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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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Stunde.«
    Sie kommt herein, schließt die Tür. Die Bluse raschelt sacht beim Armeheben, schweres Parfüm, wie immer. Ihre Hände am Hinterkopf.
    »Wusste fast schon nicht mehr, wie du dich anfühlst. Nach sieben Wochen.« Sanfter Kuss, ihre Finger bewegen sich im Haar. »Ich habe nur fünfzehn Minuten Zeit.«
    »’ne Viertelstunde? Nach sieben Wochen?«
    »Blödmann! Mein Mann hat ein Geschäftsessen, da soll ich dabei sein.«
    »Darum der Fummel?«
    »Hmmh«, noch ein Kuss. »Und? Wie war’s?«
    Tja. Wie war es? Glänzende Eisfelder, Wolkenhüte, hinter Gipfeln immer wieder Gipfel.
    »Ich kann dir das kaum beschreiben. Faszinierend? Überwältigend? Das trifft es nicht richtig. Es war anders, anders als alles, was ich bisher erlebt habe.«
    Sie löst sich, lächelt, ihre Hände auf der Wange sind angenehm kühl. Parfüm an ihren Handgelenken. Sie fällt rückwärts in den Sessel, Beine übereinander, der rechte Pumps löst sich an der Ferse vom Fuß. Sieht heute wirklich aus wie aus der »Vogue«.
    »Ich kann dir nicht mal Kaffee anbieten. Ich war noch gar nicht einkaufen. Was anderes? Wasser? Einen Wein?«
    »Ne, lieber nicht, nachher komme ich noch mit einer Fahne da an …«
    »Dann gehen die Geschäfte bestimmt gleich leichter von der Hand.«
    »Lass man. Ich wollte dich nur kurz sehen. Wusste gar nicht genau, ob du schon wieder da bist.« Beim Baumeln des Unterschenkels fällt der Schuh vom Fuß, dunkelrote Nägel.
    »Ich bin auch einen Tag früher zurück als geplant. Mit den Flügen war es so günstiger.«
    Sie reibt mit der Hand auf der Sessellehne, hebt den Kopf, klarer Blick. »Komm, setz dich mal ’ne Minute.« Ihre Hand warm auf dem Oberschenkel, die Bluse fällt zwei Zentimeter auf, schwarzer Spitzenrand am BH.
    »Und? Was ist so in der Zwischenzeit passiert? Wichtiges? Klatsch? Tratsch?«
    »Was soll hier schon passieren, die Tage kommen, die Tage gehen. Du hast bestimmt mehr erlebt.« Ihre Fingernägel kraulen das Knie.
    »Kann schon sein. Ich erzähl’s dir mal, wenn wir mehr Zeit haben.« Sie nickt. »Aber wir können den Rest der Zeit ja nutzen für eine kurze ekstatische Wiedersehensfeier. Fünf Minuten? Wenn wir uns beeilen, reicht das.«
    »Doofmann«, sie boxt sacht in die Rippen, »du weißt, ich mag keine Blitzfeten. Außerdem hat die Gastgeberin heute nur Blutwurst im Angebot, da muss die Fete ausfallen.« Schulterzucken mit gespielter Unschuldsmiene.
    »Dann sollte die Feier aber wenigstens anständig abgeblasen werden.«
    Sie boxt heftiger in die Rippen. Aua. Skeptischer Blick aus zusammengezogenen Augenlidern, länger. Schweigen.
    »Wir kennen uns jetzt ein halbes Jahr, nicht? Sag mal, was fühlst du eigentlich, wenn wir uns sehen?« Oh, Gott! Schwierige Fragen am Nachmittag. Durchatmen.
    »Wir haben uns jetzt sieben Wochen nicht gesehen, und da muss ich gleich so was Schweres beantworten?«
    Sie steht auf, geht zum Fenster, kommt zurück, ihre Hand im Haar, leise Schauer. »Hab ich mich in den letzten Wochen häufiger gefragt. Würde mich einfach mal interessieren.«
    Komm! Ehrlich sein! »Problemloser Sex ohne tiefere Gefühle, aber mit Sympathie! Wer von uns beiden hat das eigentlich am Anfang gesagt?«
    »Ich weiß. Aber was ist, wenn Dinge sich ändern?«
    Kein Ausweichen. »Dann wird’s problematisch.«
    »Für wen?« Ihre Hand immer noch im Haar. Immer noch leise Schauer. Aufstehen. Das Klavierkonzert ist zu Ende, es quatscht jemand. Suchlauf, irgendwo die Stones.
    »Für beide.«
    Sie hält dem Blick stand, Seufzer.
    »Ich muss los, Glückspilz«, sie geht zur Tür, öffnet, zärtlicher Kuss, »aber ich spreche dich noch mal darauf an«, gestreckter Finger mit Herausforderung. Die Absätze hell auf den Fliesen. Das hört man im ganzen Treppenhaus. Die Tür schmettert ins Schloss. Ist der Stopper schon wieder kaputt. Der Kühlschrank. Im Abflusssieb bleiben einige Paprikastückchen hängen. Mein Gott, stinkt das.
    Die Schelle. Was vergessen?
    Frau Gierths Gesicht zwischen zwei Benjaminis.
    »Die Pflanzenflüsterin bringt Ihre Kinder zurück.« Mit eiligem Schritt in die Küche, stellt beide auf den Tisch. »Mein Gott, hier riecht es aber sauer, Sie müssen mal lüften.«
    »Haben die sich bei Ihnen vermehrt? Ich hatte Ihnen doch nur einen zur Pflege gegeben.«
    »Genau! Den Krüppel hier. Ich habe es mit viel Liebe probiert, aber ein Prachtstück wird das nicht mehr. Das liegt daran, dass er allein ist. Da habe ich Ihnen den hier dazugetan. Selbst gezogen. Pflanzen sind
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