Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger
Autoren: David Moody
Vom Netzwerk:
I
    D ie Ursachen für den Hass (wie er auf beiden Seiten der ungeraden Frontverlaufslinie genannt wird) waren irrelevant. Ganz am Anfang, als die Zweifler gezwungenermaßen einsehen mussten, dass tatsächlich etwas passierte und die Probleme sich nicht nur auf eine Handvoll von den Medien aufgewiegelte Nachahmungstäter zurückführen ließen, ging man mit den üblichen haltlosen Erklärungen an die Öffentlichkeit: Wissenschaftler hatten in einem Labor etwas vermasselt, es handelte sich um eine Laune der Evolution, einen Virus, einen terroristischen Angriff, Außerirdische oder Schlimmeres … Das Wesentliche war, wie die Leute schnell einsehen mussten: Es spielte keine Rolle. Man konnte so viel Quatsch und Hypothesen verbreiten, wie man wollte – es schadete nicht, aber es nützte auch nichts. Binnen weniger Tage sah der wohlmeinende Teil der Bevölkerung schließlich ein, dass die Kacke tatsächlich am Dampfen war, und zwar so richtig, und da redete niemand mehr über die Ursache für den Hass. Kaum jemand verschwendete auch nur noch einen Gedanken daran. Für den nicht-hassenden Teil der Bevölkerung ging es nur noch ums nackte Überleben. Und die so genannten Hasser? Das eine Drittel der Bevölkerung, das sich tatsächlich verwandelt hatte? Diese bislang »normalen«, die unvermittelt und ohne Vorwarnung zu brutalen und gnadenlosen Killern geworden waren? Deren einziges Sinnen und Trachten war es, jeden einzelnen der Unveränderten (wie sie
den Feind bezeichneten) zu vernichten, bis keiner mehr am Leben war.
    Bevor es tatsächlich geschah, hatte man, wie in den meisten apokalyptischen Filmen und Büchern zu sehen oder nachzulesen, gemeinhin angenommen, dass die Bevölkerung als Ganzes sich entweder erheben und zusammenstehen oder aber in Deckung gehen würde, wenn deutlich wurde, dass etwas von Armageddon-ähnlichen Dimensionen am Horizont heraufzog. Doch es kam anders. Ob es daran lag, dass die meisten schlicht und einfach beschlossen, aus Angst oder Blindheit die Köpfe in den Sand zu stecken, bis es zu spät war, oder ob es nur die störrische Weigerung war, das eigene Heim mit seinem materiellen Besitz und der täglichen Routine zu verlassen, wusste niemand. Und niemand scherte sich darum. Ein Zyniker hätte davon ausgehen können, dass die Auswirkungen des Hasses durch eine an sich übellaunige, misstrauische, egoistische und durch und durch habgierige Gesellschaft maskiert worden wären, doch die exakten Gründe für die ausbleibende Reaktion der Gesellschaft waren weder klar noch wichtig. Wesentlich ist, dass Ausmaß und Bedeutung der Ereignisse erst erkannt wurden, als es längst zu spät und die Folgen verheerend waren. Es handelte sich, wie schmerzhaft deutlich wurde, um keinen gewöhnlichen Krieg.
    In vielerlei Hinsicht sahen sich die Unveränderten in einer aussichtslosen Position. Bei diesem Konflikt kämpften nicht Fraktionen gegen Fraktionen oder Armeen gegen Armeen, sondern Individuen gegen Individuen; mehr als sechs Milliarden Ein-Mann-Armeen. Und dem Hass schien es gleichgültig zu sein, wer, wo oder was man war. Man gehörte einfach entweder zur einen oder zur anderen Seite, und die eigene Position in dieser neuen, aus den Fugen geratenen und verkorksten Welt wurde durch unbekannte Variablen und Faktoren
bestimmt, auf die man keinerlei Einfluss hatte. Binnen weniger Wochen brachen Befehlshierarchien auf jeder Ebene zusammen. Organisationen zerfielen. Familien wurden zerstört. Die Hasser waren überall, es konnte jeden treffen; die ganze Welt wurde von innen heraus umgekrempelt.
    Man ging davon aus, dass sich das Verhältnis zwischen Unveränderten und Hassern irgendwo zwischen 2:1 und 3:1 einpendelte. Obwohl die Feinde von ungeheurer Wildheit und offenbar unersättlicher Blutgier erfüllt waren, hatten die Unveränderten durch ihre überlegene Anzahl und bisherige Existenz zunächst einen Vorteil, der jedoch schnell dahin war. Ohne Zeit oder Willen, nach einem Heilmittel zu suchen (ließ sich der Zustand wieder umkehren?), wurden Absonderung und Vernichtung schon bald zur einzigen Überlebenschance. Da man die Lektionen der gesamten Menschheitsgeschichte ebenso missachtete wie moralische Argumente, scheiterte ein halbherziger Versuch, die Hasser zu besänftigen, auf dramatische Weise. Fast über Nacht wurde der Angriffsplan der Unveränderten gezwungenermaßen zu einem Verteidigungsplan; die Bevölkerung verteidigungsfähig zu machen hatte fortan oberste Priorität. Man trieb die Zivilisten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher