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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister
Autoren: D Woodrell
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geblieben. Bestimmt sogar. Es ist ja noch Zeit.«
    Etwas später sagte sie: »So schlimm ist es bei Granny nicht. Und in ein paar Jahren gehst du zu den Marines.«
    Die Sonne wendete sich ab, als würde sie Glenda auslachen. Bei Sonnenuntergang ging es mit ihren Hoffnungen bergab. Unentwegt sah sie auf den Weg durch den Friedhof und seufzte sorgenvoll, doch niemand kam.
    »Und achte darauf, dass du dir die Haare schön machst für ihn.«
    »Der Wagen muss eine Panne haben.«
    »Das wird es wohl sein.«
    Je aufgewühlter sie war, desto süßer wurde sie. Ich mixte ihr eine Thermoskanne Tee. Es wurde immer dunkler, doch sie sah weiter auf den Weg hinaus.
    »Johnny läuft im Fernsehen«, sagte ich. »Willst du Johnny gucken?«
    Als Johnny vorbei war, mixte ich ihr noch eine Kanne.
    »Ich weiß überhaupt nicht, was zum Teufel los ist. Vielleicht will ich es auch nicht wissen.«
    »Du weißt, was du wissen musst – er kommt nicht. Er holt dich nicht.«
    »Bitte sag es nicht so.«
    »Er hat dich fallen lassen. Glenda, er hat dich fallen lassen. Jimmy Vin kommt nicht.«
    Sie war am Boden zerstört, wie platt getreten. Alle Hoffnung war dahin. Sie saß am Tisch, legte den Kopf auf die Arme und weinte, bis sich neben ihren Händen eine Pfütze bildete.
    Ich schob ihr rabenschwarzes Haar nach hinten, um in ihr weinendes Gesicht zu schauen.
    »Du bist nicht allein.«
    So ging das die ganze Nacht weiter.
    »Aber du wirst mich nicht fallen lassen, oder, Schätzchen?«
    »Nein.«
    »Du bist anders, Schätzchen. Oder? Bist du anders als die anderen?«
    »Du hast mich erzogen.«
    »Aber woher kriegen wir Geld?«
    »Ich besorg uns welches.«
    »Wie denn, Schätzchen?«
    »Darüber mach dir keine Gedanken.«
    Im Laufe der Nacht wurde sie immer betrunkener und anhänglicher. Sie umarmte mich ständig. Wir tanzten ohne Musik, bis kurz vor Sonnenaufgang. Sie ließ ihren Kopf auf meine Schulter sinken. Sie roch gut. Ihre Lippen strichen über meinen Hals.
    »Ich mag es, wie du in dem langen grünen Teil aussiehst, das du manchmal trägst.«
    »Ach, Baby, das hab ich eingepackt.«
    »Ich sagte, ich mag es.«
    Ich drückte die Fliegentür auf und ging hinaus auf die Treppe. Ich setzte mich in Richtung Sonne. Kurz darauf kam Glenda an die Fliegentür und flüsterte mir etwas zu. Ich drehte mich um, wollte sehen, was sie trug.
    Sie hatte mich verstanden.
    Ich blickte zur Sonne, und Glenda stellte sich hinter mich. Ich spürte ihre Knie im Rücken. Die Sonne war irgendwie anders. Nicht so rund wie sonst, aber hell leuchtend. Bei all dem Sonnenschein, der in meine Richtung fiel, gab es nichts, was ich sehen wollte. Ich starrte in die Sonne, bis ich nichts mehr sah. Ich spürte ihre Finger in meinen Haaren. Ich hob die Hände, streckte sie hinter mich und strich über ihre langen Beine in dem glatten, weichen grünen Stoff. Ich strich ihre Beine auf und ab. Sie bewegte sich nicht. Ich sah nichts, nur einen riesigen Lichtfleck. Sie rührte sich nicht, als meine Hände höher fuhren.
    So waren die Sonnenaufgänge für sie und mich nie wieder.
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