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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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offene Haustür, Verwandte und Nachbarn in der Küche, Mutter im Arm von Tante Hannelore, heult hemmungslos, das Gesicht ist nicht zu sehen. Onkel Paul steht auf, auch feuchte Augen, legt den Arm um die Schulter, kommt mit vor die Tür …
     
    »Buh!« Stoß von hinten auf den Hintern.
    »Dominik, mein Junge. Alter Gangster, deinen alten Onkel erschrecken?« Er springt auf den Arm, legt die Beine um die Hüften.
    »Hast du mir was mitgebracht?« Er rüttelt an den Schultern.
    »Na, klar hab ich dir was mitgebracht.«
    »Was denn?«
    »Soll ich es dir jetzt sagen oder soll ich es morgen vorbeibringen als Überraschung?« Er verzieht den Mund, überlegt.
    »Überraschung.«
    Gerda kommt mit einem Lächeln den Weg entlang, Blumen im Arm. Dominik springt ab, läuft einer Taube hinterher.
    »Er hat dich schon ganz früh gesehen, das konnte er sich nicht entgehen lassen.« Ihre Wange ist weich, blumiges Parfüm. »Hab dich noch gar nicht erwartet. Wie lange bist du denn schon wieder da?«
    »In der Nacht zu Montag bin ich gekommen. Spät.«
    »Gut siehst du aus, wie’n richtiger Abenteurer.« Ihre blauen Augen lassen den Blick über das Gesicht wandern. Sie dreht sich zum Grab.
    »Na, wolltest du ihm auch gratulieren?«
    »Wollte ich. Habe ich seit drei Jahren das erste Mal wieder dran gedacht, darum kriegt er auch Blumen.« Sie stellt den Strauß in eine grüne Plastikvase, tritt zurück, lehnt die Schulter an, dann den Kopf.
    »Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wie er aussah. Wenn ich die Bilder nicht hätte …«
    »Kein Wunder nach über zwanzig Jahren.«
    Ihr blonder Kopf bewegt sich kaum, sie zieht die Schultern hoch.
    »Weißt du, woran ich immer denken muss? Wenn wir sonntags ausgingen, habe ich immer auf seinen Schultern gesessen und meinen Kopf auf seinen gelegt. An den Geruch kann ich mich noch heute erinnern.« Sie macht eine Pause. »Sonst weiß ich kaum noch was.«
    Dominik kommt angeschlendert, wirft mit Schottersteinchen nach der Bachstelze. Die flieht in eine Lebensbaumhecke.
    »Lass uns gehen.« Er wirft den Rest Steine auf den Weg, wischt sich die Hände an der Hose ab. »Ich habe keine Lust mehr.«
    »Willst du Opa nicht zum Geburtstag gratulieren?« Er kommt, stellt sich dazu, schaut still auf das Grab.
    »Ich kenne ihn gar nicht.« Pause. »Glückwunsch.« Gerda streichelt ihm durch die Haare, er entzieht sich, bleibt nach zwei Metern stehen. »Los, komm!«
    Mach’s gut, Vadder.
    Der alte Mann auf der Bank hat seine Position nicht verändert, die Strähne baumelt noch. Dominik fasst die Hand von hinten.
    »Kommst du noch mit zu uns?«
    »Würde ich gern, du Gangster, aber ich habe noch nichts gegessen, und die Zeitumstellung sitzt mir auch noch in den Knochen. Ich muss mal ’n bisschen schlafen.« Er zieht einen enttäuschten Mund, ganz feste Umarmung.
    »Kommt doch mit zu Sener. Ich lade euch ein.«
    »Ne, geht nicht«, Gerda, etwas verlegen, »Kurt kommt gleich noch.«
    Kurt! Was Neues? Hoffentlich nicht so schlimm wie der Letzte. Schwesterchen hat da echt ein falsches Muster intus.
    »Kurt?« War hoffentlich nicht zu skeptisch.
    »Ja, stell ich dir bei Gelegenheit mal vor.«
    »Ich komme die Woche noch vorbei. Muss doch meine Geschenke loswerden.« Er grinst breit zurück. »Und zu Mutter muss ich auch noch.« Umarmung, sie steigen ein, er winkt wild wie ein Verrückter.
    »Vergiss das Geschenk nicht!«, durch den Fensterspalt.
     
    Bei Sener volles Haus. In der Ecke drei Tische zusammengestellt, alle gut gekleidet. Irgendeine Familienfeier. Die kleinen Mädchen in Weiß mit Haarschleifen. Sehen aus wie die Puppe, die bei Oma immer auf dem Bett saß. Sener wieselt zwischen Theke und Tischen hin und her. Dass der sich keine Aushilfe nimmt. Nur Martha in der Küche. Und Ayse. Ayse. Wenn sie mal da ist alle paar Monate. Er kommt zurück, zapft.
    »Was kann ich für dich tun, Herr Kommissar?«
    »Was Schnelles, Sener. Mach mir einfach einen Döner. Und ’n Pils.« Er geht zur Schwingtür, ruft es in die Küche, zapft weiter.
    »Hab ich ganz vergessen zu erzählen. Schönen Gruß von Ayse.« Er schaut von unten aus den Augenwinkeln. Prüfblick.
    »Ayse? Danke. Gruß zurück. Herzlichen Gruß.«
    »Sie war einen Tag da, als du in Urlaub warst. Vor zwei Wochen.« Schade. Sehr schade. Ayse hätte ich gern gesehen. Ayse hinter der Theke, ihre Hände halten Gläser, die braune Haut glänzt matt, der schwere schwarze Zopf über der Schulter. Das Lachen.
    Die Schwingtür pendelt auf, Martha bringt den
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