Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
mitnehmen. Man hätte sonst sofort gesehen, dass Friederike gerade erst mit ihr gesprochen hatte.«
    Ich seufzte.
    Hagen schüttelte den Kopf. »Das alles liegt jetzt klar vor uns, aber das Motiv ist mir immer noch ein Rätsel.«
    »Friederike«, sagte ich langsam, »hatte recht, als sie eine Fremdheit gegenüber ihren Eltern spürte. Doch es war die falsche Mutter, nicht der falsche Vater. Sie wollte dieses Gefühl nicht zulassen, deshalb war sie auch in Behandlung und litt unter diversen Ängsten. Ihr Vater war ein gut aussehender, vielleicht ein wenig gewöhnlicher Casanovatyp. Er war bei der freiwilligen Feuerwehr im Theater beschäftigt, lernte so die Theaterleute kennen und begann ein Verhältnis mit der damals noch ziemlich jungen Elena, die auch nichts anbrennen ließ. Sogar mein Mann hat eine derartige Andeutung gemacht. Und ich vermute, noch mehr von den Herren, die ich aufgesucht habe, wussten davon.« Ich erinnerte mich an manches Grinsen. »Dann wurde sie schwanger. Ein Kind kam für sie nicht in Frage. Es hätte bekanntlich ihre Karriere zerstört. Und die war für sie einfach alles. Man arrangierte eine Scheinschwangerschaft von Marianne Grüber, die anscheinend keine Kinder haben konnte, und diese tat so, als hätte sie ein Kind bekommen.«
    Hagen hörte mir aufmerksam zu, und ich genoss es.
    »In Wahrheit war es Elenas Kind. Auch das ließ sich gut kaschieren, denn sie hielt sich ja häufig auf im Ausland, um Tänzer zu engagieren und Fortbildungen zu besuchen. Oder als Gastchoreografin. Meine eigene Tochter hatte mir den Hinweis gegeben: Vor Jahren war Elena bei einem ihrer Auslandsaufenthalte in Paris gesehen worden und wirkte damals dicker. Doch alles klappte ganz gut. Friederike wuchs bei den Grübers auf, geliebt vom eigenen Vater, für den die Affäre mit der berühmten Choreografin sicher ein Höhepunkt im Leben war. Schließlich«, und das sagte ich jetzt mit Bedacht, »klaffte ein gesellschaftlicher Unterschied zwischen den beiden.«
    Hagen lachte spöttisch. »Auch da!«, sagte er. Ich musterte ihn erstaunt. Hatte dieser Mann denn keine Minderwertigkeitskomplexe? Schließlich hatte ich die Lösung des Falles gefunden, nicht er.
    »Deshalb nannte er sie auch immer ›meine Prinzessin‹. Sie war das Ergebnis der Liebe zu einer Frau, die weit über ihm stand und von allen bewundert wurde. Also alles lief glatt, bis Friederikes Mama starb, sich nicht mehr an die Abmachungen hielt und ihrer Tochter die Unterlagen posthum zur Verfügung stellte. Jetzt wusste Friederike, dass ihr Vater tatsächlich ihr leiblicher Vater und ihre Mutter eine bewunderte Berühmtheit war. Von da an hat sie versucht, Elena zu imponieren. Das geschah alles in den sechs Wochen vor ihrer Ermordung. Sie hat begonnen, Französisch zu lernen, um sich mit Elenas Familie in Frankreich unterhalten zu können. Durch ihr Engagement für die Motorradrennstrecke wollte sie den Wert ihrer Wohnungen in Bad Herrenalb erhöhen und zur wohlhabenden, selbstständigen Frau werden. Doch Elena, ihre Mutter, blieb distanziert. Friederike war nun mal kein Ruhmesblatt in ihrem Leben, sondern eine Gefahr für ihren Ruf.«
    Kopfschütteln.
    »Dabei war Friederike ihr im Grunde ähnlicher, als sie dachte. Sie war ebenso konsequent wie Elena. Tanzte gerne, beurteilte die Kinder in der Schule nach ihrem Körpergefühl und interessierte sich fürs Theater. Nein. Elena hat ihre Tochter nicht erkannt. Sie hat sie nicht mit den Augen der Liebe gesehen.«
    »Keine Liebe. Die Arme!«, sagte Hagen mit überraschender Wärme und ließ offen, wen er meinte. Die, die nicht geliebt wurde, oder die, die nicht lieben konnte. Nicht wahr, Swentja?
    »Doch das nützte ihr nichts. Elena wollte die unschöne und plumpe Tochter loswerden. Sie war eine Schande und eine Sünde. Sie hätte sie ihren Ruf gekostet und vielleicht sogar die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gefährdet. Daher musste sie sterben.«
    »Mein Gott. Das eigene Kind getötet!«
    »Sie hatte es schon vorher getan!«, sagte ich leise. »Als sie sie weggab und verleugnete und als sie sie für die Karriere opferte, hat sie ihre Tochter umgebracht.«
     

Epilog
    Nach ein paar Tagen wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Mein Mann hatte keine Zeit gehabt, mich abzuholen. »Sitzung, sorry. Bestell dir ein Taxi!«, sagte er. »Und ruf unsere Perle an, wenn du etwas brauchst. Ich komme nicht zu spät heute Abend.«
    Ich bestellte das Taxi, doch ich konnte den Fahrer wieder wegschicken. Hagen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher