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Lux Aeterna (German Edition)

Lux Aeterna (German Edition)

Titel: Lux Aeterna (German Edition)
Autoren: Carol Grayson
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    Prolog
     
    1920: In Memory of Jason Dawn
    Fluch der Vergangenheit
     
     
    An einem herrlichen Frühlingsabend im Mai des Jahres Neunzehnhundertachtzehn verabschiedete sich der junge Jason Dawn von seiner zierlichen Verlobten Elisabeth Jane Hazelwood. Er trug bereits die schlichte, wenig kleidsame Uniform eines Infanteristen. Am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe würde es per Zug in Richtung Küste gehen, von dort aus per Schiff weiter über den Ärmelkanal in das vom Krieg gebeutelte Frankreich.
     
    Die erst neunzehnjährige Elisabeth, eine Kaufmannstochter aus gutem Hause, unterdrückte die Tränen in ihren veilchenblauen Augen.
    Mit einer unbedarften Geste strich Jason ihr über das kurz geschnittene, leicht gewellte Haar und versuchte, sie zu trösten. Sie beide kannten sich schon von Kindheit an, hatten zusammen am Fluss gespielt und sich irgendwann ineinander verliebt. Elisabeths Vater war zunächst strikt gegen diese Verbindung gewesen, denn in seinen Augen war Jason Dawn ein armer Schlucker. Die Familie lebte am Rande des Existenzminimums und verdingte sich als Tagelöhner.
     
    Jason wurde als Jüngster von fünf Brüdern geboren, die Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Hätte Stanley Hazelwood zudem gewusst, was Jason letztes Jahr am Sterbebett seines Vaters erfahren hatte – nämlich, dass dieser gar nicht sein leiblicher Vater war – dann wäre diese Verbindung niemals zustande gekommen. Allerdings waren allein rein äußerlich die Unterschiede zwischen Jason und seinen Brüdern gravierend. Sie alle waren von kräftiger Statur, blond oder rothaarig, hellhäutig und hatten blaue Augen.
    Als einziger in der Familie war Jason dunkelhaarig und schaute mit neugierigen, tiefbraunen Augen in die Welt. Sein Ziehvater erzählte ihm kurz vor seinem Ableben, dass ihre Mutter sich wohl mit einem der Gypsies eingelassen hatte, die ab und zu als Kesselflicker und Scherenschleifer mit ihren bunten Wohnwagen und ebenso bunten Tinkerponys durch die englischen Ortschaften zogen. Als die Mutter unter Tränen diesen Seitensprung beichtete, war es bereits zu spät gewesen. Er hatte auch diesen letzten Sohn als seinen eigenen anerkannt und geschwiegen.
    Allein Jasons Fleiß und Intelligenz war es zu verdanken, dass er nach langem Ringen um Elisabeths Hand anhalten durfte. Er lernte in einem Kaufmannskontor und wurde von seinen älteren Brüdern verspottet, weil er sich wohl für etwas Besseres halten würde. Doch dem war nicht so. Jason liebte seine manchmal etwas groben und hitzköpfigen Brüder, die keiner Prügelei aus dem Wege gingen. Allerdings erzählte er ihnen nie von dem Geheimnis, das der Vater ihm auf dem Sterbebett mitgeteilt hatte.
    Und jetzt, nur sechs Monate nach seiner Verlobung, musste der gut aussehende, stille junge Mann in den Krieg ziehen. In einen Krieg, der so weit weg schien, weit weg von diesem beschaulichen, kleinen Städtchen mit den bezaubernden Fachwerkhäusern namens Stratfort-upon-Avon, in dem schon William Shakespeares Wiege gestanden hatte.
     
    Die Herzen der beiden jungen Liebenden waren schwer vor Abschiedsschmerz. Jasons dunkle Augen sahen die hübsche Elisabeth zärtlich an.
    „Ich verspreche dir, wir sehen uns wieder“, sagte Jason leise zu ihr und nahm sie in die Arme.
    „Ich wünschte, ich könnte daran glauben.“
    „Ich verspreche es“, wiederholte er so eindringlich, als ob er es sich selbst versprechen würde, doch die Berichte, die aus den Kriegsgebieten bis in diese abgelegene Gegend gedrungen waren, sprachen eine andere Sprache.
    Diesen traurigen Blick aus Elisabeths großen, sanften Augen würde er niemals vergessen. Was er nicht wusste – nur wenige Monate später würde er sehr viel mehr vergessen haben.
     
    * * *
     
    In den stundenlangen Gewaltmärschen durch unbekanntes, von Schützengräben, Stacheldraht und Granatlöchern unterbrochenes Gelände blieb den Soldaten nicht viel Zeit für Gedanken an die ferne Heimat.
    Vor Combles in der Picardie berührten sich die inneren Flügel der Engländer und Franzosen. Dauernd lag die deutsche Stellung am Tage unter dem Feuer des Feindes. Nur mühsam konnte sich die deutsche Artillerie behaupten, der noch dazu die Flugzeugbeobachtung des feindlichen Feuers fehlte. Den Deutschen gegenüber befanden sich achtzehn Feldbatterien, sechzehn schwere Haubitzen und zwanzig Mörser. Empfindlich machte sich die Überlegenheit der Engländer und Franzosen in der Luft bemerkbar.
    Die deutsche Infanterie musste, dicht an
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