Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
moralisch, geistig oder physisch zu einem besseren Menschen gemacht? Noch konnte ich das nicht beurteilen, aber vielleicht konnte der Umstand, daß ich mich nicht vor dem Verfolger fürchtete, der lauernd im Schatten stand, als positives Zeichen gewertet werden.
    Das letzte Ereignis, an das ich mich erinnern konnte, war der Sprung mit dem Antigrav-Gerät. Es hatte mich sicher in die Tiefe getragen, denn ich hatte den Sprung überlebt.
    Aber hatte dieser Sprung außer der seelischen Befreiung, die er mir brachte, auch auf meine Nerven und Drüsen eine heilende Wirkung gehabt, und die Flimmerskotome, die mich so peinigten, endlich zum Verschwinden gebracht? Auch hierauf wußte ich keine Antwort, aber der atypische Charakter und die Intensität meiner letzten Wahnvorstellungen ließen mich das hoffen.
    Natürlich fragte ich mich, was ich während der Stunden gemacht hatte, die offensichtlich seit dem Sprung aus dem Hotelfenster vergangen waren. Ich war Peter Mercators Häschern entkommen - das war mir klar, aber mehr wußte ich nicht. Was machte Justine jetzt, und wo war Thunderpeck?
    Ich war der vielen Fragen müde.
    Ich sah zu der von hellen Lichterketten gesäumten Promenade hinüber. In konnte Musik hören und die schattenhaften Formen der Menschen sehen, die dort spazierengingen. Die Stadt füllte sich mit Besuchern, die zu den Eröffnungsfeierlichkeiten gekommen waren. In dem schwachen Lichtschein, der herüberdrang, konnte ich auch den Umriß des Mannes erkennen, der mich beobachtete; er stand auf dem Strand und wurde von den Stützen der Landungsbrücke halb verdeckt.
    Zwischen den Pfeilern, an denen ich stand, hatte sich irgend etwas verklemmt. Es mußte schon seit geraumer Zeit dort stecken, denn durch die ständige Bewegung des Wassers war seine Oberfläche ganz glatt geworden, und es hatten sich Muscheln darauf angesiedelt. Ich zog es heraus und stellte fest, daß es eine schmale Planke war, an deren einem Ende ein eiserner Bolzen saß; vielleicht hatte sie einmal zu einem Boot gehört, das hier in der Nähe untergegangen war. Auf jeden Fall gab sie eine brauchbare, wenn auch etwas unhandliche Waffe ab. Ich schob sie unter das weite Obergewand, das ich trug, und steckte sie möglichst unauffällig in den Hosenbund.
    »Was wollen Sie von mir?« rief ich.
    Die schattenhafte Gestalt ging sofort ein paar Schritte von der Landungsbrücke weg, ohne zu versuchen, sich vor mir zu verbergen.
    »Sind sie endlich wieder bei Sinnen?« fragte der Mann. Ich erkannte seine Stimme.
    »Sind Sie das, Mercator? Ich glaube, wir beide sollten uns einmal unterhalten.«
    »Das ist genau das, was ich mir die ganze Zeit erhofft habe.«

Schwerfällig watete ich an Land. Mercator war für mich kein Schreckgespenst mehr; es war meine Pflicht, ihn zu fragen und soviel wie möglich aus ihm herauszuholen.
    So trafen wir uns auf dem Strand, und hinter uns rauschte das Meer. Nachdem wir uns in dem schwachen Licht der Promenadenbeleuchtung lange genug angestarrt hatten, setzten wir uns einander gegenüber. Sein Gesicht wirkte zerfurcht und erschöpft, und ich sah sicherlich nicht besser aus.
    »Wie lange folgen Sie mir schon?«
    »Nicht sehr lange, obwohl ich seit Stunden nach Ihnen gesucht habe - seit Sie mir den Kinnhaken verpaßten und mit mehr Findigkeit als Überlegung aus dem Hotel entkamen.« Seine Stimme klang heiser; ich konnte ihn in dem Geräusch der Brandung kaum verstehen.
    »Anscheinend bin ich nicht gründlich genug verschwunden.«
    »Da haben Sie recht. Nachdem Sie so tollkühn aus dem Fenster gesprungen waren, landeten Sie in einer Seitenstraße und spazierten ganz offen durch die Gegend, starrten anderen Leuten ins Gesicht und führten Selbstgespräche. Israt und ich hätten Sie leicht wieder einfangen können, wenn wir nicht andere Sorgen gehabt hätten.«
    »Was für andere Sorgen?« Der Sand unter meinen Händen fühlte sich klebrig und unangenehm an.
    »Wir wurden beobachtet. Hier ist jeder gegen jeden. Besonders verdächtig ist ein Ausländer wie ich, der einen Bekannten wie Sie hat. Wissen Sie eigentlich, wessen Antigrav-Gerät Sie sich ausgeliehen haben? Es gehörte dem Premierminister von Algerien, General Ramayanner Kurdan. Der alte Kurdan ist ein gefährlicher Gegner. Die algerische Geschichte der letzten zwei- oder dreihundert Jahre ...«
    »Lassen wir die Geschichte von Algerien beiseite. Mercator. Natürlich sind sie Ihre Feinde, wenn Sie vorhaben, morgen den Präsidenten von Afrika zu ermorden. Ich bin auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher