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Todesfracht

Titel: Todesfracht
Autoren: Clive Cussler
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sich verändert, verlangsamt hatte – so als wäre das Schiff schwerer geworden.
    Die Piraten hatten die Bodenventile geöffnet. Sie waren bereits im Begriff, das Forschungsschiff zu versenken. Tory versuchte, die Logik in dieser Aktion zu erkennen, doch sie ergab irgendwie keinen Sinn. Sie konnten das Schiff unmöglich so schnell durchsucht haben. Sie versenkten die
Avalon
, ohne sie auch nur andeutungsweise ausgeraubt zu haben!
    Sie konnte nicht warten. Tory schlängelte sich unter ihrem Bett hervor und stürzte zum Bullauge. Am Horizont sah sie etwas, das ihr zuerst wie eine flache Insel vorkam, doch schnell erkannte sie, dass es sich um irgendein großes Schiff handelte.
    In seiner Nähe befand sich ein anderes, kleineres Schiff. Es sah so aus, als wären sie im Begriff zu kollidieren, aber dieser Eindruck musste eine Folge des trügerischen Mondscheins sein. Im Vordergrund erkannte sie das Heck und die Kiellinie eines großen Schlauchboots. Das Dröhnen seiner Außenbordmotoren wurde leiser, während es sich von dem zum Tode verurteilten ozeanografischen Forschungsschiff entfernte. Sie stellte sich die Piraten darauf vor und empfand rasende Wut.
    Tory verließ den Platz am Bullauge und stürzte aus der Kabine. Im Korridor waren keine Leichen zu sehen, doch der Boden war von leeren Patronenhülsen übersät, und in der Luft lag ein beißender Geruch irgendwelcher Chemikalien. Sie bemühte sich, nicht auf die Blutspritzer an der langen Korridorwand zu achten. Von ihrem ersten Rundgang, nachdem sie an Bord gekommen war, hatte Tory noch in Erinnerung, dass sich im Zodiac-Rettungsboot in der Nähe des Bugs der
Avalon
Überlebensanzüge befanden. Daher machte es ihr keine Sorgen, dass sie im Augenblick nur ein langes T-Shirt trug. Ihre nackten Füße klatschten auf die stählernen Bodenplatten, während sie durch den Korridor eilte. Dabei legte sie einen Arm über ihren Oberkörper, um ein in diesem Augenblick lästiges Hüpfen ihrer Brüste zu verhindern.
    Sie erklomm die schmalen Stufen zum Hauptdeck. Am Ende eines weiteren Korridors befand sich eine Tür, die nach draußen führte. Zwischen ihr und dem Schott befand sich eine Leiche.
    Tory wimmerte, während sie sich ihr näherte. Der Mann lag auf dem Bauch. Glänzendes Blut tränkte sein dunkles T-Shirt und tropfte auf den Boden. Sie erkannte ihn an seiner Gestalt. Es war der zweite – temperamentvollere – Ingenieur, für dessen Versuche, mit ihr zu flirten, sie sich schon bald mit unverhohlenem Entgegenkommen revanchiert hatte. Sie konnte sich nicht überwinden, ihn zu berühren. Die Blutmenge verriet ihr alles, was sie wissen musste. Sie presste sich krampfhaft an die Korridorwand, während sie sich an der Leiche vorbeischob. Als sie das Ende des Ganges erreichte, blickte sie durch das kleine Fenster des Schotts nach draußen, um festzustellen, ob sich auf dem dunklen Vorderdeck noch jemand aufhielt. Sie sah niemanden, legte die Hand auf die Türklinke und wollte sie hinunterdrücken.
    Doch sie rührte sich nicht. Also verstärkte sie ihren Griff und versuchte erneut ihr Glück, stützte sich dann sogar mit ihrem ganzen Gewicht auf den blockierten Mechanismus. Er gab nicht nach.
    Tory blieb ganz ruhig. Sie sagte sich, dass es noch viele andere Möglichkeiten gab, den Decksaufbau zu verlassen, und dass sie auf der Kommandobrücke immer noch die Scheiben einschlagen konnte, falls die Seitentüren ebenfalls versperrt sein sollten. Zuerst untersuchte sie die anderen Türen auf dem Hauptdeck, ehe sie eine weitere Treppe zur Kommandobrücke hinaufstieg. Sie wusste, dass sie sich aus dieser Lage würde befreien können, aber während sie sich der Tür näherte, die zum Brückendeck führte, breitete sich eine düstere Vorahnung in ihr aus. Obgleich sie die gesamte Besatzung getötet hatten, war es ihnen auch noch wichtig gewesen, das Schiff wie einen Sarg zu versiegeln. Eine derart offensichtliche Fluchtmöglichkeit hatten sie gewiss nicht unbeachtet gelassen. Ihre langen, schlanken Finger zitterten, als sie sich um den Knauf legten. Er drehte sich.
    Tory stemmte sich gegen die massive Stahltür, aber sie wollte nicht aufgehen. Sie gab noch nicht einmal einen Laut von sich.
    Es gab keine größeren Fenster, durch die sie hätte klettern, kein Bullauge, durch das sie sich hätte zwängen können. Sie saß in der Falle, und diese Erkenntnis zerschlug jegliche Fassung, die sie bisher mit Mühe hatte bewahren können. Sie warf sich gegen die Tür, rammte die Schulter
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