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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux
Autoren: Paul Grote
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bewegten sich Arbeiter wie Scherenschnitte im chinesischen Theater, betätigten Hebel, Flaschen bewegten sich auf dem Förderband, Greifarme packten sie, und jemand reichte Kisten nach unten. Sie wurden angenommen und in die Halle getragen. Wo kam der Wein her, der dort oben abgefüllt wurde? Martin entdeckte den Schlauch, der aus der Halle zur Abfüllmaschine führte, sah seine pulsierenden Bewegungen. Ihm musste er folgen ...
    Rechts im Hof, der Tresterhaufen war abgefahren worden, stand zwischen anderen Fahrzeugen der alte Toyota, mit dem sie auf Haut-Bourton herumkutschiert waren. Demnach war entweder Garenne hier oder der Korse. Oder beide? Wer war gefährlicher - das Hirn, das alles ersann, oder die Hand, die es ausführte? Egal, darüber konnte er sich später Gedanken machen. Ein neuer Wolkenbruch ging nieder, und während die Arbeiter sich unterstellten, rannte Martin über den Hof und kroch unter den Sattelschlepper. Neben der Hinterachse lagen Bretter von zu Bruch gegangenen Kisten: Haut-Bourton 1990, fein leserlich aufs Holz gedruckt - und nicht geprägt. Na bitte! Einen deutlicheren Beweis für eine weitere Fälschung konnte es nicht geben.
    Plötzlich packte Martin ein wahnsinniger Schmerz im Bein, der Wadenkrampf war so heftig, dass die Fußspitze nach unten gezogen wurde. Er wollte sich aufrichten und stieß sich den Kopf. Mit zusammengebissenen Zähnen streckte er immer wieder das Bein, bis der Krampf sich löste. Dann wartete er zusammengekrümmt auf das Ende des Schauers.
    Das Rauschen wurde leiser, er meinte, in der zweiten Halle Garennes Stimme zu hören, im Schlauch pulsierte der Wein wieder wie Blut in den Arterien, das Klirren der Flaschen wurde lauter. Martin prägte sich den Rückweg über den Hof ein, Schritt für Schritt, jede Ecke, jeden Schlauch. Hier würde ihn niemand schonen oder gar raushauen. War nicht auch Gaston allein gewesen, so wie jetzt er? Im Gegensatz zu ihm besaß er jedoch einen Revolver und kannte das Risiko. Er fürchtete, ihn benutzen zu müssen, aber andererseits gab er ihm ein unerhörtes Gefühl von Macht.
    Als die Tür zur Halle einen Augenblick offen stand und niemand in Sicht war, schlüpfte Martin hinein und kauerte sich hinter eine Palette mit zugenagelten Weinkisten. Wie bei LaCroix zeigte die Aufschrift mit dem Wappen nach innen. Erst jetzt, bei hellem Licht, sah er die Arbeiter: ausschließlich Nordafrikaner, nicht sehr groß, akzentuierte und scharf geschnittene Gesichter mit dunklen Augen unter schwarzen Brauen. Von dem, was sie sprachen, verstand er kein Wort. Alles fügte sich, dachte er, als er einen der Männer von LaCroix wieder erkannte. Anscheinend lieh sich Garenne dort seine Hilfskräfte.
    Die Männer arbeiteten schnell, niemand achtete auf die Umgebung. Leere Kisten wurden gebracht, Flaschen in Rollcontainern quer durch die Halle geschoben, volle Kisten mit Drucklufttackern zugenagelt und gestapelt, jemand kontrollierte den Schlauch, der aus dem Treppenschacht heraufkam. Der Schlauch konnte nur aus den versteckten Tanks kommen. Dorthin musste Martin, um jeden Preis, das war das Schwierigste.
    Der Arbeiter, der im Keller neben dem Schlauch stand, wurde gerufen und kam herauf. Martin verließ sein Versteck, huschte die Stufen hinunter und hockte sich unter die Treppe. Links von ihm waren die unterirdischen Tanks, schräg davor standen Rollcontainer, die Tür zum Lastenaufzug rechts war offen. Gegenüber stand eine halb von einer Plane verdeckte technische Anlage, deren Funktion Martin nicht vertraut war; es konnte ein Vakuumverdampfer sein, die großen Zylinder und Rohrleitungen ließen das vermuten. Falls sich keine Möglichkeit für den Rückweg ergab, konnte er sich hier den Rest der Nacht verstecken, dunkle Ecken gab’s genug, und sich morgen unbemerkt davonmachen.
    Der Schlauch führte zu einem Tank in der Wand. Die Klappe, durch die der Trester herausgeholt wurde und durch die man hineingelangte, stand offen, das bedeutete, dass in oder hinter dem Tank noch ein zweiter war, der über dasselbe Ventil angezapft wurde. Martin vermutete, dass man die Tanks später getrennt hatte. Eigentlich ganz simpel, wie ein doppelter Boden in einem Koffer. So ließ sich ein 80000-Liter-Tank in zwei von 40 000 unterteilen. Man brauchte lediglich Bauarbeiter und Installateure, die den Mund hielten. Illegal ins Land gekommene Algerier, erpressbar und der Sprache nicht mächtig, waren geradezu ideal. Jetzt die Aufnahmen und dann nichts wie raus hier und Grivot
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