Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
»Seine Frau kommt schließlich aus Neapel.«
    »Was? Diese Marchesa Dingsbums… Ulderighi?«
    »Hm? Nein, nein. Die Frau, die hier Pizza bäckt. Das hat mir jedenfalls ihr Mann erzählt, während ich auf dich gewartet habe. Deshalb schmeckt es so gut. Das Zeug, das in Florenz meistens hergestellt wird, dieser zähe dicke Teig mit Konserven drauf, und schmecken tut's wie Motoröl…«
    Er kaute schweigend weiter und runzelte ein wenig die Stirn, als sein Blick auf den Fernseher fiel. »Hoffentlich hat es keinen Ärger gegeben. Meine Söhne waren da. Vielleicht sollte ich zu Hause anrufen.«
    Lorenzini drehte den Kopf in Richtung Bildschirm. Drei grüne Spieler waren in einem Knäuel über einen Weißen hergefallen. Ihre langen geschlitzten Hosen waren mit Sand bedeckt, und nicht einer von ihnen hatte noch sein T-Shirt am Rücken. Die Gruppe am Fernseher sprang brüllend auf und verdeckte ihnen die Sicht. Der Wachtmeister erhob sich.
    »Ich telefoniere rasch mal…«
    Er ging, in seiner Tasche nach einem gettone suchend, ins Hinterzimmer. Bald darauf kehrte er wieder zurück. Seufzend setzte er sich an den Tisch und sagte: »Was für eine Geschichte…«
    Wieder war sich Lorenzini nicht sicher, ob er das Fußballspiel meinte oder den Toten gegenüber, aber er kannte den Wachtmeister gut genug, um zu wissen, daß diese mißmutige Vagheit bedeutete, daß er sich in etwas festgebissen hatte. Er sah wie eine Bulldogge aus und würde, ebenfalls wie eine Bulldogge, nicht so schnell loslassen. Trotz seiner Jugend riskierte Lorenzini ein Wort der Warnung.
    »Bei solchen Leuten ist es natürlich nicht empfehlenswert, sich aus dem Fenster zu hängen, vor allem…«
    »Vor allem, weil sich der Oberstaatsanwalt persönlich dafür interessiert?«
    »Das auch. Trotzdem hat er Ihnen freie Hand gelassen, richtig? Ich meine, die Mieter befragen und was sie eventuell gehört haben. Die Todeszeit ermitteln. Offenbar legt er Ihnen keine Hindernisse in den Weg.«
    »Nein. Aber wieso? Warum ausgerechnet ich?«
    Lorenzini schwieg. Der Wachtmeister wischte sich den Mund ab und trank einen Schluck Wein.
    »Ich werd dir sagen warum. Weil ich ein Niemand bin. Egal, was ich sage oder herausfinde, man kann es ignorieren. Und wenn es mir nicht gefällt, kann man mich aus Florenz versetzen…« – er schnipste mit seinen dicken Fingern – »einfach so.«
    »Tja, genau das meine ich, aber ich bin sicher, wenn Sie vorsichtig vorgehen, jeden Kontakt zur Presse vermeiden und so weiter…«
    »Ich lasse mich nicht gern für dumm verkaufen«, sagte der Wachtmeister ruhig. »Auch dann nicht, wenn ich die Wahrheit sagen sollte.«
    Bei diesen Worten legte er seine große Hand auf die Uniformmütze mit der goldenen Flamme über dem Schirm, die auf dem leeren Stuhl neben ihm lag. Danach beendete er schweigend seine Mahlzeit, wobei er immer wieder mit düsterer Mißbilligung zum Fernsehschirm hinübersah.
    Sie hatten ihren Kaffee schon fast ausgetrunken, als der Wachtmeister plötzlich seinen Gedanken aufnahm. »Und vergiß nicht – wenn du sagst, er stellt mir keine Hindernisse in den Weg: Wir sollen die Mieter befragen, aber nicht die Signora Marchesa – das wäre ja völlig abwegig und auch ihren Sohn nicht, der zu sensibel ist, wie es heißt, und den noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat.«
    Er knöpfte seine Brusttasche auf und fischte hinter der Sonnenbrille ein schwarzes Notizheft heraus.
    »Diese Leute«, sagte er und warf das Heft aufgeschlagen neben seine Kaffeetasse, »sind die einzigen, auf die wir unsere Zeit verschwenden dürfen, angefangen bei diesem Filippo Brunetti – er wird Grillo genannt, ich hab dir von ihm erzählt.«
    »Der Zwerg?«
    »Genau. Vermutlich sollte er mir leid tun, aber er ist ein frecher Hund, clever obendrein, und wenn überhaupt jemand weiß, was dort drüben vorgeht, dann er. Aber…«
    »Sie glauben, er wird nicht reden?«
    »Und wie er reden wird. Ich bin noch nie jemandem begegnet, der so schnell geredet hat. Aber er kennt seinen Vorteil, und wenn er seine Stelle bei den Ulderighi verliert, wohin sollte er schon gehen? Corsi schien ihm nicht sonderlich sympathisch zu sein, doch dann…«
    »Doch was?«
    Lorenzini hatte großen Respekt vor dem Wachtmeister, aber er war jung und aktiv und konnte seine Ungeduld über die Bedächtigkeit des älteren Mannes und seine nur angedeuteten, sinnlosen Beobachtungen nicht immer verbergen. »Doch was, Herr Wachtmeister?« wiederholte er, und seine hellgrauen Augen sahen das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher