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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister
Autoren: D Woodrell
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mich, nippte an ihrem Drink und tat so, als hätten wir einen Abend außer Haus vor uns. Ich machte mich ans Werk, löffelte jeden einzelnen Tropfen aus der Rührschüssel, während sie ihren Arm auf meinen Schultern liegen hatte.
    »Also, dieser Kerl da, Shug«, sagte Glenda, »ich finde den überhaupt nicht so witzig. Er ist einfach nur grob, das ist alles. Johnny sollte ihn aus dem Studio jagen.«
    Ich beugte mich vor, um die Schüssel auf einen Klapptisch zu stellen, und auf dem Tisch entdeckte ich einen Schmierblock, auf dem etwas in Tinte geschrieben stand: »Glinda? Glynda? Glenda Ambers Akins? Gllynda? Glynnda? Glenda Akins?«
    Eine Weile später ließ Glenda den Kopf an meinen Hals sinken, ihr Atem strich warm über meine Haut, und ich atmete den Geruch von ihr und ihrem Parfüm und ihrem Tee ein.
    »Männersache, hm?« murmelte sie. »Das hört sich gar nicht gut an, Schätzchen.«

DIE BESTEN BEEREN STECKTEN zwischen den Dornen. Das sagte Glenda immer und immer wieder, so als sei das schon eine Lösung. Die Beeren, in Sonne und Regen aus kleinen Pünktchen gewachsen, waren jetzt richtig groß und reif. Die scharfen Dornen an den peitschenden Stängeln der Sträucher richteten ziemlichen Schaden an, kleine dünne Kratzer an den Unterarmen, zerstochene Daumen, Windböen führten Schläge aus, die an Hals oder Rücken kratzten. Die Beeren steckten überall zwischen dem Gestrüpp aus Stacheln, und es waren viele.
    Die Beeren waren schwarz, die Eimer grau. Glenda trug einen Eimer, und ich trug einen, die meisten Beeren in ihrem Eimer hatte ich gepflückt und auch alle in meinem. Auf meiner Haut sprossen viele winzige Blutströpfchen. Kleine Flecken, wo sich kleine Schmerzen meldeten. Das Morgenwetter war gar nicht so schlecht. Die Hitze hatte verschlafen, und es wehte ein Wind. Auf dem Lake’s Market sollten wir einen guten Preis für die Beeren kriegen.
    »Es sind nun mal immer Dornen um die besten«, sagte Glenda zum zigsten Mal. »Und die muss man pflücken.«
    »Hm.«
    »Du blutest ja, Baby. An den Knöcheln und an den Armen.«
    »Am Hals auch. Da läuft mir der Schweiß rein, und das brennt vielleicht, verdammt.«
    »Streng dich nicht zu sehr an, Shug.«
    Wir gingen zusammen eine einsame Straße entlang, die aus der Stadt führte. Schwerer brauner Staub lag auf der Straße und grobe Steine mit scharfen Kanten, die manchmal in die Autoreifen drangen wie Tomahawks. Überall, wo wir hinkamen, gab es Beeren. Ich trat auf die Stacheldrahtzäune und drückte die rostigen Drähte mit meinem Gewicht herunter, damit Glenda darübersteigen konnte. Sie tat das ganz vorsichtig, denn sie hatte Shorts an, und pflückte die Beeren, an die man leicht herankam, außen am Gestrüpp. Ich kauerte mich hin und kroch den Beeren hinterher in die niedrigen Zwischenräume. Da drin war es wie in einem Tunnel, einem Tunnel für viel kleinere Menschen als mich, und ich war von scharfen Dornen umschlossen, die wehtaten, aber nicht so sehr, dass man aufhören und flüchten musste.
    Dann ruhten wir uns eine Weile aus und setzten uns an den Straßenrand. Wir hockten auf der Erhebung und ließen die Beine runterhängen. Ich zog mein Messer aus der Tasche, ließ die Klinge aufspringen und schnitt die Dornen von einem Brombeerzweig ab. Die Eimer, grau und schwer und fast voll, standen neben uns.
    »Dein Profil würde sich gut auf einer Silbermünze machen, finde ich«, sagte Glenda.
    »Ich hab ein Doppelkinn.«
    »Na ja. Damit wirkst du erfolgreich, Shug. Interessant. Wie die Reichen, die so gut essen.«
    »Nein. Ich bin dreizehn, Glenda. Wenn du ein Teenager bist, ist das nur dick.«
    Sie machte einen Schmollmund, schob ihre prallen Lippen vor, ließ die Mundwinkel hängen und machte Kulleraugen.
    »Ich schätze, da habe ich noch eine Menge Arbeit vor mir, dir beizubringen, dich so zu sehen wie ich, Schätzchen.«
    »Und zwar wie?«
    »Als ein Ass, das nur darauf wartet, ausgespielt zu werden.«
    »Ein Ass? Scheiße, hör bloß auf mit dem Quatsch.«
    Sie ließ ihren Kopf sinken, damit das kulleräugige Schmollen auf ihrem Gesicht besser wirkte.
    »Du hast noch so viel vor dir, mein süßer Darling. Der Mann, dessen Namen du trägst, war auch der Kopf jeder Parade. Er stand dort, wo die Bosse standen, und er reichte locker an sie heran. Sie nannten ihn ja nicht zum Spaß den Baron. Ganz sicher nicht. Er war der Mann, der einem sagte, ja oder nein, untergehen oder schwimmen.«
    Im Wald, jenseits der Stelle, wo wir saßen, erzählten kleine
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