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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger
Autoren: David Moody
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reißt ein Loch in die Wand, explodiert und lässt Trümmer auf die gesamte Umgebung regnen. Als die Explosion abklingt, ist alles stumm und still. Ich bleibe reglos stehen, während die letzten paar Flüchtlinge, die der Detonation entkommen konnten, sich an mir vorbeidrängen. Langsam nähere ich mich der Zone der Explosion, während nach und nach die Geräusche zurückkehren; Schreie und das Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden, ein Autoalarm, der unglaublicherweise noch funktioniert, das Knistern und Prasseln von Flammen, das Zischen gebrochener Rohre …
    Kann Ellis nicht sehen.
    Ich stehe allein am Rand eines gewaltigen Trümmerfelds mit gefallenen Toten. Um mich herum setzen sich ein paar Leute wieder in Bewegung, kriechen zwischen den Trümmern herum, erheben sich langsam und stolpern weiter. Ich stoße tiefer in den Wahnsinn vor, zuerst langsam, dann im Laufschritt. Ich stolpere und rutsche über die Überreste von Menschen unter meinen Füßen.
    Wo ist sie?
    Ich laufe schneller, obwohl es mir in dem Schlachthaus kaum gelingt, auf den Beinen zu bleiben. Je näher ich dem Epizentrum komme, desto weniger vollständige Tote finde ich. Ich schaue nach unten und erblicke nur noch abgerissene Gliedmaßen und andere, nicht so eindeutige Klumpen blutigen Fleisches. Ich kann mich nicht
bewegen, kann nicht klar denken, der Gestank von Rauch und brennendem Fleisch dringt mir in die blutenden Nasenlöcher. Ich kann kaum atmen. Habe ich sie verloren? Lizzie konnte trotz widrigster Umstände monatelang für Ellis’ Sicherheit garantieren. Kaum ist sie ein paar Minuten bei mir, ist sie verschwunden …
    Kann nicht aufgeben.
    Inzwischen sind wieder mehr Leute um mich herum, manche befreien sich aus den blutigen Trümmern, andere strömen immer noch aus dem Stadtzentrum und bahnen sich einen Weg durch die grausigen Ruinen; die Explosion hat ihre Flucht nur ein klein wenig verzögert. Langsam überquere ich, was von der Straße noch übrig ist, versuche angestrengt, durch Rauch und Dunst zu blicken, und orientiere mich an den Häusern, wo ich sie zuletzt gesehen zu haben glaube. Als ich näher herankomme, lasse ich mich auf die Knie sinken, krieche durch den blutigen Glibber und stoße Hände weg, die hilfesuchend nach mir ausgestreckt werden. Ich sinke mit dem Knie in den aufgerissenen Brustkorb eines jungen unveränderten Mannes und drücke ihm buchstäblich den letzten Atemzug aus der Lunge. Ein anderer hält sich an meinem Mantel fest; ich löse gerade seine erstaunlich kräftigen Finger, als ich eine Kinderhand sehe, die unter zwei schweren Leichnamen herausragt. Ich zerre die Toten beiseite, will Ellis unbedingt unter ihnen hervorziehen. Sie liegt mit dem Gesicht nach unten auf dem Asphalt, eine dunkelrote, fast schwarze Blutlache hat sich um ihren Kopf herum gebildet. Ich ziehe sie heraus und drehe sie um, aber sie ist es nicht. Gott sei Dank. Ich lasse den Leichnam achtlos fallen und krieche weiter.
    Jetzt wimmelt es ringsum von Unveränderten. Die
meisten sind verletzt, alle haben Todesangst. Ich mache schneller, da ich fest entschlossen bin, Ellis zu finden, und werfe buchstäblich feuchte Klumpen Menschenfleisch über die Schultern, während ich nach einer Spur von ihr suche. Dann sehe ich es – das abgeschnittene Ende der Wäscheleine. Erneut explodieren Geschosse über mir und überschütten mich mit Staub und Dreck, als ich das Ende der Leine ergreife und ihr folge. Der Gedanke, was ich am anderen Ende finden könnte, erfüllt mich mit Grauen. Ich entdecke einen bloßen Knöchel, der kleiner und dünner als die anderen ist. Ich zerre einen weiteren blutüberströmten Kadaver aus dem Weg, stoße ihn zur Seite und zucke erschrocken zusammen, als er die Augen aufreißt, vor Schmerzen schreit und mich zu packen versucht. Unter einem weiteren Leichnam sehe ich Ellis’ verfilzte braune Haare. Ich ziehe und stoße weitere Tote aus dem Weg, bis ich sie ganz freigelegt habe. Ihr zierlicher, abgemagerter Körper bewegt sich nicht. Ich schüttle sie an den Schultern; immer noch keine Reaktion. Ich beuge mich hinunter, bis mein Ohr nur noch Millimeter von ihrem Mund entfernt ist, kann aber weder etwas hören noch spüren. Ich nehme ihr Handgelenk und fühle nach dem Puls, finde aber keinen. Ich drehe sie um, ziehe sie hoch und halte sie in den Armen. Sie erweckt den Eindruck, als würde sie schlafen, und zum ersten Mal seit ich sie gefunden habe, sieht sie wieder wie meine Ellis aus, wie das kostbare kleine Mädchen,
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