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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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nach Nikotin und Pfefferminz. »Und? Wie war’s?«
    »Ganz schön hohe Berge haben die da.«
    Pohlmann, Gerber und Grote kommen, rauchen, grüßen, kräftige Hände.
    »Was ist eigentlich passiert?«
    »Was ist passiert«, sie zieht die Stirn kraus, blickt aus den Augenwinkeln, »er hat wahrscheinlich einen Herzinfarkt gekriegt.«
    »Herzinfarkt?! Mit fünfundvierzig? Die Einschläge kommen näher.«
    »Sechsundvierzig.«
    »Mann soll sich halt nicht überanstrengen«, Pohlmann mit vielsagender Miene.
    »Was soll das heißen?« Alle drucksen rum. »Kommt, macht hier jetzt kein Quiz, ja.«
    »Er war in der Wohnung seiner Freundin. Robert hatte seit Jahren eine Geliebte«, Ulla mit gedämpfter Stimme.
    »Was? Robert?«
    »Über fremdem Gebiet abgeschossen.« Pohlmann aus dem Hintergrund. Helmut zieht die Augenbrauen hoch.
    »Und in ihrer Wohnung ist das passiert? Weiß Monika davon?«
    »Jetzt ja. Der Notarzt hat keinen natürlichen Tod bescheinigt und die Kollegen aus der PI Süd hatten keine Ahnung, dass er Kollege ist. Die haben die Todesbenachrichtigung durchgeführt wie immer.«
    Robert! Der trockene Robert. Und ich Idiot hab eben noch was von Mittelpunkt des Lebens gefaselt. Letzter Gedanke. Scheiße.
    In einer Gruppe unter der Kastanie wird gelacht, die Sonne verschwindet hinter einer Wolke. Die meisten gehen langsam Richtung Ausgang.
    »Seit Jahren?« Ulla nickt.
    »Du kennst sie sogar. Es ist Frau Rother aus der Verwaltung.«
    »Die Dunkle von den Reisekosten?«
    »Genau.«
    »Alte Beamtenregel. Hausfick bringt Unglück.« Pohlmann zieht den rechten Mundwinkel nach oben, macht eine Grimasse.
    »Verdammt noch mal, jetzt isses aber gut!« Helmut schnaubt mit gedrückter Stimme. »Wir sind hier auf einer Beerdigung, auf seiner Beerdigung, genauer gesagt. So ein Rest Pietät sollte doch wohl noch möglich sein.«
    »Nun reg dich man nicht künstlich auf. Bin ich fremdgegangen oder er?« Pohlmann leise und bissig.
    »Aber man muss an so einem Tag denjenigen nicht noch mit Scheiße und Häme bewerfen. Außerdem hast du doch wohl auch keinen Heiligenschein, oder?«
    »Ich habe Lobhudeleien auf Trauerfeiern schon immer gehasst«, er geht näher heran, »außerdem mochte ich ihn nicht besonders. Das ändert sich auch nach seinem Tod nicht.«
    »Kommt, lasst gut sein.« Die sollen sich woanders streiten. »Lasst uns lieber irgendwo einen Kaffee trinken.«
    Helmut atmet tief durch. »Ist doch wahr.«
    »Gibt es keinen Beerdigungskaffee?«
    »Ne«, Ulla fingert an ihrer Handtasche, »hatte Monika wohl keinen Bock mehr drauf, von jedem noch einen warmen Spruch. Ich muss auch dringend zur Dienststelle. Wir haben nämlich ’ne Menge zu tun.«
    »Wir haben zwei MKs laufen«, Helmut nimmt den schwarzen Schlips ab, steckt ihn in die Jackentasche. »Ulla hat einen Taximord und Franz einen erstochenen Penner. Beide noch mit voller Mannschaft.«
    »Hat’s euch ja richtig getroffen in meiner Abwesenheit!«
    »Das kannst du laut sagen. Deshalb waren auch nur sieben von uns heute hier, der Rest arbeitet. Wir sehen uns morgen?«
    »In alter Frische.«
    »Bis dann.«
    Die anderen gehen zum Parkplatz. Eine alte Frau steht fast allein mitten vor der Kapelle und blickt die Allee entlang Richtung Tor. Sie schüttelt ganz langsam den Kopf, unaufhörlich.
    Das mit Monika muss ich wieder gerade biegen.
    Junge, Junge. Robert.
    12 Uhr 40
    Auf den Klingelknöpfen mit Tesakrepp ein gelber Zettel. Altkleidersammlung, übermorgen. Im Briefkasten Werbung und etwas von den Stadtwerken, wahrscheinlich eine Rechnung. Die Wohnungstür muss auch mal wieder geputzt werden, sind ja richtige Striemen drauf, sie schlägt beim Öffnen gegen die Reisetaschen. Auspacken nachher, erst mal Fenster auf, am besten Durchzug. Pah, ist hier eine Luft. Im Radio irgendeine Boygroup, auf WDR III ein Klavierkonzert, ist okay. Einkaufen. Im Kühlschrank nur zwei Flaschen Weißwein, Riesling und Chardonnay, durch den milchigen Einlegeboden schimmert es dunkel in der Gemüseschublade. Beim Aufziehen schwappt etwas grünliche Flüssigkeit hin und her, mit kleinen Stückchen drin, saurer Geruch. Das waren wahrscheinlich mal Paprikaschoten. Wohl übersehen.
    Es schellt.
    Wer weiß denn, dass ich wieder da bin? Harte Absätze auf den Flurfliesen, Carmens Kopf schiebt sich schräg durch den Türspalt. Die dunklen Locken schwingen wie kleine Spiralfedern. Sie bleibt in der Tür stehen.
    »Kennst du mich noch?«
    »Frau Berg, welcher Glanz in diesen Mauern zu dieser frühen
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