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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo
Autoren: Magdalen Nabb
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Schlafzimmer?«
    »Er muß tagsüber schlafen. Wie sollten wir es sonst schaffen?«
    »Er ist ein guter Junge. Er ist immer gut zu seiner Mutter und zu ihm gewesen.«
    Die Frau schluchzte wieder ausgiebig und bearbeitete ihr Taschentuch.
    »Hör endlich auf!« Aber nichts half.
    »Ganz recht! Nie ein gutes Wort für ihn, aber sein Geld nimmst du gern.«
    »Ich habe nie einen Pfennig von seinem Geld genommen. Du hast…«
    »Ja! Ich! Er gibt es mir. Wo wären wir denn, wenn er es mir nicht geben würde? Schließ du nur die Augen davor!«
    Sie tupfte sich die Augen, aber ihre Tränen flossen immer weiter. Sie putzte sich die Nase und sagte zum Wachtmeister: »Er hat mir das da gekauft.«
    Sie wedelte mit dem Taschentuch in Richtung Waschmaschine.
    »Erst vor ein paar Tagen hat er sie mir gekauft.«
    »Das will er überhaupt nicht wissen!«
    Der Portier wollte seine Faust erheben, besann sich aber eines Besseren und steckte beide Hände in die Hosentasche.
    Der Wachtmeister fühlte die Enge des Zimmers, stellte sich vor, wie die beiden Tag für Tag, Jahr für Jahr stritten. Drei Menschen in dieser winzigen Wohnung mit den vielen Küchengerüchen, der Sohn die meiste Zeit des Tages im Bett.
    Dann die Kostümierung, um die Freunde der Marchesa zu bedienen. Sie hatten nicht viel zu verlieren, aber er wußte, daß sie auch nicht mehr riskieren würden als der Zwerg. Sie hatten ein Dach über dem Kopf und einen Arbeitsplatz, beides sehr schwer zu finden in Florenz, wenn nicht gar unmöglich. Er war ziemlich sicher, daß die Marchesa ihnen Geld gegeben oder zumindest versprochen hatte, damit sie schwiegen.
    »Ich glaube nicht, daß wir Sie noch länger beanspruchen müssen«, sagte er. Wozu auch? Es war die reinste Zeitverschwendung. Er wußte es, und sie wußten es. Als sie wieder draußen waren, hörten sie, wie der Streit weiterging und Teller auf den Tisch geknallt wurden. Der Lärm verstummte fast augenblicklich, als irgendwo Klavierakkorde erklangen.
    »Ach ja, richtig, ich hatte schon gehört, daß Sie eventuell vorbeikommen würden. Entschuldigen Sie, daß ich Sie nicht sofort gehört habe.«
    Der Musiker, in weißer Leinenhose und frischem gestreiften Hemd, wirkte gutgelaunt, fast amüsiert, als er den Wachtmeister eintreten ließ.
    »Schon gut.«
    In dem mit Teppichen ausgelegten Zimmer standen, einander zugewandt, zwei Konzertflügel, und die Regale an der Wand waren bis unter die Decke mit Noten gefüllt. Auf einem der Flügel brannte eine Lampe, denn auch dieser Raum hatte keine Fenster.
    »Nehmen Sie doch Platz!«
    Sie setzten sich beide auf ein weißes Sofa an der Wand, die einzige Sitzgelegenheit. Es war so niedrig und weich, daß der Wachtmeister sich beim Hineinsinken fragte, ob er sich je daraus würde erheben können. Der junge Musiker lehnte sich zufrieden zurück, legte einen Fuß, der in einem Lederslipper steckte, auf das Knie, eine Partie seines glatten Beins präsentierend, und fixierte den Wachtmeister mit wachem, spöttischem Blick.
    »Also, Sie sind an der schmutzigen Wäsche des Hauses interessiert, stimmt's?«
    »Tja…«
    Es stimmte schon, vom Portier hatte er sich diesbezügliche Hinweise erhofft, aber so unverblümt darauf angesprochen zu werden war ihm doch etwas peinlich.
    »Nein?«
    »Ich… ähm… irgendwie schon…«
    »Also, es gibt jede Menge davon, und ich bin heute zu jeder Gemeinheit aufgelegt.«
    Der Wachtmeister, rot und unbehaglich, bedauerte, Lorenzini zu dem Zwerg statt hierher geschickt zu haben. Mit dieser Situation würde er nie und nimmer fertigwerden. Wie sich dann zeigte, mußte er gar nichts tun, denn »der liebe Emilio« setzte zu einem fast pausenlosen Redefluß an.
    »Sie wollen vermutlich wissen, ob sich der Prinzgemahl auf eine Weise erschossen hat, daß der Versicherung gegenüber bewiesen werden kann, daß es kein Selbstmord war – aber gewiß hat er sich erschossen, wer hätte es an seiner Stelle nicht getan? Verlangt natürlich Mut, und soviel hätte ich ihm gar nicht zugetraut, aber andererseits hatte sie zuviel davon, und wahrscheinlich hat sie ein bißchen nachgeholfen. Ach Gott, jetzt habe ich Sie schockiert! Sie wissen eben nicht, mit welchen Leuten Sie es zu tun haben!«
    »Ich…«
    »Aber Sie waren doch heute nachmittag bei diesem Debakel dabei, ich habe Sie gesehen. Allein das müßte Ihnen eine Vorstellung vermitteln!«
    »Sie meinen das Konzert?«
    »Konzert? Das sind doch keine Konzerte, was da jeden Sonntag stattfindet, meine Güte! Tja, wie soll
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