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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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nicht gern allein. Wie Menschen.« Blick von unten nach oben, eine Augenbraue hochgezogen. Ja, ja.
    »Das kommt auf die Menschen an.«
    »Blödsinn. Stellen Sie die beiden mal zusammen, dann geht’s denen auch besser.« Erhobener Zeigefinger. »Und, schon gehört? Letzte Woche zwei Tötungsdelikte …«
    »… schon gehört …«
    »… und wissen Sie schon was Näheres?«
    »Gar nichts. Morgen ist mein erster Arbeitstag. Heute war ich nur auf der Beerdigung eines Kollegen.«
    »Ja«, klagender Unterton, »habe ich gelesen. Tragische Geschichte. Klang etwas eigenartig in der Zeitung …«
    »Ja, tragisch. 46 Jahre.«
    »Ja, ja. Aber was soll ich sagen, mit 74«, sie hebt die Arme, wendet sich zur Tür.
    »Ach, Frau Gierth«, sie dreht sich, bleibt stehen. »Augenblick noch.« Das müsste doch in der Reisetasche ganz unten sein. Ja, das ist die Tüte. »Fürs Gießen und Pflanzenflüstern. Kleines Dankeschön.«
    »Oh, Herr Kirchenberg, das wäre …«
    »… nicht nötig gewesen, ich weiß. Trotzdem. Danke.«
    Sie lässt den bunten Stoff durch die Finger gleiten, legt sich den Schal um den Hals.
    »Wunderschön«, fast etwas verlegen. Sie sieht hoch, lächelt jugendlich.
    »Schon gut.«
    »Wenn Sie mal wieder Hilfe brauchen …«, sie zeigt auf wie in der Schule, geht, dreht sich in der Tür, wieder ganz ernstes Gesicht, »wenn Sie etwas über die Morde wissen, also, ich will nicht unverschämt sein.«
    »Ich halte Sie auf dem Laufenden.« Die ändert sich nicht mehr. Sie tätschelt den Oberarm.
    »Wir verstehen uns.« Die Treppe rauf, ohne das Geländer anzufassen, spielt mit den Schalenden.
     
    Bei Sener an den Plastiktischen unter den Sonnenschirmen zwei Jugendliche. Sener an der Theke stützt sich auf beide Ellenbogen, liest Zeitung, wahrscheinlich Hurriyet. Die Tür schnarrt, er sieht auf, ganz langsam ein Lachen, kommt mit ausgestreckten Armen. Er nimmt die Rechte, schüttelt mit der Linken den Oberarm, vermeidet im letzten Augenblick eine Umarmung.
    »Wieder da?!«
    »Ja, wieder da. Seit heute Nacht.«
    Er löst den Griff, geht in die Küche, kommt mit einer Flasche wieder. Die Flüssigkeit in den Schnapsgläsern ist milchig.
    »Aus der Gegend, aus der ich komme. Ein Getränk für Freunde. Gute Freunde.«
    Schmeckt gut, bisschen süß, und irgendein Gewürz, aber was?
    »Ich muss einkaufen, wollte eigentlich nur kurz Hallo sagen.«
    »Schön, siehst gut aus. Wie war es?«
    »Erzähl ich dir heute Abend. Muss mal wieder was essen, was ich kenne.«
    »Was richtig Deutsches, verstehe.« Er lacht breit.
    »Genau. Kannst mir schon mal einen Döner warm halten. Und ein großes Bier.«
    »Alles klar.« Er stellt das Tablett auf den Tresen. »Bis dann.«
    Die beiden Jungen am Tisch reden über eine Britta, lachen.

DIENSTAG
    07 Uhr 36
    An der Innenseite der Fahrstuhltür ein neues Graffiti. Hand mit Victory-Zeichen und »Der Sieg ist unser«. Ist fast ein Siebziger-Jahre-Slogan. Der Boden im Flur glänzt wie immer. Es riecht wie immer. Strunkemöller liest im Gehen eine Rotakte, kurzer Blick.
    »Schau an, der Abenteurer. Siehst ja aus wie’n Bimbo. Pass auf, dass du nicht festgenommen wirst.« Er bleibt kurz stehen. »Kannst du dich überhaupt wieder an Arbeit gewöhnen nach dieser Zeit?«
    »Wird schon klappen.«
    Er schmettert im Weitergehen mit der flachen Hand auf den Rücken, es brennt. Strunkemöller ist echt ein Kamel.
    »Dann häng dich mal rein. Wie war’s überhaupt?«
    »Nachher beim Kaffee erzähl ich es für alle. Sonst muss ich zehnmal dasselbe runterbeten.« Er zeigt Verständnis, liest wieder im Gehen.
    Petra sitzt im Vorzimmer mit Knopf im Ohr hinter ihrem PC und tippt. Kurzes Aufblicken, sie stoppt, nimmt den Kopfhörer ab, dreht sich auf ihrem Stuhl.
    »Halloho.« Sie steht auf, fasst den Unterarm, langer Blick in die Augen. »Und? Bist du’s?« Gespielt prüfender Blick, sie kommt ganz nah heran. »Muss doch mal sehen, ob nicht ein paar neue Falten dazugekommen sind unter der braunen Tünche.« Feste Umarmung, sie löst sich langsam. »Schön, dass du wieder da bist. Hatte ja niemanden mehr zum Quatschen, so zwischendurch.« Sie setzt sich, nimmt ihren Kopfhörer, noch ein Lächeln, tritt auf den Fußschalter, Tastengeklapper.
    Die Neonröhre im Durchgang zu Helmuts Büro kommt erst mit Verzögerung. Das Fach im Schrank ist bis an die Oberkante gefüllt.
    »Das ist noch nicht alles.« Helmut aus dem Nebenzimmer, legt den Telefonhörer auf. »Der Rest passte nicht mehr rein.« Er klopft auf
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