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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht
Autoren: K Wahlberg
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Ladungen Blut betankt worden, in der Blutzentrale war noch mehr bestellt worden, sie war vom Kreislauf her stabil und befand sich im Moment im CT , wie Daniel Skotte berichtete.
    »Ihr könnt heute Morgen direkt mit ihr weitermachen«, meinte er, woraufhin die von der Tagesschicht nickten.
    Danach brachen sie auf.
    In Hilda herrschte immer noch ein unverständliches Chaos, als sie zusammen mit den anderen durch die Tür ging, um sich umzuziehen.
    Jetzt, da sie sechs Stunden später wieder auf der administrativen Station war, dachte sie darüber nach, warum sie am Morgen so heftig reagiert hatte. Blutung aus unbekannter Quelle, was war schon damit?
    Auf jeden Fall ekelte sie sich nicht vor dem Blut, denn dann hätte sie den falschen Beruf gewählt. Das rote, lebensspendende Blut, das durch die Blutbahnen gepumpt wurde, erschreckte sie nicht. Das Blut mit den sauerstoffhaltigen roten Blutkörperchen, den Erythrozyten, und den weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, und mit all den Plasmaproteinen, den verschiedenen Eiweißen.
    Sie saß allein in dem kleinen Büro. Die Oberärztin, bei der sie untergebracht worden war, wirkte nett und arbeitete außerdem in Teilzeit, weil sie in recht hohem Alter noch kleine Kinder bekommen hatte. Deshalb hatte Hilda das Zimmer an manchen Tagen oder halben Tagen ganz für sich allein.
    Die Arbeitszimmer waren für zwei Personen geplant und mit Schreibtisch und Regal dahinter mehr oder weniger identisch eingerichtet. Manche Ärzte hausten allein in ihrer Bude. Das hatte sicherlich etwas mit Status zu tun und damit, wie lange man schon in der Klinik arbeitete.
    Im Moment war sie allein. Wahrscheinlich war abgesehen von ein paar Sekretärinnen, die etwas weiter unten im Flur saßen, niemand außer ihr auf der administrativen Station. Die Kollegen waren auf die Pflegeabteilungen, die Operationssäle und die Sprechzimmer verteilt, während sie selbst davon an diesem Nachmittag befreit war. Im Dienstplan hieß das »administrative Zeit«, doch neu wie sie war, hatte sie nicht viel zu administrieren. Natürlich könnte sie sich ausstempeln, doch dann verlor sie Geld, auf das sie nach all den Jahren, die sie von ihrem Studentenbudget gelebt hatte, nicht verzichten konnte.
    Stattdessen hatte sie vor, die Zeit in die Forschungsstudie zu investieren, die sie brauchte, um nach erfolgreichem PJ die Zulassung als Ärztin zu erhalten.
    Sie loggte sich ein. Erst die Mails lesen, ehe es losging. Ein paar Kommilitonen aus dem Medizinstudium in Lund hatten von sich hören lassen. Alle jammerten aus den verschiedenen »Käffern« im Land, wo sie jetzt Dienst taten. Sie sehnten sich nach dem pulsierenden Leben der Universitätsstadt zurück. Als ob sie nicht erwachsen werden wollten, dachte sie. Sie selbst eingeschlossen. Aber alle freuten sich, nach fünfeinhalb Jahren Studium endlich arbeiten zu können.
    Sie verließ den Mailaccount, schob die Tastatur zurück und machte Platz für die Krankenakten, die sie durchsehen sollte. Aber sie konnte sich nicht aufraffen, die Stille um sie herum machte sie müde. Sie erhob sich ungelenk und initiativlos und erwog, einen Kaffee aufzusetzen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schauderte. Die nackten Unterarme, dünn wie Stöcke, hatten eine Gänsehaut. Sie nahm den Arztkittel vom Haken, zog ihn über und schob die Hände tief in die Taschen. Auf der Ringstraße draußen krochen die Autos langsam gen Westen. Der Schnee war wie Sorbet. Von hier oben sahen die Reifenspuren aus wie schwarze Schlangen im Weiß.
    Plötzlich sehnte sie sich heftig nach dem Leben, das außerhalb der abgeschlossenen Wände des Krankenhauses stattfand. Aber sie ließ sich pflichtschuldig am Schreibtisch nieder und knöpfte alle Knöpfe des Arztkittels zu. Dieses symbolträchtige Kleidungsstück, das außer dem einen oder anderen nostalgisch veranlagten Oberarzt niemand mehr bei der Arbeit mit Patienten trug. Sie brauchte vor allem die Taschen des Kittels, die ihr als wandelnde Aktentasche dienten.
    Die wissenschaftliche Arbeit, die sie erledigen sollte, war weder umfangreich noch besonders. Wohl kaum ein Samen zu einem zukünftigen Nobelpreis, sondern eher aus der Serie »muss auch jemand machen«. Nicht völlig öde, aber auch nicht wirklich spaßig.
    Das spielte keine große Rolle. Sie war es gewohnt, sich weniger unterhaltsamen Aufgaben anzunehmen. Große Teile der medizinischen Ausbildung waren Training zur Überwindung des inneren Schweinehunds gewesen, um zu arbeiten, ob man
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