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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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abends kaum gönnen konnten.
    Mir war es recht, denn ich mochte es nicht, wenn ständig dienstbare Geister um mich herumschwirrten. Dann fühlte ich mich beobachtet und unfrei. »Brauchen Sie etwas?« »Nein danke!« »Bitte sehr!«
    Nie könnte ich einen Job ausüben, bei dem man sich bedanken muss, wenn man nicht gebraucht wird. Luxusmieze Swentja. Und wenn du keinen Ehemann hättest, dessen Bankkonto ein Bollwerk ist zwischen dir und der Realität?
    Ich streckte mich auf meiner Liege aus. Nahm einen Schluck von dem Champagner, der am Eingang auf einem kleinen Tischchen bereitstand. Solch eine Geste konnten sich nur Hotels leisten, die so teuer sind, dass die Leute, die dort logierten, es nicht nötig hatten, sich wie die Wölfe auf den Freischampus zu stürzen.
    Ich lag also da. Dachte nach.
    Angelika Lodemann. Eine Mörderin? Aber warum eigentlich?
    Die Lodemanns waren von Anfang an im Zentrum meiner Nachforschungen gewesen, denn sie waren betroffen von dem Bau der Motorradrennstrecke, waren auf der Party gewesen und bildeten so eine Klammer zwischen allem.
    Doch was hatten sie mit Friederikes undurchsichtiger Familiengeschichte zu tun? Waren sie etwa Friederikes wirkliche Eltern? War ihnen ein Kind damals in ihrer Familienplanung lästig gewesen?
    Es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Angelika war sehr jung gewesen, als sie Tibor Lodemann kennenlernte. Ein Zimmermädchen mit einem unehelichen Kind und einer gescheiterten Ballettkarriere. Heute war sie um die Fünfzig. Damals also etwa achtzehn. Ein geschwängertes Zimmermädchen kam damals wie heute nicht gut an. Lodemann hatte Marianne Grüber überredet, das Kind als ihres auszugeben. Jetzt wusste Friederike die Wahrheit und hatte ihn gedrängt, sich zu ihr zu bekennen. Aber das hätte seiner Position in dem kleinen Ort Bad Herrenalb geschadet. Ihm seinen soliden und konservativen Ruf als Präsident des Historischen Eisenbahnvereins gekostet.
    Hatte Horst Schmied von diesen Zusammenhängen gewusst? Vielleicht erkannte er die beiden Lodemanns in gewissem Sinne als seine Schwiegereltern an, und er wollte ihnen auch deshalb durch die Schnellstraße helfen? Man müsste recherchieren, wie lange es die Schnellstraßenpläne schon gab.
    All das ging mir durch den Kopf, und ich spürte, wie meine Angst wieder zunahm. Diese verdammte Spinne.
    Ich glitt ins Wasser. Es war dunkel im Bad. Rot die Wände. Warm das Wasser. Mit kraftvollen Stößen strebte ich in die Mitte. Legte mich auf den Rücken, sah an die Decke. Atmete nicht, um nicht unterzugehen. Toter Mann hatten wir das früher genannt.
    Toter Mann. Tote Frau. Arme tote kleine Frau Stolze. Jetzt kamen die Namen und die Erinnerung zurück.
    Ja, der alte Meierbeer könnte was erzählen, hatte sie gesagt. Er war Hausmeister am Theater gewesen. Hausmeister. Am Theater. Kürzlich hatten sie alle zusammengestanden. Vor Beginn der Vorstellung. Der Buchhändler, die Garderobenfrauen, der Hausmeister und … der Feuerwehrmann.
    Am Telefon hatte die Polizei festgestellt, dass die arme Lieselotte Stolze die Feuerwehr angerufen hatte. Die Feuerwehr? Der Hausmeister. Das Theater. In Gedanken wandelte ich durch die Gänge des Theaters, so wie ich es getan hatte, als ich unsere Schneeflocke besucht hatte. In Gedanken tastete ich die langen Betonwände ab. Schmucklose Wände. Graue Gänge, die man versucht hatte, durch Fotos aufzumöbeln.
    Ein Foto. Der fesche Mann von der freiwilligen Feuerwehr in Uniform, der im Theater Dienst getan hatte. Ein ganz entfernt vertrautes Gesicht. Und immer wieder der Anruf der armen kleinen Lieselotte bei der Feuerwehr. Und die Spinne. Die Spinne, die langsam auf mich zukroch.
    Die ewig angepasste Friederike, die plötzlich wohlhabend werden wollte, um jemandem zu imponieren. Die seit Neuestem Französisch lernte, obwohl sie kaum je nach Frankreich fuhr. Die krampfhaft versuchte, sportlicher und schlanker zu werden. Die Tanzspiele mit den Kindern veranstaltete und eigentlich viel disziplinierter war, als wir alle gedacht hatten. Die plötzlich annahm, dass sie doch ganz leicht schwanger werden könnte. Das Erbe der Marianne Grüber zählte nicht mehr.
    Und das Leckerli, das der Hund im oberen Stockwerk bekommen hatte. Eines von mehreren Leckerlis. Man hatte Angst gehabt, dem Hund würde schlecht. Also hatte es noch mehr Leckerchen gegeben.
    Und eine Frau, die nicht Mutter werden durfte. Keinesfalls. Der Satz klang in mir nach: »Wenn sie schwanger wird, ist es vorbei mit der Karriere.«
    Und ein
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