Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
Bettkante und strich ihr verliebt übers Haar. «Heute ist Freitag, du warst die ganze Woche nicht in Paris.»
    «Blaumachen nennt man das bei euch, nicht wahr?»
    «Eine ganze Woche?» Dass sie seinetwegen geblieben war, konnte er sich nicht vorstellen.
    Jacques verspätete sich natürlich; die Dame sei so nett gewesen, dass er unmöglich früher hätte aufstehen können. Martin drängelte, und sie arbeiteten konzentriert: Der Wein wurde umgefüllt, die Maische mit äußerster Vorsicht abgepresst, und gemeinsam fanden sie nach vielen Versuchen die richtige Mischung zwischen Vorlaufwein und dem an Gerbsäure und Farbstoff reichen Presswein.
    Das Schwierige war, dass sie heute Entscheidungen treffen mussten, deren Auswirkungen erst in ein bis zwei Jahren spürbar sein würden und dann nicht mehr korrigierbar waren. Mit zunehmender Reife des Weins würde sein pH-Wert ansteigen, zumal Martin ihn ungefiltert abfüllen wollte, so wie es Gaston getan hatte. Deshalb war eine zweite Schwefelung nötig, wenn auch mit äußerster Vorsicht. Aber das hatte Zeit bis zum Umfüllen ins Barrique.
    Nach getaner Arbeit kletterte Jacques zum Kartenspielen in den Campingwagen. Martin fuhr nach Saint Émilion, wo er eine kleine Kamera und eine Taschenlampe kaufte. Beides würde er heute Nacht brauchen.
    Kapitel 17
    Ein Schauer ging nieder, und vom Atlantik rasten die Böen des ersten Herbststurms heran, als er zum Wagen lief. Die Nacht war ideal für sein Vorhaben. In der Jackentasche schlug der Revolver schwer gegen seine Hüfte. Nie und nimmer würde er auf jemanden schießen, das war ihm klar, aber das Ding machte Krach, andere ließen sich damit auf Abstand halten, er konnte sich zurückziehen, falls man ihn entdeckte. Er hatte an alles gedacht.
    Kurz vor Castillon-la-Bataille jedoch kamen ihm Bedenken, und er stoppte am Straßengraben, um Grivot anzurufen. Wenn die Bande tatsächlich den neuen Jahrgang abfüllte, konnte er sie direkt einsacken. Grivot wusste auch noch nichts von der Zerstörung seines Ladens. Aber der Kommissar war wie üblich unterwegs. Frustriert hinterließ Martin eine Nachricht.
    Er stellte den Wagen in dem Wäldchen ab, in dem er ihn auch beim ersten Besuch von Moulin gelassen hatte, und ging zu Fuß weiter. Der Mond zeigte sich kurz zwischen den Wolken, in seinem kalten weißen Licht warfen die Rebzeilen Schatten, an denen Martin sich orientieren konnte. Als er näher kam, bemerkte er Lichtschein auf Moulin de la Vaux. Also wurde gearbeitet, seine Vermutung war richtig. Außer ihm war noch jemand dorthin unterwegs, tastend bewegten sich die Scheinwerfer eines Autos auf die Kellerei zu.
    Kaum verdeckten die Wolken den Mond, lag tiefe Finsternis wie eine Glocke über dem Land. Zügiges Vorwärtskommen war unmöglich. Die Erde zwischen den Feldern und Rebflächen war schlammig, Martin hatte sofort nasse Schuhe, an den Hosenbeinen klebte der Lehm. Kein Wunder, dass der Wein von diesen Flächen nicht gut war, Rebstöcke liebten durchlässigen Boden und keine stauende Nässe so wie hier. Und dann ging der nächste Schauer nieder. Wieder regnete es. Wahnsinn, in dieser Finsternis, die sich beinahe schneiden ließ, hier draußen herumzuirren, dachte er und erinnerte sich an den sommerlichen Duft in Charlottes Haar - jetzt in ihren Armen liegen. Doch in diesem Augenblick musste er genau das tun, was andere, die ihn tausend Kilometer entfernt vermuteten, eben nicht erwarteten!
    Als er den Anbau hinter der Kellerei erreichte, blieb er aufatmend stehen. Er hörte Stimmen, vernahm das typische helle Klirren leerer Flaschen, die aneinander stießen. Demnach war die Abfüllanlage in Betrieb.
    Martin betrat den Schuppen und legte den Regenumhang ab, trocknete sich das Gesicht mit seinem Hemd und kratzte mit einem Holzstück den Lehm von den Schuhen. Auf demselben Weg wie beim ersten Mal gelangte er in die erste Halle. Die Deckenbeleuchtung brannte, doch niemand arbeitete hier. Trotzdem bewegte Martin sich leise und vorsichtig hinter den Gärtanks auf die Tür zum Hof zu. Quietschte sie? Martin drückte behutsam dagegen, sie knarrte, glücklicherweise waren das Klirren und Scheppern der Abfüllanlage lauter. Er fand einen Holzkeil und hielt damit die Tür für den Rückweg offen.
    Der Auflieger des Sattelschleppers mit der Abfüllanlage stand vor der gegenüberliegenden Halle. Die Seitenwände waren hochgeklappt, aber was genau dort geschah, ließ sich wegen der seitlich herunterhängenden Regenplanen nicht erkennen. Dahinter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher