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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
Autoren: Uwe Voehl
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stehen Sie hier nicht rum, wir müssen Paule suchen!«
    Paule suchen? Irgendwie hatte davon nichts im Drehbuch gestanden. Ich bückte mich und hob einen orangefarbenen Einkaufschip auf. »Gehört der Ihnen?«, fragte ich.
    Sie sah mich an, als wäre ich übergeschnappt. Dann schien sie endlich zu begreifen, dass sie und ich auf zwei verschiedenen Planeten unterwegs waren.
    »Ach, Sie können mich mal!«, rief sie mir freundlichst zu und lief davon. Dabei rief sie immer wieder den Namen ihres Dackels. Sie hatte keine wirklich schöne Stimme, und auch Paule zauberte sie damit nicht wieder herbei.
    »Jetzt warten Sie doch!«, rief ich ihr hinterher und spurtete los. Vielleicht waren unsere zwei Planeten ja doch nicht so weit entfernt, wie ich gedacht hatte. Sie lief nämlich in dieselbe Richtung, in der der Tomahawk-Attentäter verschwunden war.
    Noch immer rief sie mit ihrer hohen, unnatürlichen Stimme, die auch mich eher vergrault als angezogen hätte.
    »Versuchen Sie’s doch mal mit einer ganz normalen Tonlage«, schlug ich vor.
    »Ach, Sie schon wieder.« Sie warf mir einen unfreundlichen Blick zu.
    Ich versuchte, mich in den Täter hineinzudenken. Wohin mochte er nur so schnell geflüchtet sein? Die Häuser in der Einkaufsstraße standen nicht dicht an dicht. Dazwischen war meistens ein schmaler Durchgang. Manche waren mit hohen Türen verschlossen, andere nur mit einem Holztor oder mit einem Maschendrahtzaun vom Bürgersteig abgetrennt. Einige wenige boten freien Zugang in den Hinterhof. Es gab mehr Möglichkeiten, als ich Finger hatte, um hier schnell irgendwo zu verschwinden. Erst recht, wenn man sich auskannte. Die nächste Querstraße war nur fünfzig Meter entfernt. Auch da wäre er jetzt längst über alle Berge gewesen.
    Zumindest schloss ich aus, dass er in eines der anderen Geschäfte geflüchtet war. Die waren so klein, dass er sich dort nicht lange hätte aufhalten können, ohne aufzufallen: eine Apotheke, eine Schneiderei, ein Fotokopiergeschäft, ein Pizza-Service …
    Dann fiel mein Blick auf die Kneipe auf der anderen Straßenseite. »Zum Letzten Heller« stand in Fraktur auf einem hölzernen Schild über dem Eingang. Eine schmale Treppe führte hinunter. Vor der Kneipe parkte ein weißer Sprinter mit Warnblinklicht. Der Fahrer lud gerade die Ware aus.
    Frau Heuwinkel war inzwischen weitergelaufen. Ich überquerte die Straße und sprach den Fahrer des Sprinters an. Es war ein junger Türke. Er kam mir mit seinen pomadig nach hinten gekämmten schwarzen Haaren und den mädchenhaften Gesichtszügen irgendwie bekannt vor. Wo hatte ich dieses Babyface schon mal gesehen?
    Dann hatte ich ihn in die richtige Ecke gesteckt: Özal, Özil … Mesut Özil, der Fußballer, der bei Real Madrid spielt. Allerdings war dieser Özil viel schwergewichtiger, und er trug einen schmutzigen Overall. Er war gerade dabei, ein paar weiße Styroporkisten auf einer Sackkarre zu transportieren. Als er meinen Blick bemerkte, verfinsterte sich seine Miene. »Was guckst du, eh?«, herrschte er mich an.
    Ich wies auf die Metzgerei vis-à-vis, vor der sich immer mehr Schaulustige versammelten. »Haben Sie gesehen, wer die Scheibe dort eingeworfen hat?«, fragte ich freundlich.
    »Nix gesehen«, sagte der Bursche mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. Er wandte sich um und schob die Sackkarre zur Treppe.
    Ich zuckte die Achseln. Da konnte man nichts machen. Der freundliche Osmane verschwand im Kellerloch der Gaststätte. Als ich an dem Lieferwagen vorbeiging, konnte ich trotzdem meine Neugierde nicht bezähmen. Ich klappte eine der nur angelehnten Flügeltüren auf und schaute auf die Ladefläche. Es war dunkel da drin, und muffige Luft schlug mir entgegen. Ich konnte noch ein paar weitere Styroporkisten ausmachen. Das war’s. Einen Moment lang hatte ich tatsächlich gedacht, der Vermummte könnte hier Unterschlupf gesucht haben.
    Frau Heuwinkel mit ihrer blonden Mähne war inzwischen fast bei den Bahngleisen. Diese teilten die Geschäftsstraße in zwei Hälften. Der obere Teil wurde allein schon deshalb mehr frequentiert, weil es eine Einbahnstraße war. Die Schranken waren heruntergelassen. Wenn der Tomahawkschwinger es gerade noch darunter durch geschafft hatte, wäre er jetzt auch über alle Berge gewesen.
    Ebenso gut hätte er aber auch vor der Schranke nach links abbiegen können. Dort lag das Reisebüro, dem sich gleich die Post anschloss, und dahinter ging es zu einem Parkplatz und zu einem Kanuverleih.
    Rechter Hand
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