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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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Es war schon später Nachmittag und eine unheimliche Beleuchtung. Ein Wetterwechsel stand bevor, es wurde kälter. Der Herbst kündigte sich an. Da mag eines zum anderen gekommen sein. Die Spurensicherung ist noch nicht fertig, aber es sieht nicht gut aus. Auf dem Boden sind im Laufe des Tages so viele Leute herumgetrampelt, dass wir kaum eindeutiges Material finden werden.«
    »Hatte sie nichts bei sich? Was war in ihren Taschen?«
    Hagen warf mir einen prüfenden Blick zu. »Also gut. Spielen wir unser privates kleines Spiel weiter. Wenn meine Vorgesetzten das alles erfahren, bin ich mit einer netten Dienstaufsichtsbeschwerde dran. Dann kann ich Sie nicht in den ›Albkönig‹ einladen, dann müssen wir die Geschlechterrollen tauschen, und Sie zahlen. Zumindest beim Essen.«
    Ich blickte zu Boden, damit er mein Gesicht nicht sah. Mist.
    »Also, ich zeige Ihnen den Inhalt ihrer Tasche. Vielleicht geben Sie dann endlich Ruhe! Es ist die Tasche eines harmlosen Frauchens.«
    Er stand auf, ging hinaus, ich hörte Stimmen, Türen, wieder Telefone.
    Als er zurückkehrte, hatte er eine schwarze Damenhandtasche in der Hand und trug einen leichten Sommermantel über dem Arm, was einigermaßen seltsam aussah. An der Tasche baumelte ein Schild mit einer Nummer.
    »Das ist die Handtasche der Toten. Bitte sehr!« Er reichte mir dünne Plastikhandschuhe. »Sie ist schon gründlich untersucht worden, aber trotzdem. Sicherheitshalber.«
    Kamm. Schminktäschchen mit Lippenstift. Portemonnaie. Handy.
    Keine schöne Aufgabe. Man kam sich vor wie ein Leichenfledderer. Die Handtasche einer Frau war so etwas wie ihr Tagebuch. Die Sachen darin gingen nur sie etwas an.
    Ich hielt das Handy hoch. Fragend sah ich Hagen an.
    Er zuckte die Achseln. »Keine gespeicherten Nummern. Eine Kollegin sagte, sie kam damit nicht gut zurecht. Wir fanden nur die vom Anbieter vorprogammierten Rufnummern. Wir haben die Nummern, die sie in den letzten Wochen gewählt hat, nachvollzogen. Sowohl zu Hause als auch hier. Nichts Verdächtiges. Freundinnen. Ihre Schwester. Ihr Zahnarzt. Frauenarzt. Feuerwehr, wahrscheinlich wegen Brandschutzfragen. Seit dem Brand damals war sie offenbar ängstlich, und sie hatte vor einiger Zeit neue Föhne angeschafft, das war wahrscheinlich der Grund …«
    Ich hörte nicht hin. Erneut ein Riesenfehler.
    »Frauenarzt?«
    Hagen schüttelte den Kopf.
    »Dachte ich mir, dass Sie da einhaken würden. Ja, sie hat Dr. Hellali angerufen. Nichts Verdächtiges daran. Sie war eine Patientin von ihm. Noch aus der Zeit, als er hier in Karlsruhe praktizierte, und Frauen haben«, jetzt räusperte er sich unbehaglich, »offenbar den Hang, ihren Frauenärzten treu zu bleiben. Obwohl wir nach wie vor keinen Zusammenhang zwischen ihm und den beiden Verbrechen sehen, haben wir ihn bereits telefonisch zu den beiden Terminen befragt: Er hat ein absolut wasserdichtes Alibi für beide Morde. Befand sich in der Praxis, beide Male, und hat gearbeitet. Hat mehrere Zeugen dafür. Für seine Verstrickung in den Fall gibt es keinerlei Hinweise. Offen gestanden denke ich, die arme Frau Stolze wurde Opfer eines Zufallskriminellen. Ein Wohnsitzloser, der die Nacht in der Ruine verbringt. Wir werden die Protokolle der Kollegen der umliegenden Gemeinden nach derartigen Kandidaten und eventuellen Vorfällen genau durchleuchten. In Spielberg sind innerhalb der letzten zwei Wochen vier Katzen die Schwänze abgehackt worden.«
    Da dachte ich anders. Ich würde Hellali nochmals aufsuchen. Er war der Schlüssel, das spürte ich. Nicht Tibor Lodemann, sondern Moammar Hellali.
    Hayden beobachtete mich mit leiser Ironie, als ich weiter geistesabwesend in der Tasche der armen Toten herumkramte. Rasch brachte ich es hinter mich. Nicht gerade angenehm. Ich konnte nichts Verdächtiges mehr am Inhalt der Tasche entdecken und reichte sie ihm verlegen zurück. »Wenn Sie mich so beobachten, kann ich nicht nachdenken.«
    Verärgert legte er die Tasche zur Seite. »Frau Tobler, das hat jetzt einen Grad erreicht, den ich nicht mehr dulden kann. Bitte halten Sie sich fern von allen Personen, die auch nur im Entferntesten …«
    »Aber Herr Hayden«, ich schenkte ihm die ganze Breitseite meines Lächelns, »können Sie einer Frau verwehren, einen Gynäkologen aufzusuchen?«
    »Frau Tobler, ich …«
    »Danke, Herr Hayden. Man sieht sich.«
    * * *
    Am anderen Morgen. Diesmal empfing mich Hellali in der Klinik.
    Es blieb ihm auch nichts anderes übrig, denn ich hatte mir als
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