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Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Tod und Schinken: Krimi (German Edition)

Titel: Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
Autoren: Uwe Voehl
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sich doch auf der Gewinnerseite. Dabei übersah er geflissentlich die Tatsache, dass er seinen Job allein meinen regelmäßigen Geldeinlagen verdankte.
    Duffy war ein Butler vom alten Schlag. So jemanden wie ihn gab es heute wahrscheinlich nur noch im Panoptikum oder in England. Für mich war er das Faktotum des Hauses. Er selbst wäre über diese Bezeichnung wahrscheinlich entsetzt gewesen.
    Dabei hieß Duffy mit richtigem Namen Dieter. Dieter Grabowski. Aber er war britischer als jeder Zugereiste von der Insel. Er hatte den Beruf des Butlers in London von der Pike auf gelernt. Seine dunkle Livree wirkte stets wie frisch aus der Reinigung. Seine Schuhe glänzten, als würde er sie mit Klarlack veredeln. Inzwischen war er eigentlich in einem Alter, in dem er bei manchen Tätigkeiten selbst einen Diener brauchen könnte – aber in stoischer Treue dachte er nicht ans Abdanken.
    Er färbte sich die Haare pechschwarz und glättete sie mit Pomade, sodass er auf den ersten Blick tatsächlich ein paar Jährchen jünger wirkte. Duffy hatte nur einen Fehler – wenn man denn eine gewisse Vorliebe von ihm so bezeichnen wollte. Er hatte stets ein Kaugummi im Mund. Er entschuldigte das damit, dass er drei Jahre lang bei einem texanischen Milliardär in Dienst gewesen sei. Dort hatte er es sich angewöhnt – und war seitdem nicht mehr davon losgekommen. Außerdem behauptete er, Kaugummikauen fördere das Denkvermögen.
    »Da sind Sie ja endlich«, begrüßte er mich tadelnd.
    Seit ich den Telefonhörer aufgelegt hatte, waren gerade mal fünf Minuten vergangen, aber ihm konnte ich es nie recht machen. Das war es, was ich mittlerweile als unsere Donaldund-Dagobert-Phase bezeichnete. In der Regel zitiert Dagobert Duck seinen nichtsnutzigen Neffen zu sich und betraut ihn mit einer meist sehr undankbaren Aufgabe. Genauso behandelte mich Duffy. Obwohl nicht er, sondern in der Regel die Gräfin mir die Aufgabe zuwies.
    »Um was geht es diesmal, Duffy?«, fragte ich grußlos. »Sind Muff und Potter endlich verwurstet worden? Hat Ollie die Masern? Oder hat die Gräfin ihren Teebeutel verlegt?«
    »Ihnen wird das Scherzen noch vergehen«, erwiderte Duffy böse. »Warten Sie nur ab!«
    Das klang tatsächlich nach Ärger. Und dieser Ärger hatte stets mit Geld zu tun.
    Als ich den Salon betrat, blickte mir die Gräfin bereits besorgt entgegen. Sie saß in einem hohen Lehnstuhl und wirkte darin tatsächlich so vornehm wie eine Von und Zu. Dabei war sie gar keine richtige Gräfin. Die Gräfin war noch nicht einmal eine Von und Zu. Ihr Name war Lisa Maier. In der Schule wurde sie nur Lieschen genannt. Nicht Lieschen Müller, nein, Lieschen Maier. Der ständige Mangel an Respekt, was ihren Namen betraf, muss sie bestärkt haben in ihrer nach außen gezeigten Rolle als Tochter aus bestem Hause. Mit zehn Jahren, so hatte mir eine ihrer Freundinnen aus dem Landfrauenklub verraten, ließ sie sich nur noch Elisabeth nennen – nicht nach Elisabeth II., die da noch gar nicht den Thron bestiegen hatte, sondern nach Elisabeth I., auch »die jungfräuliche Königin« genannt.
    Die Gräfin besitzt mehr Tiegel, Cremedosen und Tuben gegen Falten und sonstige Spuren des Alters als irgendjemand sonst, den ich kenne. Nicht, dass es etwas helfen würde. Die Jahre hatten sich in ihr Gesicht gezeichnet wie tiefe Kraterrisse. Manchmal verglich ich sie insgeheim mit der unvergessenen Agnes Windeck, obwohl die Gräfin eindeutig die jüngere Ausgabe war.
    Sie behauptete, sie sei Anfang sechzig, und niemand wagte es, ihr zu widersprechen.
    Wer sie nicht kannte, mochte dem Irrtum verfallen, dass sie etwas durch den Wind war. Dafür konnte sie einem in anderen Momenten mit ihren Argumenten messerscharf besagten Wind aus den Segeln nehmen.
    In puncto Stil und Gastfreundschaft machte ihr niemand etwas vor, und so fanden in ihren Räumen allwöchentlich Soireen aller Art statt. Manchmal frage ich mich, ob sie nicht einen heimlichen Zwilling hat, der ihr einen Teil ihrer Aktivitäten abnimmt. Denn auch tagsüber pflegt sie nicht etwa zu ruhen, sondern wieselt zumeist in unserer gemeinsamen Gaststätte, dem Rübezahl , herum und bewirtet die Gäste. Zudem ist sie Mitglied des erwähnten Landfrauenklubs und eines Bridgevereins. Beide setzen sich im Großen und Ganzen aus denselben Mitgliedern zusammen.
    Diesmal schien tatsächlich etwas Schlimmeres passiert zu sein, denn die Gräfin war nicht am Telefonieren – eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Seit Ollie ihr zum
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