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Todesspiele

Todesspiele

Titel: Todesspiele
Autoren: Karen Rose
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ihres Bruders. Luke hatte sie vor ungefähr einer Stunde hierhergefahren, und zu dem Zeitpunkt hatte die wachsende Furcht in ihren Eingeweiden in ihr den Wunsch erzeugt, er möge langsamer fahren. Nun, da es vorbei war, hoffte sie inständig, er möge Gas geben. Bitte. Bringen Sie mich nur weg von hier. »Danke, alles in Ordnung.« Sie musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass Papadopoulos sie musterte. Sie spürte das Gewicht dieses Blicks auf sich, seit sie den Mann vergangene Woche kennengelernt hatte. Sie hatte bei der Beerdigung ihrer Eltern neben ihrem Bruder gestanden, und er war gekommen, um ihnen sein Beileid auszusprechen. Und er hatte sie beobachtet. Wie jetzt.
    Aber Susannah starrte in den Seitenspiegel. Sie wollte es nicht, wollte das Haus ihrer Kindheit nicht mehr sehen, aber sie konnte den Blick auch nicht abwenden. Die einsame Gestalt im Vorgarten zwang sie, weiter hinzusehen. Selbst aus der rasch zunehmenden Distanz konnte sie die Trauer spüren, die auf Daniels breiten Schultern lastete.
    Ihr Bruder war ein großer Mann, genau wie ihr Vater einer gewesen war. Die Frauen ihrer Familie waren klein und zart, aber die Männer groß und kräftig. Und manch einer größer als die anderen. Susannah kämpfte die Panik nieder, die ihr seit zwei Wochen immer wieder die Luft abzuschnüren drohte. Simon ist tot, diesmal wirklich. Er kann dir nichts mehr tun. Oh, aber doch, er konnte es, und er tat es. Dass ihr Bruder Simon sie sogar noch aus dem Grab quälen konnte, war eine Ironie, die Simon verdammt gut gefallen hätte. Ihr ältester Bruder war wirklich ein mieses Schwein gewesen.
    Nun war er ein totes mieses Schwein, und Susannah weinte ihm keine Träne nach. Da aber Simon zuvor noch seine - ihre! - Eltern umgebracht hatte, waren von den Vartanians nur noch zwei übrig geblieben. Nur Daniel und ich, dachte sie voller Bitterkeit. Die große glückliche Familie.
    Nur sie und ihr älterer Bruder, Special Agent Daniel J. Vartanian, Georgia Bureau of Investigation. Einer der guten Jungs. Treuer Gesetzeshüter. Daniel hatte mit seinem Werdegang versucht, die Tatsache wieder wettzumachen, dass er Richter Arthur Vartanians Spross war. Genau wie ich. Sie dachte an die Verzweiflung in seinem Blick, als sie ihn eben im Vorgarten des Elternhauses stehengelassen hatte. Nach dreizehn Jahren wusste Daniel endlich, was er getan und - noch wichtiger - was er unterlassen hatte. Und nun wollte er Vergebung, dachte sie verbittert. Absolution. Nach zehn Jahren Funkstille wollte ihr Bruder eine Beziehung zu ihr aufbauen.
    Und damit wollte er zu viel. Er würde mit dem, was er getan und nicht getan hatte, leben müssen. Genau wie ich.
    Sie wusste, warum er vor vielen, vielen Jahren gegangen war. Daniel hasste dieses Haus beinahe so sehr wie sie. Beinahe.
    In der vergangenen Woche, als sie ihre Eltern begraben hatten, war es ihr gelungen, dieses Haus zu meiden. Nach der Zeremonie war sie einfach gegangen und hatte sich geschworen, nie wieder zurückzukehren. Doch ein Anruf von Daniel am Tag zuvor hatte sie wieder hergeführt. Nach Dutton. In dieses Haus. Um sich dem zu stellen, was sie getan und - noch wichtiger - was sie nicht getan hatte.
    Vor einer Stunde hatte sie zum ersten Mal seit Jahren auf der Veranda gestanden. Es hatte sie jedes bisschen Kraft gekostet, das sie besaß, durch die Tür zu gehen, die Treppe hinaufzusteigen und das frühere Zimmer ihres Bruders zu betreten. Susannah glaubte nicht an Geister, wohl aber an das Böse.
    Und das Böse lauerte in diesem Haus, in diesem Zimmer, und so war es schon immer gewesen. Auch nachdem ihr Bruder gestorben war. Beide Male.
    Das Böse hatte sie eingehüllt, sobald sie das Zimmer betreten hatte, hatte die Panik in ihr entflammt, hatte einen Schrei in ihr aufsteigen lassen, aber sie hatte ihn hinuntergeschluckt. Mit letzter Kraft hatte sie die Fassade der Gelassenheit aufrechterhalten und sich gezwungen, den großen Wandschrank zu betreten, obwohl sie kaum etwas so fürchtete wie das, was sie darin vermutete. Ihr schlimmster Alptraum. Ihre größte Schande. Dreizehn Jahre lang waren die Beweise in einer Schachtel in einem Versteck verborgen gewesen, ohne dass jemand sie dort vermutet hatte. Nicht einmal ich. Nach dreizehn Jahren war die Schachtel aus ihrem Versteck geholt worden. Ta-da.
    Und nun lag sie im Kofferraum des Wagens, der Special Agent Luke Papadopoulos vom GBl gehörte. Daniels Partner und bester Freund. Papadopoulos brachte die Schachtel zum GBl in Atlanta, wo sie
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