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Todesbraut

Titel: Todesbraut
Autoren: dtv
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dann von Badili schwanger wurde, musste der sich entscheiden. Liebe oder Kampf, denn beides zusammen wurde in den Reihen der Extremisten nicht gebilligt. Seine Wahl gegen ersteres musste hart gewesen sein für Shirin. Hatte sie deshalb das Geld veruntreut – aus Rache? Es klang plausibel. »Badili könnte der Mörder Ihrer Frau sein, oder nicht?«
    Dieser Ansicht schien Talabani nicht zu sein. »Soweit ich weiß, Badili ist im Juni über den Iran wieder in die Türkei eingereist. Ich glaube, er hat seine Finger mit im Spiel, was heute ist passiert in der Moschee. Vielleicht hat Shirin ihm erzählt von großer Hochzeit, und das ist für Terroristen gutes Ziel, viele Tote, viele Tränen. Ja, ich glaube, so war es.« Man merkte ihm seine Wut an, obwohl er sie zu unterdrücken versuchte. Einen guten Schauspieler gab Talabani nicht ab, das hatte er noch nie getan. In diesem Moment war es sein Vorteil, denn Wencke musste ihm seine Version glauben, und dies hätte sie sicher bei keinem anderen Menschen getan, wenn dieser drauf und dran war, ihren Sohn zu töten.
    »Und der andere Mann, mit dem Ihre geschiedene Frau sich eingelassen hat, war Karsten Völker, oder nicht?«
    »Richtig, er war der andere.« Talabani blickte zu Boden und Wencke bemerkte, dass sich sein Griff ums Messer ein wenig lockerte. »Er ist Polizist, er braucht immer Geld, ermacht die Augen zu, wenn
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im Bahnhof nach jungen Kämpfern sucht.«
    »Und warum hatte Shirin ein Verhältnis mit ihm, wenn Sie doch Kaan Badili liebte?«
    »Shirin hat mit diesem Mann geschlafen, weil Badili es wollte. Bin ich sicher, es war so. Ein Mann bei der Polizei ist wichtig für Menschen wie ihn, und über Shirin er hatte Einfluss auf Karsten Völker.«
    »Aber Sie hatten auch ein gutes Verhältnis zu Karsten Völker. Er hat Ihnen doch vor ein paar Tagen den Tipp gegeben, mich zu beschatten.«
    »Ich habe erst jetzt verstanden, welche Rolle er hat gespielt. Dass er mich hat benutzt. Azad ist kein dummer Junge und Völker war sein Fußballtrainer. Er hat etwas mitbekommen   …«
    So musste es gewesen sein. So machte es Sinn. Shirin hatte einen Terroristen geliebt, hatte für ihn Geld gesammelt, unterstützt von Peer Wasmuth, der ebenfalls durch seine Gefühle für Meryem zum Sympathisanten geworden war. Wahrscheinlich hatten die Schwestern ihre Ähnlichkeit genutzt, um beide unter Shirins Namen auf das Konto zugreifen zu können. Die eine in der Türkei, die andere in Hannover. Doch Shirin war zu mehr bereit gewesen, hatte mit Karsten Völker angebandelt, in dessen Personalakte es ja bereits Hinweise auf Korrumpierbarkeit gab. Alles aus Liebe.
    Erst die Schwangerschaft musste ihr klargemacht haben, dass Kaan Badili sie nur als Werkzeug benutzt hatte. Zu erkennen, dass ihre Hoffnung auf ein vermeintlich freies Leben in Wahrheit nichts wert gewesen war, wird Shirin hart zugesetzt haben. So hart, dass sie die Männer zum Teufel jagte, das Konto leer räumte, kurzfristig in Luxus schwelgte und die Flucht für sich und die Kinder in die Wege leitete.
    Doch dann hatte es jemanden gegeben, der ihr diesen Wegjäh abgeschnitten hatte. Mit Hilfe von Betäubungsmitteln, vier Seidentüchern und zwei gnadenlosen Händen um ihren Hals. »Herr Talabani, wer hat Ihre Exfrau ermordet? Sagen Sie es mir, dann verspreche ich Ihnen, ganz sicher, wird Ihre Familie endlich zur Ruhe kommen.«
    Was war Ruhe? Dieser Moment, in dem sich keiner bewegt, niemand spricht und die Zeit stehen bleibt an einem Ort unter der Welt? Die Tropfen, die Musik, das Wimmern, das Wasser – und irgendwann hallte das Geräusch wider, das ein Messer macht, wenn es zu Boden fällt.
    Emil schaute sich langsam um, schien nicht glauben zu können, dass es vorbei war, mit unsicheren Schritten entfernte er sich von Talabani, der seine Arme sinken ließ und zu Boden blickte.
    Wencke stürzte auf ihren Sohn zu, endlich konnte sie ihn in die Arme schließen, ihn an sich drücken, seinen Geruch einatmen, seine Wangen küssen. Wie ein Ballon machte sich die Erleichterung über ihr breit. »Mein Schatz, mein Schatz, es wird alles gut.«
    »Ist schon okay«, antwortete er tapfer und schluchzte dabei, er drückte seinen Kopf an ihre Schulter, so eng, als wolle er sich für immer an ihr festhalten.
    »Ja, es ist alles okay!«, bestätigte Wencke.
    Niemand störte die beiden. Sie waren eine kleine Ewigkeit nur für sich. Erst dann schaffte Wencke es, sich wieder zu erheben.
    Sie begegnete Talabanis Blick, entdeckte darin sofort sein
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