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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister
Autoren: D Woodrell
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meine Richtung, bis die Reifen wieder quietschten. Basil stürmte aus dem Wagen, ließ den Motor laufen und die Tür offen. Er eilte zur Steinmauer, die den Friedhof umgab, und sprang darüber.
    Als er näher kam, schaltete ich den Traktor aus.
    »Woher zum Teufel hast du das Hemd?« fragte er.
    »Das hier?«
    »Woher hast du das Hemd?«
    »Aus dem Haus.«
    »Dem Haus?«
    »Oben aus dem Haus.«
    »Das ist Reds Hemd, Fettsack. Verdammt. Verdammt. Seit wann lässt dich Red seine Sachen tragen?«
    »Tut er nicht.«
    »Ich weiß, dass er das nicht tut. Das weiß ich. Üblicherweise würde er dir eins aufs Maul geben, wenn du sein Zeug auch nur anfasst. Er würde dir den Arsch versohlen, bis dir Butter zu den Ohren rauskommt.«
    »Aber du sagst es ihm doch nicht? Bitte sag Red nichts.«
    Er sah mich ganz fest an, so als ob ich ein Test wäre, den er bestehen musste, ohne zu wissen, wie die Frage lautete. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen. Er schnalzte immer wieder mit der Zunge und blickte mich an.
    »Ich hab das Hemd gesehen und dich eine Sekunde lang für Red gehalten.«
    »Hab Benzin auf meins gekriegt.«
    »Ja, wirklich, hier stinkt was zum Himmel. Hast du eine Ahnung, wo er ist? Hast du? Antworte mir!«
    »Woher denn, verdammt? Meistens sagt er noch nicht mal
Buh
zu mir. Das weißt du doch.«
    »Hier stimmt was nicht.« Er stand krumm da, seine Hände und Füße bewegten sich ohne Unterlass. Dabei schüttelte er die ganze Zeit den Kopf. »Ich frage mich nur, seit wann du den Nerv hast, seine Sachen anzuziehen? Seit du weißt, dass er dich nicht erwischen wird? Das ergibt einen Sinn für mich. Du weißt, dass er dich nicht erwischen wird.«
    »Das tut er auch nicht, wenn du nichts sagst. Verpfeifen darf man nicht, stimmt’s?«
    Er drehte sich um, lief zur Mauer, sprang drüber und in den Mustang und düste davon. Ich wusste, er würde zum Haus fahren. Ich wendete den Traktor und fuhr los, doch er würde viel früher dort sein.
    Ich fuhr, so schnell ich konnte, über den alten furchigen Boden. Als ich zum Haus kam, sah ich, wie er durch die Fliegentür schrie. Ich konnte die harten Sehnen an seinem Hals sehen. Bei dem Traktorlärm hörte ich ihn nicht. Ich nahm aber an, dass Glenda drinnen stand und zurückschrie.
    Als ich nah genug war, hielt ich an und hörte Basil: »Das beweist doch, dass hier was faul ist. Du würdest es nicht wagen, mir zu sagen, ich solle wegbleiben, wenn du nicht wüsstest, dass Red nicht auftaucht und dir ’nen Sprung in die Platte macht. Nicht in einer Million Jahren würdest du das.«
    Er sah mich wütend an, stieg in seinen Wagen und raste den zerfurchten Weg entlang. Glenda und ich starrten uns an, starrten durch die Fliegentür, anstatt zu sagen, was zu sagen war, dann drehte sie sich um und verschwand im Haus. Ich wendete den Traktor und fuhr ziellos umher.

SPÄTER LAG ICH IM BETT , als ich erfuhr, dass ich umziehen würde. Dass meine Zukunftspläne völlig neu gemischt wurden. Die Sonne schien noch, aber sie war nur noch ein schimmernder Spalt in weiter Ferne, und ich lag bäuchlings auf den Laken und sah zu, wie sie leuchtete und immer kleiner wurde. Dann kamen Jimmy Vin und Glenda an die Tür, er hinter ihr; sie standen da, er grinsend, sie nicht.
    »Nenn mir einen Ort, wo du schon immer mal hin wolltest«, sagte sie.
    »Ich? Norwegen«, sagte ich.
    »Was Näheres.«
    »Norwegen ist was für Wikinger, finde ich.«
    »Nicht so weit weg.«
    »Okay. Chicago, Illinois.«
    »Sag New Orleans. Versuch’s mal mit New Orleans.«
    »Was ist denn da?« frage ich.
    »Das Tino’s, Kumpel«, sagte er. »Das Tino’s ist ein Restaurant in dem Viertel, das sie dort French Quarter nennen. Da soll ich ab nächsten Montag kochen.«
    »Erinnerst du dich noch an Elvis in
King Creole
, Shug? Das ist New Orleans.«
    »Wirklich?«
    »Das Tino’s liegt praktisch an der Bourbon Street. Das ist die Straße, nach der alle ganz verrückt sind. Leute von überall kommen dahin und hängen ab. Wenn du wolltest, könntest du dich auf die Bourbon Street stellen, ein Ei werfen, und du würdest damit fast bis zum Tino’s kommen. Ist nur ein paar Meter vom
Dauphin
entfernt.«
    »Aber warum? Warum sollen wir da hin?«
    »Du weißt, dass wir besser nicht hierbleiben. Stell dich nicht dumm«, sagte Glenda.
    »Was zum Teufel soll ich in New Orleans, verdammt?«
    »Mir gefällt dieser Ton deiner Mutter gegenüber nicht. Es ist nicht recht, dass ein Junge solche Wörter in den Mund nimmt.«
    »Ich fürchte, das
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