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Töchter Der Finsternis

Töchter Der Finsternis

Titel: Töchter Der Finsternis
Autoren: Lisa J. Smith
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begraben."
    Es entstand eine Pause. Jade schaute auf ihre Schwestern, und die sahen einander an. Alle drei betrachteten erst die Kätzchen und dann Großtante Opal.
    Mary-Lynnette weinte.
    Es war eine wundervolle, perfekte Nacht. Die Luft war still und warm und die Sicht sehr gut.
    Der viktorianische Bauernhof, direkt unter Mary-Lynnettes Hügel, lag fast im Dunkeln. Mrs.
    Burdock achtete stets darauf, keinen unnötigen Strom zu verschwenden.
    Über Mary-Lynnette durchschnitt die Milchstraße diagonal den Himmel wie ein Fluss. Im Süden, wohin sie ihr Teleskop gerichtet hatte, war das Sternbild des Schützen zu sehen und darüber ein schwacher, rosa Fleck, der Dampf glich.
    Es war kein Dampf. Es war eine Wolke aus Sternen. Eine Wiege der Sternenentstehung, die der Große Orion-Nebel genannt wurde. Der Staub und das Gas von erloschenen Sternen wurde in junge, heiße Sterne verwandelt, die gerade geboren wurden.
    Die Nebel lagen ungefähr viertausendfünfhundert Lichtjahre entfernt. Und sie schaute genau in dieser Minute zu ihnen hoch. Ein siebzehn Jahre altes Mädchen mit einem alten Teleskop beobachtete die Geburt von Sternen.
    Manchmal war sie so sehr von Ehrfurcht und Verlangen erfüllt, dass sie glaubte, zerspringen zu müssen.
    Da sie allein war, konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen, ohne so tun zu müssen, als hätte sie eine Allergie. Nach einer Weile musste sie sich zurücksetzen und sich Augen und Nase am Stoff ihres T-Shirts abwischen.
    Ach, komm schon, hör auf, dachte sie. Du bist verrückt, weißt du das?
    Sie wünschte, sie hätte vorhin nicht an Jeremy gedacht. Denn sie erinnerte sich aus irgendeinem Grund daran, wie er in jener Nacht ausgesehen hatte, als er mit ihr die Mondfinsternis betrachtet hatte. Seine ruhigen, braunen Augen hatten geleuchtet, als ob er sich wirklich etwas aus dem machen würde, was er da sah. Als ob er, wenigstens in diesem Moment, etwas von ihrer Leidenschaft teilen würde.
    Ich war eins mit der Nacht, sang eine leise Stimme romantisch in ihrem Kopf und versuchte, sie wieder zum Weinen zu bringen.
    Na toll, dachte Mary-Lynnette zynisch. Sie griff nach der Tüte mit Gummibärchen, die unter ihrem Klappstuhl lag. Es war unmöglich, sich romantisch zu fühlen und von Gefühlen überwältigen zu lassen, wenn man auf Gummibärchen kaute.
    Als Nächstes der Saturn, beschloss sie und wischte sich die klebrigen Finger ab. Sie musste sich beeilen, denn der Mond ging um Viertel nach elf auf. Doch bevor sie das Teleskop drehte, wollte sie einen letzten Blick auf den Sternennebel werfen. Eigentlich nur auf den östlichen Rand, um zu versuchen, die Ansammlung von schwächeren leuchtenden Sternen zu finden, von denen sie wusste, dass sie dort waren.
    Sie konnte sie nicht sehen. Ihre Augen waren nicht gut genug. Wenn sie nur ein größeres Teleskop hätte oder in Chile leben würde, wo die Luft trocken war, oder sich über die Erdatmosphäre erheben könnte, ja, dann hätte sie eine Chance gehabt. Aber so war sie auf das menschliche Auge beschränkt. Menschliche Pupillen öffneten sich nicht weiter als neun Millimeter. Daran konnte man nichts ändern.
    Mary-Lynnette richtete gerade ihr Teleskop auf den Saturn aus, als ein Licht hinter dem Bauernhaus anging.
    Es war nicht das kleine Licht auf der Veranda, sondern die Kohlenwasserstofflampe der Scheune, die das Gelände hinter dem Haus grell beleuchtete wie ein Scheinwerfer.

    Verärgert setzte sie sich zurück. Im Grunde machte es nichts aus. Sie konnte den Saturn auch so sehen und seine Ringe, die heute Nacht nur eine zarte, silberne Linie über der Mitte des Planeten waren. Aber es war seltsam. Mrs. Burdock schaltete nachts nie das Licht hinter dem Haus ein.
    Die Mädchen, dachte Mary-Lynnette. Ihre Nichten. Sie müssen angekommen sein, und sie führt sie herum. Abwesend griff sie nach ihrem Fernglas. Sie war neugierig.
    Es war ein gutes Zeiss-Fernglas mit starken Gläsern. Das Grundstück hinter Mrs. Burdocks Haus wurde um das Zehnfache vergrößert.
    Trotzdem sah sie Mrs. Burdock selbst nicht. Sie sah den Garten, den Stall und das eingezäunte Stück Land, auf dem sie ihre beiden Ziegen hielt. Und sie konnte alle drei Mädchen erkennen, die vom Licht der Lampe beleuchtet wurden. Eins hatte kastanienbraunes Haar, das andere goldblondes Haar und das dritte hatte Haar in der Farbe von Jupiters Ringen, so silbern wie Sternenlicht. Sie trugen etwas zwischen sich, das in schwarze Plastikplanen eingewickelt war. Wahrscheinlich in einen
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