhäuften Schreibtisch und schlürfte einen schlechten Kaffee, während er durch das Fenster beobachtete, wie das zartrosa Licht das dunkle Blau der Nacht verscheuchte. Gedämpfte Gespräche und das Rattern einiger Drucker drangen durch die Gänge des Kommissariats. Mulligan hatte die ganze Nacht damit zugebracht, dringende Berichte zu schreiben und den liegen gebliebenen Papierkram zu erledigen. Nun konnte er sich endlich eine Pause gönnen.
    Plötzlich weckte ein kaum wahrnehmbares Geräusch seine Aufmerksamkeit. Er drehte sich um.
    Wie in einem Traum sah er Anns Gestalt im Türrahmen.
    Durch die lange Krankheit war sie schmal und blass geworden. Ihre Augen strahlten dafür umso mehr, dieses vertraute Funkeln, das er so sehr vermisst hatte.
    Ihr Anblick verschlug ihm den Atem, und plötzlich packte ihn die sonderbare Furcht, sie könne wieder verschwinden. Er sprang so abrupt auf, dass sein Stuhl mit Getöse umfiel, und ergriff ihre Hand, als wolle er sie zurückhalten. Sie umschloss die seine – warm, fest, lebendig. Durch einen leichten Druck brachte er die junge Frau dazu einzutreten, schloss die Tür hinter ihr und ließ die Rollos herunter.
    »Ich liebe dich«, gestand er ihr.
    Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
    »Endlich«, murmelte sie.
    Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, und er küsste sie lange. Dann löste er sich sanft aus der Umarmung, sah ihr tief in die Augen und sagte:
    »Wir beide wären ein unglaubliches Team. Sowohl im Leben als auch in der Arbeit.«
    Doch sie lächelte ihn nur geheimnisvoll an.
    »Willst du das nicht?«, hakte er nach.
    Ann lehnte den Kopf an seine Schulter.
    »Im Leben ja, aber was die Arbeit betrifft … Ich bin gekommen, um meinen Dienst zu quittieren.«
    Zur großen Freude ihres Vaters machte Ann ein Praktikum in seiner Kanzlei, während sie gleichzeitig ein Jurastudium absolvierte. Er hatte sie mit offenen Armen, aber auch triumphierend aufgenommen: Hatte er nicht stets die Rückkehr seiner verlorenen Tochter vorhergesehen?
    Kaum hatte sie das Diplom in der Tasche, wurde Ann Rechtsanwältin. Sie blieb genau ein Jahr bei ihrem Vater: Zeit genug, um alle Kniffe dieses Berufsstandes zu erlernen.
    Im Anschluss arbeitete sie für ein dreimal geringeres Gehalt als Staatsanwältin. Sie widmete sich dieser Tätigkeit mit ganzem Herzen. Ihre Aufgabe bestand darin, in Zusammenarbeit mit der Polizei stichhaltige Anklagen vorzubereiten, die den Attacken von Anwälten wie ihrem Vater standhielten. Sie tat dies in enger und stets legaler Kooperation mit Sergeant Mulligan. Sehr bald galt sie als Schrecken der Unterwelt und als prominente Vertreterin des Rechts.
    Als Staatsanwältin Ann Lawrence in den Mutterschaftsurlaub ging, um sich um ihr erstes Kind von Jeff Mulligan zu kümmern – ein außerordentlich kräftiges Mädchen mit wildem Blick und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der sich in heftigen Wutausbrüchen zeigte –, atmete Robert Lawrence insgeheim für ein paar Monate auf.
    Denn er fürchtete nichts mehr als einen Fall, in dem seine Anwälte es mit seiner Tochter zu tun bekamen.
    Raúl wurde zum Nationalhelden. Er hatte Teresa exklusiv die Geschichte seines Abenteuers erzählt. Ihr aufrüttelndes
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