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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger
Autoren: David Moody
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das ich abends zu Bett gebracht und dem ich am Morgen Frühstück gemacht habe, die laute, kleine Nervensäge, die mir das Leben zur Hölle machte, die ich aber dennoch mehr als alles andere auf der Welt liebte. Blutüberströmt, aber wunderschön.
    Ich taste erneut nach dem Puls, obwohl ich nicht sicher
bin, ob ich es richtig mache. Habe ich gerade etwas gespürt? Ich ziehe ihre Lider hoch. Die Pupillen sind groß, geweitet, aber sie reagiert nicht auf das Licht. Ich drücke sie dicht an mich, bis ihr Kopf an meinem ruht, und bilde mir kurz ein, dass ich etwas höre. Ich konzentriere mich ganz auf Ellis, verdränge alles andere, und dann höre ich es wieder, das leise Flüstern einer flachen, keuchenden Atmung. Sie lebt. Ich muss sie hier wegbringen.

39
    A m Himmel wimmelt es von Bewegung und Lärm. Raketen und Mörsergranaten sausen durch die Wolken und detonieren im Stadtzentrum. Hubschrauber ziehen summend dahin, einige beobachten nur, aber die meisten greifen an und feuern in die Menge am Boden.
    Die Flüchtlinge folgen einander wie Schafe, halten sich an die Hauptstraßen, die aus der Stadt hinausführen, und fragen sich offenbar nicht einmal, ob die vor ihnen mehr oder weniger über die Situation wissen als sie selbst. Sie stürmen blindlings davon und geben sich der Illusion hin, dass ihre große Anzahl ihnen Sicherheit verleiht. Hunderte strömen die breite Straße entlang, die, was viele eigentlich wissen müssten, irgendwann eine Kurve macht und sie wieder in das sterbende Zentrum der Stadt zurückführt.
    Es gibt einen anderen Weg.
    Links von mir befindet sich ein gewaltiger Haufen schwelender Trümmer, wo einmal ein Kinokomplex gewesen ist. Mit Ellis auf den Armen verlasse ich die Straße, laufe um den Rand der Ruine herum und folge der Grenze eines Parkplatzes voller Zelte und Wohnmobile, der fast völlig verlassen ist. Auf der anderen Seite liegt eine steile Böschung, auf der die Bahngleise aus der Stadt hinaus verlaufen. Tausende dieser hirnlosen Dummköpfe bleiben auf den verstopften Straßen, und ich sehe bereits,
dass nur wenige Leute da oben sind und den Schienen folgen, um die Stadt zu verlassen.
    Ellis regt sich. Gott sei Dank. Es war nur ein unmerkliches Zucken, aber es genügt, denn ich spüre, dass sie wieder gesund wird. Ich drücke sie fest an mich, als ich die Böschung erklimme und neben den Schienen herlaufe, während ich instinktiv ständig nach Zügen Ausschau halte, die längst nicht mehr verkehren. Ich sinke mit den Füßen im nassen Schotter ein wie in Sand, wodurch mich jeder Schritt doppelt so viel Anstrengung kostet wie normalerweise.
    Aus dieser vergleichsweise hohen Warte kann ich deutlich in fast alle Richtungen sehen. Ich blicke über die Schulter zu den Ruinen der Stadt hinter uns. Inzwischen stehen weite Teile davon in Flammen. Die Silhouette hat sich in unglaublich kurzer Zeit völlig verändert. Riesige, auffällige Gebäude, die noch unversehrt waren, als ich vor wenigen Stunden hier eintraf, wurden zerstört und sind verschwunden, was das Aussehen der Stadt unwiderruflich verwandelt. Selbst auf die Entfernung und trotz des konstanten Lärms der Helikopter, Raketen und gedämpften Explosionen höre ich Tausende Menschen kämpfen und bin erleichtert darüber, dass ich dem Wahnsinn mit meiner Tochter entkommen konnte.
    Ich laufe trotz meiner Erschöpfung weiter und halte nicht inne. In dieser Entfernung sind wir vermutlich sicher, aber ich möchte noch weiter weg. Die Bahngleise erstrecken sich bis in die Vorstädte; verlassene Ruinen ehemaliger Mietshäuser ragen um uns herum empor. Selbst hier draußen halten sich Menschen auf den Straßen auf. Ich sehe Dutzende von verängstigten Unveränderten, die aus der Stadt geflohen sind und Zuflucht suchen, aber
von Leuten wie mir und Ellis abgefangen werden. Woher zum Teufel kommen so viele unserer Kämpfer? Waren sie schon mit uns im Stadtzentrum? Die Antwort wird deutlich, als ich mehr und mehr von ihnen sehe. Diese Leute kommen von außerhalb der Stadt und durchqueren die Sperrzone. Sie müssen mitbekommen haben, dass das Flüchtlingslager implodiert. Oder ist das ein geplanter Angriff? Ist das die Vorhut von Ankins Armee?
    Ein weiterer Hubschrauber fliegt über uns hinweg, diesmal so niedrig, dass ich mich instinktiv auf die Knie fallen lasse und vorbeuge, um Ellis zu schützen. Sie bewegt sich wieder in meinen Armen und stöhnt vor Schmerz. Ich drücke sie an die Brust und schaue auf, als der Hubschrauber verschwindet.
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