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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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untreuen Mann machen sollte. Was hätten meine Oma und meine Mamma gemacht? Ablenken, Swentja!
    Ich ging Tennis spielen im Horbachpark. Traf mich mit neugierigen Freundinnen zum Essen in dem neuen italienischen Restaurant in Karlsruhe, wo man alles, was man bestellte, auf einen Chip buchen ließ. War das Bestellte fertig, läutete ein kleines Gerät mit dem Chip. Aus einem geheimnisvollen Grund ballten sich dort die Louis-Vuitton-Täschchen und die Gucci-Schühchen, offenbar galt es als schick, den halben Abend lang wie gebannt auf das Gerät zu starren. Ich mochte sie nicht mehr, diese Freundinnen, aber ich brauchte sie, denn sonst wäre ich allein gewesen.
    Ich kaufte mir ein neues Shampoo von Marlies Möller. Und einen Anhänger mit Herz von Thomas Sabo. So etwas sollte man eigentlich geschenkt bekommen, und verdrängt ist nicht vergessen.
    Noch eine Nacht lang wälzte ich mich unruhig hin und her. Immer wieder sah ich Spinnenarme auf mich zukommen. Tagsüber war ich müde und kaputt. Erstmals war ich froh, dass Nicolaus heute Abend wiederkommen würde.
    Aber vorher musste ich noch mit Janine sprechen.
    »Ich möchte dich eigentlich nicht mehr so gerne mit meiner Tochter allein lassen«, sagte Marlies auf meine entsprechende Bitte hin.
    »Ich verspreche dir, dass ich sie nicht zu dem Geschehen befragen werde. Ich möchte mich bei ihr … ja, in gewissem Sinne entschuldigen. Nur fünf Minuten, ja?«
    »Und warum ohne mich?«
    »Weil es mir vielleicht ein bisschen peinlich ist.«
    »Also gut. Aber ich bleibe in der Nähe!«
    Janine sah mich trotzig an. »Hallo!«
    »Janine, ich hatte angenommen, dass du vielleicht einen der Herren, die du da oben gesehen hast, angesprochen hast und – drücken wir es mal vorsichtig aus – gefragt hast, ob sie dich mit dem Taschengeld ein wenig unterstützen. Offenbar war das falsch von mir. Der Kommissar hat dich darauf angesprochen, und das hat deine Mama und dich gekränkt. Der Unfall war doch ein Zufall.«
    »War er nicht«, sagte Janine und setzte sich gerade hin. »War er nicht.«
    »Und wieso nicht?«
    »Weil ich es gemacht habe. Jemanden angerufen. Aber ich sag nicht, wen. Ich wollte mir was kaufen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hab’s genau so gemacht. Und jetzt habe ich Angst. Deshalb sag ich’s nicht.«
    »Janine, du musst es sagen. Der Mann hat noch jemanden umgebracht.«
    Janine musterte mich so altklug, wie es Kinder gerne tun. »Swentja, du stellst immer wieder die falsche Frage.«
    »Wie meinst du das?«
    Janine fing an zu heulen.
    Meine Güte. Kinder. Ich weiß, warum ich nur eins gekriegt habe.
    »Die Frau. Sie hat sich die Bilder angesehen. Und dann hab ich …«
    Sie schüttelte den Kopf mit den blonden Strähnchen. »Ich sag nichts mehr. Lass mich.« Letzteres schrie sie ziemlich laut.
    Die Tür zu Janines Jungmädchenzimmer wurde jäh aufgerissen, wie ein Rachedrachen erschien Marlies. »Jetzt heult sie schon wieder. Du hast es doch getan.«
    Marlies zitterte vor Wut, und es machte die Sache auch nicht besser, dass sie es in einem ziemlich schönen Pullover tat.
    »Sofort gehst du. Mein armes Kind, komm her!«
    Marlies nahm ihre Tochter in die Arme. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehen. Gegen den Schutz einer Mutter kam eine Außenstehende nicht an.
    Draußen auf dem Kies der Einfahrt fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Die Frau! Die Frau? Angelika! Sie hatte gesagt, die Bilder von Friederike seien so schön gewesen. Aber von Horst wusste ich, dass sie diese Bilder an jenem Abend das erste Mal aufgehängt hatte. Das bedeutete, Angelika Lodemann hatte Friederikes Gemälde nur im ersten Stock im Hause der Schmieds und nur an jenem Abend sehen können.
    Also war auch sie dort oben gewesen.
    »Du stellst die falschen Fragen!«, hatte Janine geheult.
    Ich hatte nur nach Männern gefragt. Frauen hatte ich vergessen. Frauen wie Angelika Lodemann, die ihre Brut verteidigten, wie es Mütter seit Urzeiten tun. Nur dass nicht alle Mütter morden.
    * * *
    Denk nach, hatte Elena gesagt. Überleg dir, was hat die kleine Friseurin in dem ersten Gespräch mit dir alles erzählt?
    Mir fiel nichts mehr ein. Draußen herrschte erstmals schlechteres Wetter. Es wurde kühler. Der Herbst war nicht mehr aufzuhalten.
    Und wieder suchte ich den tröstlichen Wellnesstempel im Hotel Albkönig auf. Es war Mittagszeit. Die Schwimmlandschaft war leer. Ich sah auch keine Angestellten. Um diese Zeit nahmen sie wahrscheinlich jene Pause, die sie sich nachmittags und
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