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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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dem Hotel »Vier Jahreszeiten«, trank Milchkaffee und las einen Kriminalroman oder blätterte in ihrem geliebten Ostfriesland Magazin. Von dort war es nicht weit zu ihrem Hotel, dem »Kachelot« in der Goethestraße. Er stellte sich vor, sie würden sich – kaum dass er angekommen war – sofort in ihrem Zimmer lieben und danach duschen und zum Strand gehen, um anschließend bei »Leo’s« oder im »Kartoffelkäfer« an der Promenade mit Blick aufs Meer und den Sonnenuntergang Wein zu trinken und gut zu essen. Chris lebte ja fast ausschließlich von Salaten, aber er brauchte ab und zu ein ordentliches Stück Fleisch, am liebsten blutig.
    Etwas in den Augen von Margit Rose erreichte ihn so sehr, dass er verunsichert weggucken musste. Er hielt auf dem Tisch nur ganz kurz ihre Hand, doch die Berührung wirkte lange nach. Während sie redeten, simste er unter der Tischplatte an Chris: Ich liebe dich! Nur dich!
    Warum mache ich das heimlich?, fragte er sich. Irgendetwas an dieser Frau verwirrt mich total.
    Auch Margit war irritiert. Dieser Junge passte eigentlich gar nicht in ihr Beuteschema. Die meisten kurzen Affären hatte sie mit verheirateten Männern gehabt. Häufig waren sie zehn, ja zwanzig Jahre älter als sie gewesen. Margit mochte es, wenn sie sich hinterher schämten und Angst hatten, alles könnte herauskommen.
    So gewann nie jemand Macht über sie und sie wurde die Männer rasch wieder los, wenn sie es wollte. Sie waren ihr dankbar, dass sie nicht klammerte und irgendwelche Ansprüche an sie stellte.
    Die meisten Männer hatten viel zu verlieren: eine Ehefrau, eine gemeinsame Firma, ein Einfamilienhaus, von den Kindern gar nicht zu reden. Solche Kerle zogen sie an und machten ihr keine Angst, aber in der Klinik hatte sie sich kurz mit einem Zivildienstleistenden eingelassen, seitdem wusste sie, dass auch jüngere Männer ihr helfen konnten, sich lebendig zu fühlen.
    Sie setzte sich plötzlich anders hin, drückte ihren Rücken durch und blies in ihren Kaffeepott. Kai und ihre beiden Kinder kamen in den Restaurantbereich. Im Schlepptau hatten sie die drei Girlies. Die mit dem möhrenroten Rattenkopf hatte Viola an der Hand und zeigte ihr den Weg zur Toilette. Viola nannte sie Lukka.
    »Er hat schon wieder Ersatz für mich gefunden«, sagte sie trocken zu Benjo. »Ich bin so austauschbar …«
    Die Kinder beachteten ihre Mutter jetzt demonstrativ nicht und scherzten laut mit ihren neuen Freundinnen.
    Kai warf einen verächtlichen Blick hinüber zu seiner Frau. Er hätte drei Monatsgehälter gewettet, dass diese Urlaubswoche überhaupt nichts brachte. Wenn das hier erst vorüber war, würden sie sich wie geplant scheiden lassen und er würde das Sorgerecht ganz allein bekommen. Diese »Borkum-Aktion« war nur eine Goodwillveranstaltung von ihm, weil die Kinderpsychologin vom Jugendamt ihm dazu geraten hatte. Er hätte jetzt zu gern mit den jungen Mädchen eine Zigarette geraucht, aber an Bord war das Rauchen überall verboten, sogar hier auf den Außendecks.
    Benjo verstand nicht, warum Kai seine Frau so schnitt. Er spürte die Eiseskälte zwischen den beiden und fröstelte.

 
    4 In der Quarantänestation des Susemihl-Krankenhauses in Emden brach Hektik aus. Eine kurze Antwort auf eine einfache Frage hatte eine Kette von Verstrickungen zur Folge. Niemand betrat den Raum mehr ohne Schutzkleidung.
    Die Patientin, deren Zustand sich inzwischen dank einiger Infusionen stabilisiert hatte und die klar zu Zeit und Raum orientiert war, hieß Rebecca Grünpohl. Sie war mit dem Lufthansa-Flug LH 408 aus New York vom Flughafen Newark gestern Morgen planmäßig um sechs Uhr und zwölf Minuten in Düsseldorf gelandet, in einem Businessclass-Direktflug.
    Um zehn nach acht war sie mit knapper Verspätung zum Hauptbahnhof Düsseldorf gefahren, hatte dort im Starbucks gefrühstückt und dann den durchgehenden Intercity nach Emden genommen. Dort wurde sie von vier Mitgliedern ihrer Wohngemeinschaft abgeholt. Trotz Jetlag nahm sie an einem Open-Air-Festival teil, mit Konzerten der Gruppe Laway und des Otto-Groote-Ensembles. Sie aß ein Krabbenbrötchen und einen frischen Matjes, holte sich an zwei verschiedenen Bierständen jeweils ein Pils, das sie mit Cola mischte, weil sie hoffte, so länger wach zu bleiben. Geschätzte Personenkontakte an diesem Tag zwischen fünfhundert und eintausend.
    Der vermummte Arzt klärte sie zunächst auf. In ihrem Blut wurde das Virus H501 nachgewiesen, besser bekannt als Auslöser der
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