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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten
Autoren: Stefan Holtkötter
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durch
die Luft jagen, dann wurde es still.
    Â»Proschinski!«, rief der Gruppenführer am Hinterausgang
des Klubs und winkte sie zu sich herüber. Anna drückte Paul das Absperrband in
die Hand und lief los.
    Â»Wir haben nicht genug weibliche Kräfte«, erklärte der
Gruppenführer. »Du musst bei den Durchsuchungen helfen.«
    Anna zögerte, doch ihr blieb keine Wahl. Sie konnte
nur hoffen, von keinem erkannt zu werden. Mit klopfendem Herzen folgte sie ihm.
    Â»Ich dachte, das ist ein Schwulenladen«, brummte der
Gruppenführer. »Weiß der Teufel, wo die ganzen Frauen herkommen. Aber
durchsuchen müssen wir sie trotzdem.«
    Der Laden ist schwullesbisch, wäre es ihr beinahe über
die Lippen gekommen. Doch sie schwieg und zog ihre Mütze tiefer ins Gesicht.
    Die Tanzfläche, der Barbereich, die kleine Lounge mit
den roten Ledersofas, überall war es brechend voll, wie an jedem Abend. Nur
lief diesmal keine Musik, die Gäste standen dicht gedrängt an den Wänden und
sahen feindselig aus. Der Raum wirkte ganz anders, wenn keine Bässe durch den
Körper fuhren. Nur die Diskokugeln drehten sich weiter und ließen ihre hellen
Flecken lautlos über die Wände gleiten.
    Anna wandte sich zur Theke. Tom war nicht da. Auch
nicht im Durchgang zum Getränkelager.
    Â»Sind Sie Anna Proschinski?« Eine Kollegin von der
Kripo war hinter sie getreten. Anna deutete ein Nicken an.
    Â»Dann kommen Sie mit. Sie können uns dort hinten unterstützen.«
    Die Stimmung unter den Frauen, die zusammengedrängt an
der Tanzfläche standen, war gereizt. Die Aggressionen und die stickige Luft
verwandelten den Klub in einen Dampfkessel, der jeden Augenblick explodieren
konnte.
    Die Kollegin wies ihr eine Frau von Mitte zwanzig zu.
Anna drehte sie zur Wand und begann sie abzutasten.
    Â»Eine heiße Frau in Uniform«, flüsterte die junge Frau
verächtlich. »Was muss ich machen, damit du mich auch woanders anfasst?«
    Anna beschloss, sich nicht provozieren zu lassen. Sie
griff in eine ihrer Taschen und ertastete Aluminium. Es waren kleine Kugeln,
mindestens dreißig. Sie zog die ersten heraus und betrachtete sie in den
gleißenden Lichtreflexen. Haschischportionen wurden in dieser Form abgepackt.
Die Frau drehte sich um und begann zu lachen.
    Â»Na los, mach schon! Pack sie aus!«
    Anna wickelte die erste Kugel auf. Sie war leer. Die
Frau lachte wieder, dieses Mal bösartig. Anna wurde schnell bewusst, dass es
sich um so etwas wie die Reste einer Butterbrotverpackung handeln musste.
Dennoch fummelte sie pflichtbewusst eine nach der anderen auseinander, mit
rotem Kopf und begleitet vom spöttischen Gelächter der jungen Frau.
    Währenddessen sah sie immer wieder auf und ließ ihren
Blick durch den Raum schweifen. Von Tom keine Spur.
    Â»Proschinski!«, rief der Gruppenleiter hinter ihr.
    Sie blickte sich um.
    Â»Alle Schichtdienstleistenden vom Abschnitt 32 werden
abgezogen.«
    Â»Was ist denn jetzt schon wieder?« Sie spürte Wut in
sich aufsteigen.
    Â»Sicherungsangriff im Tiergarten. Da muss irgendwas Dickes
passiert sein. Beeilung bitte.«
    Sie atmete durch und reichte der Kripokollegin das Protokoll
mit den Personalien der jungen Frau. Dann lief sie über die Tanzfläche zum
Ausgang. Bereits in der Tür, wandte sie sich noch einmal zur Theke.
    Und da war er plötzlich, hinter dem Tresen. Die Hände
tief in den Hosentaschen, strahlte er eine unglaubliche Ruhe aus, als
existierte das ganze Chaos um ihn herum gar nicht. Tom stand einfach da und
blickte sie mit seinen dunklen Augen an.
    In seinem Blick lag Respekt, seine Mundwinkel deuteten
ein bedachtsames Lächeln an. Er nickte ihr kaum merklich zu, dann war er wieder
verschwunden.
    Â»Anna!«, rief Paul von draußen. »Wo bleibst du denn?«
    Â 
    Wolfgang Herzberger wischte sich den Schweiß von der
Stirn. Er war spät dran. Das Gewitter, das vor einer Stunde niedergegangen war,
hatte keine Abkühlung gebracht. Er kurbelte das Autofenster herunter, doch es
quoll nur feuchtwarme Luft ins Innere, die alles andere als erfrischend war.
    Bevor er aufgebrochen war, hatte er sich lange mit den
Kollegen von der Zentrale herumärgern müssen, danach mit denen des dritten
Dezernats. Es war nicht leicht gewesen, Kräfte für den Sicherungsangriff
anzufordern. Sämtliche Einsatzwagen waren unterwegs, Verstärkung schwer zu
beschaffen. Kritische
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