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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: R.Scott Reiss
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Tochtergesellschaften gegründet und Rechnungen eingereicht, die niemand überprüft hat, weil es keine Inspektoren gab – und wenn es sie gab, wurden sie bestochen. Die Kultur der Korruption wuchs und gedieh.«
    Der Journalist wartete geduldig, bis Rubens ihm seine Aufmerksamkeit schenken würde.
    Ein älterer, schwarzer Senator aus Alabama mit Halbglatze fragte: »Wollen Sie damit sagen, dass das ganze Unternehmen aus Betrügern bestand? Dass alle Mitarbeiter in die Betrügereien verwickelt waren? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Nein. Das sind nur einige wenige. Wie bei Enron. Als Enron pleiteging, haben Tausende ehrliche Arbeiter ihre Arbeitsplätze verloren. Die meisten Leute bekommen ja nur einen winzigen Teil des Geschäfts zu sehen. Sie haben keinen Einblick in das große Ganze. Ein Mann malt die Zulassungsnummer auf das Flugzeug. Der Lobbyist lädt einen General zum Essen ein. Die Nestor-Gruppe funktionierte wie der Enron-Konzern. Der Aufsichtsrat bestand aus Freunden von Jack Nestor, und die haben alles geglaubt, was er ihnen sagte. Und am Ende wurden die unterschlagenen Gelder ja meist an die Geldgeber zurückgezahlt mit Hilfe hoher Steuern in den Opferländern. Die Investoren machten Gewinn. Die Banker, die Kredite vergaben, bekamen Prämien. Und wieder wurden hundert Millionen Dollar Verlust der Tatsache zugeschrieben, dass man Geschäfte in der Dritten Welt machte.«
    Und als Honor Evans versucht hat, selbst ins Geschäft zu kommen, dachte Rubens, hat er Nestors ganzes System gefährdet. Also hat Nestor Cizinio geschickt, um ihn einzuschüchtern. Und als das nicht geklappt hat, hat er Cizinio beauftragt, Evans zu töten.
    Der schwarze Senator fragte: »Können Sie den Zusammenhang zwischen Nestor und dem Krieg gegen Drogen und Terrorismus erklären?«
    Der Mann nickte und tippte auf seine Unterlagen.
    »Man muss sich nur vor Augen halten, um welche Summen es bei ausländischen Hilfslieferungen geht. Wieso bewilligen Washington oder die UN einem bestimmten Projekt Gelder und einem anderen nicht?«
    Rubens erinnerte sich, wie Honor Evans am Telefon gesagt hatte: »Washington ist ganz heiß darauf.«
    Der Mann fuhr fort: »Wenn man auf der Liste des Außenministeriums steht, wenn das eigene Land als das wichtigste im Kampf gegen Drogen und Terror gilt, öffnet sich das Füllhorn. Das System auszuspielen ist wie ein Krebsgeschwür, das alle humanitäre Hilfe auffrisst. Was wir brauchen, sind energische internationale Kooperationsbemühungen …«
    »Rubens«, flüsterte Rush, dessen blaue Augen hinter seinen Brillengläsern blinzelten. »Kann ich von Ihnen einen Kommentar zu Jack Nestors Tod bekommen?«   Rubens fuhr herum und starrte in das lange bleiche Gesicht. Der Mann hielt einen kleinen Kassettenrekorder in der Hand. Er stützte sich auf einem Knie ab, um möglichst dicht an ihn heranzukommen.
    »Wissen Sie das etwa nicht?«, fragte Rush, als er Rubens’ Gesichtsausdruck sah.
    »Nestor ist tot?«
    »Es hat eine Explosion gegeben. Sein Mercedes hat Feuer gefangen und ist in der Nähe seiner Hazienda von einer Klippe gestürzt. Es wird spekuliert, dass er von seinen eigenen Teilhabern getötet wurde. Sie fürchteten angeblich, er könnte in die USA ausgeliefert werden.«
    »Ich habe keine Ahnung, was passiert ist.«
    »Was löst die Nachricht von seinem Tod bei Ihnen persönlich aus?«
    Rubens sah, dass Estrella das Gespräch verfolgte. Er legte ihr einen Arm um die Schultern. »Er hat sehr vielen Leuten großen Schaden zugefügt.«
    Rush blinzelte, stand auf, nickte ihm respektvoll zu und ging.
    »Ich rufe Rubens Machado Lemos in den Zeugenstand.«
    Rubens erhob sich und trat an den kleinen Tisch unterhalb des hohen Podiums. Nestor war also tot. Cizinio war ebenfalls tot. Estrella und er waren außer Gefahr – das wusste er jetzt. Rubens nahm auf dem Stuhl Platz. Diese Befragung würde erheblich leichter sein als die letzte. Hier gab es ein Mikrofon und ein Publikum, außerdem einen Wasserkrug, falls er Durst bekam. Die Senatorin aus Pennsylvania betrachtete ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Mitgefühl, bedankte sich für alles, was er getan hatte, gratulierte ihm, weil er bald ein amerikanischer Staatsbürger würde, und forderte ihn lächelnd auf, frei zu sprechen. Nannte ihn einen »Helden, der sein Leben aufs Spiel gesetzt und Gefahren aufgedeckt« hatte.
    »Mit Ihren eigenen Worten, Mister Lemos …«
    Rubens schaute zu seiner Tochter hinüber, die stolz dasaß, und dachte:
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