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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: R.Scott Reiss
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bildeten den dritten Ring. »Du schickst mich weg von der Residenz!«
    Cizinio straffte seine Schultern. »Na los, gib mir nur einen guten Vorwand, dich disziplinarisch zu belangen«, zischte er. »Willst du dich etwa einem direkten Befehl widersetzen?«
    Rubens stand unruhig an der Stelle, wo die Weide aufhörte und der Dschungel anfing, und beobachtete die Lichter der Nevada Ranch in sechshundert Metern Entfernung. Er war allein. Sein Funkgerät hatte guten Empfang, aber es gelang ihm nur selten, jemanden zu erreichen, wenn er auf »Senden« schaltete. Die Nevada Ranch war die größte der örtlichen Ranches. Auf dem Gelände standen ein Haupthaus und ein Gästehaus und dreihundert weiße Nelore-Rinder. Rubens hatte gehört, dass der Eigentümer, der nicht auf seiner Ranch lebte, sie an einen Ausländer verkauft hatte. Vielleicht war Honor Evans ja der neue Besitzer.
    Ich wünschte, ich käme näher heran, dachte er. Ich wünschte, man würde uns mit Handys ausstatten. Dann könnte ich jetzt auf der Ranch anrufen.
    Aber er tat seine Pflicht. Bewaffnet mit seiner 9-mm-Beretta, patrouillierte er in der brütenden Hitze seinen Abschnitt. Er trug jetzt Uniform. Stoffmütze, leichte Stiefel, sorgfältig gebügelte, hellblaue Hose. Für Rubens, der in Lumpen aufgewachsen war, bedeuteten neue Kleider wie diese eine wesentliche Verbesserung des Lebensstandards. Der Lichtkegel seiner Taschenlampe beleuchtete einen schnell fließenden Bach. Vor einer halben Stunde, bei seiner letzten Runde, hatte er gesehen, wie am anderen Ufer ein Sakiaffe ins Wasser gefallen war, ein krankes Tier, das einfach vom Ast gerutscht war. Sofort war das Wasser in Bewegung geraten, und der Affe hatte geschrien. Piranhas, hatte Rubens gedacht. Hier und dort drüben im Haus.
    Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass die Sicherheitsvorkehrungen geändert wurden. Der amerikanische Präsident Kennedy wurde nach einer solchen kurzfristigen Planänderung erschossen.
    Aus dem Haus war Samba-Musik zu hören. Hier draußen wimmelte es nur so von Moskitos. Die Ausländer, der Gouverneur und der General tranken jetzt wahrscheinlich Wein und aßen Churrasco und tischten einander lächelnd Lügen auf, nur leider hatte der Gouverneur nicht den Vorteil, den Inhalt des Bands zu kennen, das Rubens in der Tasche hatte.
    Rubens hatte den Eindruck gehabt, dass der Gouverneur sich vor den Männern fürchtete. Und dass die Männer Angst vor dem Gouverneur hatten. Irgendetwas ganz Großes war da im Gange.
    »Mittlerer Abschnitt sicher«, sagte eine Stimme aus dem Funkgerät.
    »Station zwei ruhig.« Rubens fiel auf, dass das hügelige Gelände einem Eindringling gute Deckung bieten würde. Schlich sich da jemand durch die kleine, V-förmige Mulde in der Weide? Nein, das war nur ein großes Paka. Über einen umgestürzten Baum, der quer über dem Bach lag, konnte man leicht vom Dschungel her auf das Gelände gelangen. In dem Paranusswäldchen in der Nähe des Hauses konnte sich ein Angreifer mit einer Schusswaffe verstecken.
    Eine Stimme aus dem Funkgerät fragte: »Wache vier, sind Sie auf Ihrem Posten?«
    »Ich bin hier«, antwortete Rubens.
    »Wache vier?«
    Im Dschungel geht alles kaputt , dachte Rubens. Straßen brachen ein, Funkgeräte gaben den Geist auf. Selbst Reisepässe verzogen sich mit der Zeit in diesem feuchten Klima.
    »Wo sind Sie, Wache vier?«
    »Scheiße«, murmelte er vor sich hin. Aber man verließ niemals seinen Posten. Man wich niemals vom vorgeschriebenen Ablauf ab. Präsident Reagan war angeschossen worden, weil der dritte Abschnitt nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen war.
    »Code rot!«, schrie Cizinio plötzlich aus dem Funkgerät. »Der Jaguar ist in Gefahr!«
    Rubens’ Herz raste.
    »Ich glaube, er hat einen Herzinfarkt! Ich fahre ihn gerade von der Residenz zur Ranch.«
    Rubens spürte, wie sein Blickfeld sich an den Rändern verdunkelte. Cizinio hatte gesagt, der Gouverneur sei auf der Ranch, aber in Wirklichkeit war er offenbar die ganze Zeit über in der Stadt gewesen. Cizinio hatte ihn also angelogen.
    »Er braucht einen Arzt!«, schrie Cizinio.
    Rubens verließ seinen Posten und rannte zur Ranch. Auf der Weide stolperte er und schlug der Länge nach hin. Der Gouverneur war nicht einmal hier.
    Der Krankenwagen fuhr mit blinkenden Lichtern los, die die ahnungslosen Gesichter der Kühe aufleuchten ließen. Die Ausländer befanden sich im Haus. Rubens stand schockiert zwischen einigen anderen Polizisten, als gäbe es noch etwas zu tun.
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