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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub
Autoren: Brian W. Aldiss
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Nebenzimmer ein Geräusch. Ich fröstelte bei der Vorstellung, daß dort vielleicht der Mörder lauerte. Ich machte ein paar Schritte von der Schlafzimmertür weg, als diese aufging. Mercators Arzt kroch auf Händen und Knien über die Schwelle.
    Ich ging zu ihm hin und half dem kleinen Mann auf die Füße. Aus seinem Gesicht war alles Blut gewichen, und ich fühlte, daß auch ich nicht anders aussah. Seine ruhelosen Hände, die mir schon vorher aufgefallen waren, tasteten zitternd über seinen Leib, als ob sie nach einem Fluchtweg suchten. Ich schenkte uns beiden einen Brandy ein. Danach fühlten wir uns wohler.
    »Es war schrecklich!« sagte der Arzt, während er sich eine Meskalinzigarre anzündete. »Er keuchte wie ein Tier! Ich könnte schwören, er wußte, daß ich mich im Schlafzimmer unter dem Bett versteckt hatte, aber nachdem er Israt getötet hatte, schien er genug zu haben. Ich habe nicht gehört, wie er wegging. Ich konnte nur wie gelähmt daliegen, bis Sie kamen.«
    »Wer war der Mörder?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt. Aber während er auf sein Opfer einstach, schrie er irgend etwas über einen Freund von Israt, der das Antigrav-Gerät seines Premierministers gestohlen haben soll. Waren Sie das?«
    »Ich gebe zu, daß ich ein Antigrav-Gerät gestohlen habe, aber deswegen können Sie mir den Mord nicht in die Schuhe schieben. Damit habe ich nicht das geringste zu tun.«
    »Das habe ich schon öfters von Ihnen gehört, und jedesmal glaube ich Ihnen weniger. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich hinsetze? Meine Beine sind noch etwas wacklig. Wissen Sie, der - der Mörder machte so gräßliche Geräusche. Jedenfalls sagte dieser Algerier noch, er wisse, daß Israt Mercators Werkzeug sei und daß Mercator im Verein mit Neu-Angola ein Komplott gegen Algerien schmiede. Das war der Grund, weswegen er Israt auf Befehl seines Chefs tötete.«
    Ich hatte inzwischen meinen Brandy ausgetrunken und konnte wieder klarer denken. Auf den weitschweifigen Bericht des Arztes achtete ich nicht mehr. Ich begriff, daß diese Situation für viele Menschen bedrohlich war - auch für die zwei, die meinem Herzen nahestanden. Ich mußte so schnell wie möglich Justine und Thunderpeck finden.
    Ich fragte den alten Arzt, aber er hatte von keinem der beiden etwas gehört. So sagte ich ihm, wo Mercator war, und daß er am besten sofort zu ihm gehen sollte. Mir war nämlich eingefallen, wo ich Thunderpeck wahrscheinlich finden könnte, falls er noch lebte, denn wir hatten ja einen Treffpunkt vereinbart. Sobald der Doktor aus dem Zimmer sein würde, wollte ich die Polizei anrufen und sie auffordern, Mercator in Gewahrsam zu nehmen, bevor er seinen irrsinnigen Mordplan weiterverfolgen konnte - natürlich ohne meinen Namen zu nennen.
    »Sie sehen total erschöpft aus«, sagte der Arzt. »Bevor ich zu Mercator gehe, möchte ich Ihnen eine Tablette geben, damit Sie nicht zusammenbrechen. Werden Sie noch hier sein, wenn Mr. Mercator und ich zurückkommen?«
    »Kümmern Sie sich um ihn, und ich kümmere mich um mich selbst.«
    »Das tue ich auch, Mr. Noland. Er ist sehr krank, und dieses ständige Herumrennen kann sein Tod sein. Aber das ist kein Grund, weshalb ich nicht erst Ihnen helfen sollte.«
    Ich nahm die Tablette, die er mir gab, und schluckte sie automatisch hinunter, so wie ich jeden Tag meines Lebens Tabletten geschluckt hatte. Sobald ich allein war, ging ich ins Badezimmer und trank mich satt. Das Wasser schmeckte wundervoll, so rostig es auch war. Ich trank zwei große Gläser voll, aber als mir der letzte Schluck durch die Kehle rann, mußte ich mich plötzlich an der Handtuchstange festhalten, dann gaben meine Knie nach, und ich fiel rücklings zu Boden.
    Es war ein schwerwiegender Fehler gewesen, einen Moment lang zu vergessen, daß der kleine Arzt ein Verbündeter jenes Wahnsinnigen war, der die Welt in einen Atomkrieg stürzen wollte ...
     
     
    13
     
    Die Morgendämmerung strich sanft über mich hinweg wie die Schwingen eines Albatros vom anderen Ende der Welt und weckte mich. Ich stieß die Handtücher beiseite, setzte mich auf und fragte mich, was ich eigentlich auf dem Fußboden des Badezimmers zu suchen hatte. Normalerweise wäre das eine ideale Nacht für Wahnträume und böse Geister gewesen, aber ich hatte tief und ruhig geschlafen und wachte erfrischt auf. Daß ich ausgehungert war, verstärkte nur das Gefühl der Nüchternheit.
    Langsam nahmen die Tatsachen Formen an. Heute war der Tag, an dem Mercator den
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