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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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pfenniggroße Tropfspuren führen in Richtung Stolleneingang, eine weitere Tropfspur ist im Stolleninneren, etwa 1,5 Meter vom Eingang entfernt, zu erkennen.
    Aus Gründen der Sicherheit wurde darauf verzichtet, die Mine zu betreten. Eine Probe der dunklen Anhaftung wurde gesichert und dem hiesigen chemischen Untersuchungsamt, Herrn Dr. Rausch, übergeben, um zu bestimmen, ob es sich dabei um menschliches Blut handeln könnte.
    Mit der Außenstelle des Bergamtes, Herrn Dipl. Ing. Mohren, wurde Kontakt aufgenommen. Herr Mohren steht bei einer sich ergebenden Begehung des Stollens zur Verfügung.
    Die Tür wurde von PK Trimm wieder mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Die Schlüssel befinden sich im Gewahrsam des Polizeipostens.
    Peters, KHK
     
    Handschriftlich mit Büroklammer dahinter.
     
    Ing. Mohren wg. alter Pläne einen Tag früher anrufen.
     
    Dahinter die Blutbestimmung des chemischen Untersuchungsamtes.
    Da haben sich wahrscheinlich ein paar Bengels aus dem Ort beim Spielen die Knie aufgerissen. Das Schloss geknackt, wehgetan und wieder abgehauen. Was soll’s, wenn das Menschenblut ist, kann man sich das ja mal ansehen. Ingsen, vor Jahren mal gewesen. Irgendein Scheunenbrand. Wie heißt der Mensch vom Bergbauamt?
    »Bergamt Mohren.« Klingt wie Festus Haggan aus Rauchende Colts.
    »Kirchenberg von der Kripo. Tag, Herr Mohren.«
    »Guten Tag.«
    »Sie haben am letzten Mittwoch laut einer Notiz, die ich hier vorliegen habe, mit meinem Kollegen Peters gesprochen.«
    »Ja, richtig. Es ging um das Betreten irgendeines alten Erzstollens bei Ihnen in der Gegend. Aber das war noch nicht ganz klar.«
    »Genau. Jetzt ist alles klar, das heißt, bei der Blutspur, die wir vor dem Eingang gefunden haben, handelt es sich um Menschenblut. Vermutlich löst sich das Ganze letztlich in Wohlgefallen auf, aber nachschauen müssen wir, da führt kein Weg dran vorbei.«
    »Verstehe. Herr Peters hatte mir schon die Lage genau erklärt, habe auch schon versucht, mich kundig zu machen. Dabei ist aber nicht viel herausgekommen. Ich weiß zwar einiges über Erzminen aus der Zeit allgemein, aber speziell über diese habe ich keine Unterlagen gefunden.«
    »Was kann man da machen?«
    »Ich habe das geologische Profil mal studiert, und das Beste ist, man schaut sich das mal vor Ort an.« Der klingt haargenau wie Festus Haggan. Mindestens eine Flasche Whisky am Tag.
    »Gut. Wann wäre das möglich?«
    »Wann Sie wollen.«
    »Morgen?«
    »Meinetwegen morgen. Nach Möglichkeit nicht ganz so früh, denn ich bin doch eine Zeit lang unterwegs.«
    »Zehn Uhr dreißig?«
    »Das klingt menschlich. Wo?«
    »Ich schlage vor, wir treffen uns hier im Präsidium. Das ist ausgeschildert, und der Pförtner weist sie ein. Dann sind wir in spätestens einer halben Stunde da.«
    »Ja, gut.«
    »Muss ich irgendetwas vorbereiten?«
    »Erst mal nicht. Für den Anfang habe ich alles dabei, was ich brauche.«
    »Dann einen schönen Feierabend und bis morgen.«
    »Bis dann.«
    An der Wand gegenüber krabbelt eine Spinne hoch, über den Schieberegler des Kalenders, bleibt drei Sekunden auf der Dreizehn sitzen, krabbelt weiter.
    Spinnweben in den Ecken, morsche Holzstempel, modrige Kühle, feuchter Fels, Dunkelheit. Auf grauem Stein rote Tropfspuren, verlieren sich in der Schwärze.
    Mmh. Jetzt eine rauchen.

20 Uhr 50
    Die Tannen im Westen verdecken den roten Sonnenrest, eine Bachstelze fliegt vom Weg auf, setzt sich fünf Meter weiter nieder, fliegt wieder auf, setzt sich wieder, fliegt hinter eine Eibe. Die roten Beeren sind giftig, oder? Unter den Sohlen knirscht die Asche, auf einer Bank unter der Linde ein alter Mann, Ellbogen auf den Knien, der Blick auf dem Boden, eine fettige, graue Strähne hängt unbeachtet vor der Stirn, steif von Fett oder Pomade. Schön warm ist es noch, bestimmt noch knapp zwanzig Grad. Die roten Lichter auf einigen Gräbern beginnen sich deutlicher abzuzeichnen. Die Bachstelze ist wieder da, fliegt beim Näherkommen auf und in weitem Bogen zurück. Links rein.
     
    Karl Kirchenberg,
    21. September 1931
    11. Mai 1977
     
    An der Unterkante einiger Buchstaben ein leichter Moosschimmer. Müsste mal wieder geputzt werden. Sonst alles korrekt geharkt, ein frischer Strauß Gerbera in der grünen Steckvase auf der Anhäufung. Leere Augenhöhlen, vortretende Zähne ohne Lippen, strohige Haare, Maden auf blauem Anzug. Bescheuert, solche Gedanken. Ist doch schon so lange her.
     
    Verschwitzt in Fußballklamotten, Autos vor dem Haus,
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