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Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Titel: Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
Autoren: Janine Wilk
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V aleria Stefanescu hastete über den im Dunkeln liegenden Waldweg und ärgerte sich, dass sie nicht daran gedacht hatte, für den Heimweg ihre Turnschuhe einzupacken. Die Pumps, die sie für den Geschäftstermin angezogen hatte, waren für eine nächtliche Wanderung denkbar ungeeignet. Während sich eine widerspenstige Locke aus ihrem Zopf löste und von den Windböen herumgewirbelt wurde, fuhr Valeria mit ihren feuchten Händen über das maßgeschneiderte Kostüm. Immer wieder tauchte der lautlose Widerschein eines fernen Sommergewitters den Himmel in ein unnatürlich fahles Licht. Valerias Vater hatte ihr einmal erzählt, dass das Phänomen des Wetterleuchtens ursprünglich vom Wort Weterleichen abstammte und die Menschen es für ein so schlechtes Omen gehalten hatten, dass sie die Kirchenglocken läuteten. Beim Anblick des gespenstisch erleuchteten Nachthimmels fragte sich Valeria, ob sie damit vielleicht recht haben mochten.
    Sie sah auf ihre Uhr und stieß einen leisen Fluch aus – es war schon weit nach Mitternacht. Die Verhandlungen mit ihrem Mittelsmann wegen der Essenslieferungen für Chavaleen hatten bedeutend länger gedauert, als sie erwartet hatte, und die vielen Richtungsänderungen, die sie auf dem Rückweg in die unterirdische Vampirstadt zur Sicherheit einschlagen musste, zerrten an ihren Nerven. Was, wenn das Tor nach Chavaleen schon geschlossen worden war?
    »BUHU«, tönte es über ihr aus dem Blättergeäst.
    Der sonore Ruf der Eule ließ Valeria so erschrocken zusammenzucken, dass sie über sich selbst den Kopf schüttelte und laut aufseufzte. Sie benahm sich wie eine sterbliche Teenagerin! Allerdings war es für einen Vampir wahrscheinlich weitaus gefährlicher als für einen Menschen, hier, inmitten des rumänischen Waldes im Herzen der Karpaten, unterwegs zu sein … Ihr Blick streifte im Vorübergehen das Dickicht, das sich zu beiden Seiten des Weges erhob und durch die Böen des herannahenden Unwetters unruhig hin und her schwang.
    Die Titelmelodie von Bram Stokers »Dracula« übertönte das Rauschen der Blätter und Valeria durchsuchte fieberhaft ihre Tasche nach dem Handy. Ihr Mann hatte ihr diesen Klingelton vor ein paar Wochen aufgespielt und dabei augenzwinkernd verkündet, dass sie dank dieser musikalischen Untermalung mit gebleckten Fangzähnen aus dem Gebüsch springen und umherirrenden Touristen einen ordentlichen Schrecken einjagen könnte. Doch momentan war nur sie es, die vom kreischenden Staccato der Violinen und dem unheilvollen Chor eine Gänsehaut bekam.
    »Mama, wieso bist du noch nicht zu Hause?«
    Unwillkürlich huschte ein Lächeln über Valerias Gesicht. »Elodia, mein Schatz! Du bist noch nicht im Bett?«
    »Ich kann nur einschlafen, wenn du mir eine Geschichte vorliest«, beschwerte sich ihre Tochter.
    »Dein Vater macht das sicher gerne für dich, wenn du ihn darum bittest.«
    Valeria fuhr herum, da sie glaubte, hinter sich ein Rascheln und Flüstern gehört zu haben. Stirnrunzelnd versuchte sie, in der Finsternis etwas auszumachen, doch trotz ihrer vampirischen Nachtsicht konnte sie zwischen den Bäumen nichts als konturlose Schatten erkennen.
    »Aber Papa ist schon nach drei Seiten eingeschlafen«, erzählte Elodia mit vor Empörung zitternder Stimme. »Und jetzt sitzt er im Sessel in meinem Zimmer und schnarcht so laut, dass ich kein Auge zubekomme.«
    »Ich bin bald zu Hause, dann lese ich dir deine Lieblingsgeschichte vor«, versprach sie. »Bis dahin kannst du deinem Vater vorsichtig die Nase zuhalten, manchmal hilft das gegen sein Schnarchen.«
    Beim Aufblitzen des Wetterleuchtens sah sie, wie der Ast einer Tanne aufgeregt zu ihr herüberwinkte, als ob er gerade von etwas Großem gestreift worden wäre. Ein vielstimmiges Knacken folgte, das gleichzeitig von verschiedenen Seiten zu kommen schien.
    »Bitte mach schnell, Mama! Heute habe ich kurz vor meinem Mittagsschlaf einen dunklen Wald gesehen, in dem böse Monster auf der Lauer lagen und jemandem wehtun wollten. Papa meinte, dass ich wahrscheinlich schon geträumt habe und du sowieso vor Einbruch der Nacht zurück sein willst, aber jetzt …«
    »Du hattest eine Vision?« Das Lächeln in Valerias Gesicht versteifte sich. Hektisch sah sie sich um und drehte sich im Kreis, so hastig, dass sie fast über ihre eigenen Füße stolperte. Sie sog tief die Luft ein und ihr geschärfter Instinkt sagte ihr, dass sie nicht mehr alleine war. Sie witterte ganz in ihrer Nähe den Geruch mehrerer Lebewesen.
    »Hör
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