Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter Der Finsternis

Töchter Der Finsternis

Titel: Töchter Der Finsternis
Autoren: Lisa J. Smith
Vom Netzwerk:
hielt inne und starrte fassungslos nach unten.
    „Ich glaube, das ist Tante Opal", sagte Jade zitternd.

3. KAPITEL
    „Sie sieht nicht gut aus." Kestrel schaute Rowan über die Schultern.
    „Oh, nein", sagte Rowan und keuchte entsetzt.
    Großtante Opal war eine Mumie. Ihre Haut glich gelbbraunem, hartem, glattem Leder. Sie glänzte beinahe. Außer der Haut, die sich straff über das Skelett spannte, war nicht mehr viel übrig. Sie besaß kein Haar mehr. Ihre Augen waren dunkle Höhlen mit trockenem Gewebe darin. Ihre Nase war in sich zusammengefallen.
    „Armes Tantchen", stieß Rowan mit feuchten Augen hervor.
    „Wir werden auch so aussehen, wenn wir sterben", meinte Kestrel nachdenklich.
    Jade stampfte mit dem Fuß auf. „Jetzt passt mal auf, ihr zwei. Ihr habt etwas total übersehen.
    Schaut euch das an." Sie deutete mit denn Zeh auf die Brust der Mumie. Dort ragte aus der blau geblümten Kittelschürze und der ledrigen Haut ein großer Holzpfahl hervor. Er war lang wie ein Pfeil, am unteren Ende dick und zugespitzt dort, wo er in Tante Opals Brust verschwand. Weiße Lacksplitter klebten immer noch an einer Seite.
    Einige andere Pfähle lagen auf dem Boden.
    „Armes, altes Ding", sagte Rowan. „Sie muss das Holz getragen haben, als sie fiel."
    Jade wechselte einen Blick mit Kestrel. Es gab wenige Dinge, bei denen sie sich einig waren.
    Rowan war eines davon.
    „Rowan", begann Kestrel eindringlich. „Sie wurde gepfählt."
    „Oh, nein."
    „Oh, doch", sagte Jade. „Jemand hat sie getötet. Und es muss jemand gewesen sein, der wusste, dass sie ein Vampir ist."
    Rowan schüttelte den Kopf. „Aber wer sollte etwas davon wissen?"
    „Nun ..." Jade dachte einen Moment nach. „Ein anderer Vampir."
    „Oder ein Vampirjäger", gab Kestrel zu bedenken.
    Rowan sah entsetzt hoch. „Die gibt es doch nicht wirklich. Das sind nur Geschichten, um kleinen Kindern Angst zu machen, oder?"
    Kestrel zuckte mit den Achseln; aber ihre goldenen Augen hatten sich verdunkelt.
    Jade trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Die Freiheit, die sie auf der Straße gefühlt hatte, die Geborgenheit im Wohnzimmer - und jetzt das. Plötzlich fühlte sie sich leer und einsam.
    Rowan setzte sich auf die unterste Treppenstufe. Sie war zu müde und abgelenkt, um sich die Strähnen aus der Stirn zu streichen. „Vielleicht hätte ich euch nicht herbringen dürfen", flüsterte sie. „Vielleicht ist es hier noch schlimmer." Sie sprach es nicht aus, aber Jade ahnte ihren nächsten Gedanken: Vielleicht sollten wir zurückgehen.
    „Nichts könnte schlimmer sein", sagte Jade heftig. „Und ich sterbe lieber, bevor ich zurückgehe." Sie meinte es ehrlich. Zurück dahin, wo jeder Mann erwartete, von ihr bedient zu werden? Zurück zu einer arrangierten Heirat und endlosen Verboten? Zurück zu all den missbilligenden Gesichtern, die so schnell dabei waren, alles zu verdammen, was anders war, alles, was nicht so gemacht wurde wie seit vierhundert Jahren?
    „Wir können nicht zurück", erklärte sie.
    „Nein, das können wir nicht", stimmte Kestrel trocken zu, „Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Wenn wir nicht so enden wollen wie Großtante Opal. Oder ..." Sie machte eine be
    deutungsvolle Pause. „... wie Großonkel Hodge."
    Rowan sah hoch. „So was darfst du nicht mal denken."
    Jades Magen krampfte sich zusammen. „Das würden sie nicht tun." Sie verdrängte die Erinnerung, die in ihr aufstieg. „Nicht mit ihren eigenen Enkelinnen. Nicht mit uns."
    „Tatsache ist, dass wir nicht zurück können", wiederholte Kestrel. „Also müssen wir nach vorn blicken. Wir müssen uns überlegen, wie wir hier ohne Tante Opals Hilfe zurechtkommen
    - besonders, wenn ein Vampirjäger in der Gegend ist. Aber zuerst, was machen wir damit?"
    Sie nickte in Richtung der Leiche.
    Rowan schüttelte nur hilflos mit dem Kopf. Sie schaute sich im Keller um, als könnte sie die Antwort in einer der dunklen Ecken finden. Ihr Blick fiel auf Jade und blieb an ihr hängen.
    Jade konnte sehen, wie sich das schwesterliche Radarsystem einschaltete.
    „Jade? Was ist in deiner Jacke?"

    Jade war zu erschöpft, um zu lügen. Sie öffnete die Jacke und zeigte Rowan die Kätzchen.
    „Ich wusste nicht, dass mein Koffer sie umbringen würde."
    Rowan war ebenfalls zu erschöpft, um böse zu sein. Sie warf einen Blick gen Himmel und seufzte. Dann sah sie Jade scharf an: „Aber was wolltest du mit ihnen?"
    „Ich habe nach einer Schaufel gesucht. Ich wollte sie im Garten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher