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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo
Autoren: Magdalen Nabb
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Magdalen Nabb
     
     
    Tod im Palazzo
    Guarnaccias achter Fall
     
     
    Roman
    Aus dem Englischen von
    Matthias Fienbork
     
     
     
     
    Diogenes
     
    Titel der Originalausgabe:
    »The Marshal Makes His Report«
    Originalverlag: HarperCollins Publishers,
    London 2004
    Ungekürzte Lizenzausgabe
    der RM Buch und Medien Vertrieb GmbH
    und der angeschlossenen Buchgemeinschaften
    Copyright © 1991 by Magdalen Nabb
    Copyright © 1995 Diogenes Verlag AG Zürich
    Alle deutschen Rechte vorbehalten
    Einbandgestaltung: Roland Huwendiek
    Einbandfoto: Y. Otsuka/Photonica, Hamburg
    Druck und Bindung: Eisnerdruck, Berlin
    Printed in Germany 1999
    Buch-Nr. 00820 1
    Mord, Selbstmord oder Unfall? Wenn es in einer der ältesten Adelsfamilien von Florenz einen Toten zu beklagen gibt, kann es nichts anderes als ein Unfall gewesen sein. Ein Selbstmord würde den Ruf der Familie ruinieren und den Verlust der dringend gebrauchten Versicherungssumme zur Folge haben. Wachtmeister Guarnaccia glaubt aber nicht, daß das, was im Palazzo Ulderighi geschehen ist, ein Unfall war...
    1
    Der Wachtmeister konnte sich noch immer sehr genau an die nächtliche Szene erinnern. Trotzdem hatte sie etwas, wodurch sie in seiner Erinnerung eher wie ein spektakulärer Film oder der Höhepunkt eines Theaterstücks erschien, und irgendwie war sie ihm schon damals unwirklich vorgekommen. Vielleicht lag es daran, daß der Turm, dessen Spitze er schließlich, völlig außer Atem, erreichte, so hoch war und die handelnden Figuren, die unten im Hof das Stück aufführten, so winzig wirkten.
    Die Florentiner Nacht war heiß, der Himmel samtig, der Mond groß und hell. Man konnte gerade noch erkennen, daß in der mächtigen Eisenlaterne, die im Durchgang hing, ein Licht brannte, ein so schwaches allerdings, daß der Wachtmeister die Kolonnade und den Brunnen in der Mitte kaum wahrgenommen hätte, wenn der Mondschein nicht gewesen wäre. Der Körper lag mit dem Gesicht nach unten beim Brunnen, darübergebeugt die dunkle Silhouette der Frau. Alles war still. Andere dunkle Figuren traten aus der noch tieferen Düsterkeit der Kolonnade und näherten sich zögernd dem zentralen Tableau, doch bevor sie die Gruppe erreichten, blieben sie stehen und bildeten eine Art Kreis. Eine Taschenlampe flammte auf, wurde aber sofort wieder ausgemacht. Niemand störte die Frau, die reglos neben dem ebenso reglosen Körper kniete. Sie hätte eine Mutter sein können, die über ihr schlafendes Kind wacht, besorgt, daß jede Bewegung es aufwecken könnte. Den Wachtmeister hoch oben auf dem Turm erreichte keine Stimme. Das Bild blieb unbeweglich, unnatürlich lange, bis die Besatzung des Krankenwagens kam und mit einem weißen Rechteck zur Mitte vordrang. Der Kreis von Köpfen öffnete sich.
    Der Wachtmeister hielt sich mit seinen großen Händen an der warmen steinernen Brüstung fest und beugte sich weiter vor. Angespannt wartete er darauf, daß die Frau zusammenbrechen würde. Jeden Moment mußte es passieren, und auch für ihn wäre es eine Erleichterung gewesen. Er sah, wie das weiße Rechteck abgestellt wurde und eine der schwarzen Figuren sich über sie beugte. Er sah, wie sie den Kopf nach hinten warf und zu ihm hochblickte, als wollte sie ihn anklagen, obwohl sie ihn nicht sehen konnte. Er spürte, wie der angestaute Schmerz endlich aus ihrem Körper wich, hörte aber nichts, denn genau in diesem Moment setzte das Feuerwerk ein, eine rote Fontäne zeichnete sich glitzernd auf den tiefschwarzen Himmel und explodierte in sanft zischenden Sternen, die in Zeitlupentempo auf die Dächer herunterfielen. Ein paar Sekunden lang waren alle Dächer und Türme von Florenz in einen warmen Schein getaucht, der Arno dazwischen schlängelte sich rosafarben dahin, und die Menschenmenge am Ufer brüllte und klatschte begeistert. Dann war es wieder dunkel, und eine rosa Rauchwolke verdeckte den Mond. Der Wachtmeister, benommen und abgelenkt, hörte nur seinen Atem und spürte den glatten warmen Stein unter den Händen.
    Daran, wie er seinen massigen Leib über Hunderte von Stufen hinunterbekommen hatte, konnte er sich viel undeutlicher erinnern. Er entsann sich nur, daß die Treppe so schmal war, daß er mit der rechten Schulter oft gegen die rohen Steine stieß und daß die ausgetretenen Stufen im Dunkeln heimtückisch waren. Er ging langsam, da er die kleine Figur nicht einholen wollte, die vor ihm hinuntertappte. Diese Überlegung war ihm jedenfalls damals durch den Kopf gegangen. Jetzt, nachdem
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