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Todesschach

Todesschach

Titel: Todesschach
Autoren: Clark Darlton
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wirklich so dachten. Viele sahen in Grödig das Heil der Menschheit. Und natürlich sahen sie in ihm auch ihren eigenen Vorteil. Sie vertraten die Auffassung, daß nur eine harte und unerbittliche Hand Nord und Süd zusammenführen und die Welt wirklich einigen könnte.
    Thorn war der Untergrundbewegung beigetreten, weil allein ihre bloße Existenz seiner Meinung nach genügen mußte, die Völker und die Regierung zur Vernunft zu bringen. Darum unterstützte er sie.
    Im Hotel fand er die erwartete Botschaft vor. Sein Kontaktmann würde ihn noch heute abend aufsuchen und die Informationen entgegennehmen. Denn solche Botschaften konnten nur durch Kuriere überbracht werden. Es gab keinen einzigen Sendekanal oder ein einziges Kabel mehr, das nicht ständig überwacht wurde.
    Thorn setzte sich in die Bar und wartete.
    Er dachte an Mira und fragte sich, wo sie heute wohl sein würde.
    Mira war zwanzig Jahre alt und ein außergewöhnlich attraktives Mädchen. Seit ihrer Kindheit war sie mit Thorn befreundet, und niemals würde sie einem anderen Mann gehören. Eines Tages würden sie heiraten.
    Auch sie arbeitete in der Untergrundbewegung, weil Thorn dafür arbeitete. Sie sah seine Gründe ein.
    Jetzt in den Semesterferien – auch Mira studierte Sozialwissenschaften – blieb mehr Zeit, die Sache der Gerechtigkeit zu unterstützen. Die einzelnen Gruppen der Rebellen standen nur lose miteinander in Verbindung, und seit einigen Tagen war die Bewegung durch einen offiziellen Regierungserlaß verboten worden. Wer dabei erwischt wurde, daß er für Grödig arbeitete, konnte nach Io deportiert werden.
    Auf dem Jupitermond arbeiteten Strafgefangene unter strenger Aufsicht in den Erzminen. Es war noch nie jemand gelungen, von dort zu fliehen.
    Die Deportation nach Io war so gut wie ein Todesurteil.
    Sie wußte, daß Thorn heute unterwegs war und erst morgen zurückkommen würde. Eine Zeitlang widmete sie sich dem Videoprogramm, sah Grams den weiblichen Springer töten und später den König matt setzen. Dann schaltete sie um auf den Grödig-Kanal, der eine Ansprache des vermeintlichen Diktators brachte. Es war peinlich, dem Mann zuzuhören, den man pro forma und aus ideellen Gründen an die Macht bringen wollte. Die abgedroschenen Phrasen des zwanzigsten Jahrhunderts schienen Mira noch dekadenter und primitiver als die heutigen zu sein. Reinheit der Rasse und Kampf dem Süden! Was sollte das? Was bedeutete das überhaupt: Rasse? Waren sie nicht alle Menschen, und spielte da die Hautfarbe überhaupt noch eine Rolle? Viele hatten gehofft, dieser ganze Unsinn würde im Zeitalter der Raumfahrt endgültig begraben werden, aber sie hatten vergeblich gehofft. Die politischen Schranken waren abgebaut worden, dafür wurden die religiösen und rassischen unüberwindbar.
    Statt des Konfliktes zwischen Ost und West gab es nun den zwischen Nord und Süd.
    Mira seufzte und schaltete ab. Grödig predigte den Krieg, das stand fest. Und die Massen wollten den Krieg, weil ein Krieg interessanter als die Schachspiele war.
    Die Langeweile und der Wohlstand bekamen der Menschheit nicht.
    Aber ein Grödig als Ausweg!?
    Als Mira im Bett lag, versuchte sie darüber nachzudenken, ob es keine andere und bessere Lösung des Problems gab, aber ihr fiel nichts ein.
    Die Schocktherapie mit Grödig war und blieb die einzige Alternative.
    Als viel später – der Morgen begann schon zu grauen – der Türsummer sie weckte, ahnte sie nichts Böses. Vielleicht war es Thorn, der früher als erwartet zurückkehrte. Sie lebten zusammen, wie ein Ehepaar. Die Heirat würde nur noch eine Formsache sein.
    Auf dem kleinen Bildschirm sah sie die Gesichter zweier Männer, die sie nicht kannte. Freunde der Untergrundbewegung? Vielleicht, aber nicht sicher. Brachten sie Nachricht von Thorn?
    Thorn!
    Heißer Schreck durchzuckte sie, und ohne eine Frage zu stellen, öffnete sie das elektronische Türschloß. Sie warf sich den Morgenmantel um und ging den Besuchern entgegen.
    »Mira, Studentin der Sozialwissenschaften?«
    Er sah nicht schlecht aus, stellte Mira bei sich fest, aber seine Augen gefielen ihr nicht. Sie blickten sie forschend und kalt an, als er seine Frage stellte. Der zweite Mann sah sich aufmerksam nach allen Seiten um, als suche er etwas.
    Mira nickte.
    »Sie leben mit einem gewissen Thorn zusammen, ebenfalls Student? «
    »Ja, das stimmt. Wer sind Sie und warum fragen Sie? Es ist mitten in der Nacht und ich …«
    Der Mann griff in die Tasche und streckte ihr
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