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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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gesagt, Marianne Grüber sei zur Entbindung nicht in Karlsruhe gewesen? Irgendwo in der Pfalz hatte sie Frauen die Haare gemacht und sich eine Weile dort aufgehalten. Dort hatte sie angeblich auch das Kind zur Welt gebracht. Sie hatte behauptet, sie habe eine Hausgeburt gehabt, und das Kind bei der Gemeinde angemeldet. Man hatte keine Fragen gestellt. Sie war eine biedere, verheiratete Frau, ihr Mann stammte aus dem Ort, war als ehrlich bekannt. Warum sollte man bezweifeln, dass eine junge Ehefrau ein Kind zu Hause zur Welt brachte? Dann war das Paar wieder nach Karlsruhe gezogen, und alles war seinen normalen behördlichen Lauf gegangen.
    Es war also keine offizielle Adoption gewesen. Irgendein Ehepaar hatte ein Baby bekommen und hatte es nicht behalten wollen. Warum nicht?
    Seiboldt kam mir in den Sinn. Vielleicht hatten sie befürchtet, nach der ersten Tochter noch ein weiteres behindertes Kind zu bekommen.
    Und wieso wusste Lieselotte Stolze etwas davon? Möglicherweise hatte sie gemerkt, dass Marianne Grüber gar nicht wirklich schwanger war. Oder Marianne hatte sich ihrer mütterlichen Chefin anvertraut.
    Das arme Frauchen hatte das Terminbuch tatsächlich nicht mehr besessen. Es war zerstört worden. Aber sie hatte etwas anderes gewusst.
    »Ich muss erst ihn fragen!«, hatte sie gesagt. Ihn? Wer war dieser Mann, den sie erst fragen musste? Hatte   er   sie umgebracht?
    * * *
    Szenen meiner Ehe:
    »Hallo, Swentja. Alles in Ordnung zu Hause? Ich komme am Freitag wieder.«
    »Ja. Es gibt Neuigkeiten. Eine Friseurin, die ich gekannt habe und die ich auf die Sache mit Friederike angesprochen hatte, ist gestern Abend umgebracht worden. In Frauenalb draußen!«
    »Frauenalb? Da geht eine Frau ja auch nicht allein hin. Und schon gar nicht abends. Wie am Brocken. In der Walpurgisnacht. Dort tanzen eben auch die Hexen!«, sagte mein Mann und lachte. »Swentja, verschone mich mit deinen Mördergeschichten. Könntest du unserer Hilfe sagen, dass sie mir bitte das rot-weiß gestreifte Hemd bügelt? Das brauche ich am Sonntag. In der Neuen Messe in Rheinstetten drüben sind Unternehmertage. Ich muss Schluss machen. Frau Rothard kommt mit den Unterlagen.«
    Er legte auf.
    An diesem Gespräch waren mehrere Dinge bemerkenswert.
    Mein Mann interessierte sich nicht einen Deut für den Tod einer kleinen, unbedeutenden Friseurin.
    Mein Mann interessierte sich nicht für mich, nur für die ordnungsgemäße Abwicklung seiner Bügelwäsche.
    Mein Mann hatte ein Verhältnis mit seiner Mitarbeiterin Frau Rothard.
    Woher ich das wusste?
    Das spürte man.
    Aber da war noch etwas gewesen. Er hatte noch etwas gesagt. Was war es nur?
    * * *
    Dass ich schlecht geschlafen hatte in dieser Nacht, wäre untertrieben gewesen. Kein Auge hatte ich zugetan. Ich wollte gar nicht daran denken, was für Augenringe ich am Morgen haben würde.
    Friederikes Tod hatte mir mehr geraubt als nur meine Seelenruhe. Vor allem meine Illusionen. Nämlich die, dass man mit Geld außer Mode auch ein erwachsenes Leben kaufen konnte. Und ich hatte erkannt, dass meine Ehe ein Haufen Scheiße war. Es tat mir gut, endlich so ordinär über Nicolaus zu denken. Es würde ihm nicht gefallen. Auch gut. Ich hatte einen Mann, der sich für nichts, was mich betraf, interessierte. Für Hagen hingegen war ich nur eine Herausforderung. Eine Affäre mit mir wäre ein Sieg, mehr nicht.
    Sich mit mir zu verabreden schien sowieso höchst ungesund zu sein, was bedeutete, dass auch mein Geschäft litt. Heute Morgen hatte ich bereits zwei Absagen bekommen für Einkaufsberatungen, die nächste Woche hätten stattfinden sollen. Eine ältere Dame aus der Gegend von Heidelberg und die Freundin einer Tennispartnerin aus Bühl.
    Wie eine Woge überschwemmte mich der plötzliche Wunsch, allein – ohne Männer – zu leben und mich selbst mit dem durchzubringen, was ich konnte. Aber was war das?
    Danke, Friederike. Du hast mir meinen Seelenfrieden geraubt und mir die Orientteppiche direkt unter meinem Hintern weggezogen.
    Auf jeden Fall musste ich Horst Schmied noch einmal aufsuchen. Hatte Friederike niemals Zweifel gehabt, was ihre Mutter anging?
    Ich beschloss, ohne vorherigen Anruf bei ihm vorbeizugehen. Ein Fehler.
    Schon der schicke kleine Flitzer vor der Tür ließ mich Übles ahnen. Er öffnete die Tür nur einen Spalt. Wirkte sehr freizeitmäßig gekleidet, um es vorsichtig zu sagen.
    »Swentja«, meinte er verlegen. »Warum hast du nicht angerufen? Ist was? Gibt’s was
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