Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
aufregend, aber gleichzeitig unangenehm.»
    Sie schauderte ein bisschen, und Norman Gale trat beschützend ein wenig näher an sie heran.
    Mr Ryder machte in einem kleinen Notizbuch Berechnungen und sah von Zeit zu Zeit seufzend auf seine Uhr, während Cicely Horbury ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden klopfte und ärgerlich den hünenhaften Schutzmann betrachtete, der sich, erhaben über Ungeduld und Ärger, mit dem Rücken gegen die Verbindungstür lehnte.
     
    Im Nebenzimmer sagte Inspektor Japp lächelnd zu dem kleinen Ausländer: «Sie verstehen es wunderbar, stets an den unerwartetsten Stellen aufzutauchen, Monsieur Poirot.»
    «Liegt der Flugplatz Croydon nicht etwas außerhalb Ihres eigentlichen Bereichs?», erkundigte sich dieser.
    «Ja. Aber ich bin einem bekannten internationalen Schmuggler auf der Spur. Reiner Zufall, dass ich mich gerade hier befand. Doch nun zur Sache, die mir übrigens die erstaunlichste zu sein scheint, die ich seit Jahren erlebt habe. – Vor allem, Doktor, bitte ich um Ihren vollen Namen und Ihre Adresse.»
    «Roger James Bryant. Spezialist für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. Meine Adresse ist Harley Street 329.»
    Ein stämmiger Constable nahm diese Aussagen zu Protokoll. «Natürlich wird unser eigener Arzt eine Untersuchung der Leiche vornehmen», fuhr Japp fort. «Aber wir brauchen Sie demnächst bei der gerichtlichen Leichenschau. Können Sie mir die ungefähre Todesstunde nennen, Doktor?»
    «Als ich wenige Minuten vor der Landung die Frau untersuchte, war sie mindestens schon eine halbe Stunde tot. Eine genauere Zeit lässt sich schwer angeben; jedoch erzählte mir der Steward, er habe eine Stunde vorher noch mit ihr gesprochen.»
    «Ah, das schränkt die Zeitspanne schon ein! Etwas Verdächtiges haben Sie unterwegs wohl nicht beobachtet?»
    Der Arzt schüttelte den Kopf.
    «Und ich schlief», sagte Poirot im Ton tiefsten Bedauerns.
    «In der Luft stehe ich beinahe dieselben Qualen aus wie auf See. Deshalb hülle ich mich immer warm ein und versuche zu schlafen.»
    «Irgendeine Vermutung hinsichtlich der Todesursache, Doktor?»
    «Es widerstrebt mir, mich schon jetzt definitiv zu äußern. Dieser Fall erfordert eine eingehende ärztliche Untersuchung und Analyse.»
    Japp nickte verständnisvoll.
    «Gut, Doktor. Das genügt vorläufig. Ich fürchte allerdings, Sie werden… hm… Sie werden gewisse Formalitäten über sich ergehen lassen müssen – wie alle Passagiere. Ausnahmen sind nicht möglich.»
    «Es ist mir sogar lieb, wenn ich Sie davon überzeugen kann, dass ich weder Blasrohre noch andere tödliche Waffen an meinem Körper verborgen habe», entgegnete Dr. Bryant ernst.
    «Rogers hier wird das erledigen.» Inspektor Japp nickte seinem Untergebenen zu. «Noch eins, Doktor – was befindet sich Ihrer Meinung nach an dem Ding da?» Er wies auf den missfarbenen Dorn, der in einer kleinen Schachtel vor ihm auf dem Tisch lag.
    Wiederum schüttelte der Arzt den Kopf.
    «Ohne Analyse schwer zu entscheiden. Curare ist das gewöhnlich von den Eingeborenen gebrauchte, sehr rasch wirkende Gift, glaube ich.»
    «Aber es ist nicht leicht erhältlich, wie?»
    «Für den Laien bestimmt nicht.»
    «Dann müssen wir Sie doppelt sorgfältig untersuchen», sagte Japp, der gern mal einen Scherz machte.
    «Rogers, los!»
    Der Doktor und der Constable verließen gemeinsam das Zimmer.
    «Seltsame Sache», knurrte Japp, mit seinem Stuhl wippend, und schaute Poirot an. «Ein bisschen allzu sensationell, um wahr zu sein. Blasrohre und vergiftete Stachel in einem Flugzeug – nein, es läuft auf eine Beleidigung des Verstandes hinaus.»
    «Das ist eine sehr tiefsinnige Bemerkung, mon ami.»
    «Etliche meiner Leute suchen das Flugzeug ab. Ein Sachverständiger für Fußspuren und ein Fotograf sind bestellt. Ich denke, wir vernehmen jetzt am besten erst mal die Stewards.»
    Er ging zur Tür und gab eine Anweisung, und gleich darauf erschienen Henry Mitchell und sein jüngerer Kollege, der sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte und sich eher in einem Zustand angenehmer Erregung als des Schreckens befand.
    «Setzt euch, Jungens», forderte der Inspektor sie jovial auf. «Habt ihr die Pässe? Gut.»
    Er sah sie rasch durch. «Ah, hier haben wir’s! Marie Morisot – französischer Pass. Wisst ihr irgendwas über sie?»
    «Ich habe sie schon früher gesehen, da sie ziemlich häufig von und nach England flog», erklärte Mitchell.
    «So…? Geschäftlich wohl?»
    «Keine Ahnung,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher