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Todessphaere

Todessphaere

Titel: Todessphaere
Autoren: Thomas Rabenstein , Volker Ferkau
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gebotenen Konsequenz ausführte, nicht ernst nahm, so wie er – gottverflucht! – nie etwas ernst nahm. Alles mit Leichtigkeit, alles locker sah, denn er konnte, wenn er wollte, aber er wollte nicht immer – und wenn es drauf ankam, baute er Mist! Man würde ihm den Arsch über die Augen ziehen , und ein Richter würde dafür sorgen, dass er die nächsten Jahren in einer Strafkolonie Seife vom Boden aufhob.
    Er erblickte Rachmed nicht weit entfernt. Sein Freund lag bis zu den Hüften begraben unter den Trümmern des Fahrzeugs und starrte ihn aus weit geöffneten Augen an. Aus seinem Mund lief Blut, und man musste kein Mediziner sein, um zu sehen, dass er vom Bauchnabel abwärts nie wieder ein kompletter Mensch sein würde.
    Rachmed grinste, liebe Güte, er grinste!
    Seine Lippen zitterten und er stieß hervor: »Hallo Russe. Ich glaube, mein Schwanz wird nie wieder stehen.«
    Dimitrij schauderte es. Er verlagerte das Gewicht auf sein intaktes Bein und überlegte, wie er seinen Freund um das Gewicht, das diesen schier erdrückte, erleichtern konnte. Er suchte einen Hebel, irgendetwas, das ihm hilfreich sein konnte.
    »Lass es, Dimitrij«, ächzte Rachmed. Sein hübsches, dunkelhäutiges Gesicht war schmerzverzerrt, doch seine Augen blitzten noch immer lebendig und freundlich. »Ich werde hier liegen, bis eine Rettungskapsel kommt. Es hat einen automatischen Funkspruch gegeben. Das weißt du. Man wird uns retten.«
    Bisher hatte Dimitrij noch nichts gesagt, doch dann begriff er, dass keine Rettungskapsel Rachmed jemals retten würde. Er begriff, dass Rachmed zwar atmete, und sprach, faktisch jedoch schon längst tot war.
    Aus einem der gerissenen Schläuche floss Treibstoff, ein sich schnell verflüchtigender Stoff, jedoch soviel, dass er in einem dünnen Rinnsal zu Rachmed sickerte, während nur zwei Handbreit über der hochexplosiven Masse Entladungen zischelten. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, und der Treibstoff würde entweder entflammen oder sogar explodieren. In beiden Fällen würde Rachmed elendig verbrennen.
    »Es tut scheißweh«, stöhnte Rachmed und folgte Dimitrijs Blick. »Aber das ist nichts gegen den Mist, der jetzt auf mich zukommt. Wenn das Zeug Feuer fängt, werde ich gegrillt wie ein T-Bone-Steak.«
    »Warte ab«, sagte Dimitrij. »Noch ist nichts entschieden.«
    Er warf Sand auf das Rinnsal, versuchte dessen Lauf zu stoppen, doch es war vergeblich. »Ich hol’ dich da raus, Rachmed.«
    »Gar nichts holst du«, knurrte Rachmed und bäumte sich auf, wobei er zu heulen anfing wie ein junger Wolf. Er musste grausige Schmerzen leiden, denn der barmherzige Schock verflüchtigte sich. Er warf sich zurück , und Schweiß lief ihm über das Gesicht, während seine Arme und Hände hilflos zuckten. Und dann kamen die Tränen.
    Wenn Dimitrij sich daran erinnerte, war das stets das Schlimmste. Der abrupte Wechsel von lebensbejahendem Sarkasmus zu hilfloser , viehischer Angst. Und die Tränen.
    »Bitte, bitte … Lass mich nicht verbrennen … bitte«, bettelte Rachmed.
    »Nein, nein«, krächzte Dimitrij und in seinem Verstand verhakten sich Schalter, sein Intelligenzquotient von 160 lief auf Hochtouren, während er nach einer Lösung suchte, die seinen Freund retten würde. Ohne es zu planen, rein instinktiv, griff er zu einer naheliegenden Metallstrebe, armlang und etwa ebenso dick, zu kurz, um es als Hebel zu benutzen, lang genug, um …
    »Bitte … bitte …«, hechelte Rachmed.
    Die Flüssigkeit lief weiter und weiter auf ihn zu, bis der Schwerverletzte in einer Pfütze lag, seine Haare nass wurden und Tränen und Blut sich mit der hochendzündbaren Masse mischten.
    Dimitrij steckte die Strebe unter das Metall, das Rachmed erdrückte und stemmte sich dagegen. Es war eine vergebliche und hilflose Geste, denn nichts bewegte sich. Man musste einen Kran haben, um den Mann zu befreien.
    Rachmeds Lippen bebten, und er stieß hervor: »Rette dich, mein Freund. Rette dich … bevor es zu spät ist.«
    Dimitrij wartete auf das Aufpuffen der Flammen, auf den huschenden weißen Blitz, auf die Deflagration, auf den thermodynamischen Vorgang, bei dem freigesetzte Energie zu einer rapiden Temperatur- und Drucksteigerung führt und damit zur Volumenausdehnung – auf den großen Knall, der sie beide und die Space Craft IV zu Staub zerlegen würde. Wenn es wenigstens so wäre. Eine Explosion, in der Achmed innerhalb einer Sekunden starb, doch es konnte anders kommen. Flammen, die zuerst fraßen, bevor
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