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0788 - Herr der Insekten

0788 - Herr der Insekten

Titel: 0788 - Herr der Insekten
Autoren: W.K. Giesa
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Van Yol hatte Grund zum Feiern. Der Grund bestand darin, dass er vor sechzehn Jahren geboren worden war. Daro, Vans Vater, hatte sich nach dem Tod seiner Frau rührend um den Sohn gekümmert, ohne dabei seine Geschäfte zu vernachlässigen, die ihn zum Millionär gemacht hatten.
    Er führte Ultraschwertransporte in alle Welt durch. Was nicht auf LKW oder Bahn passte und für das ein Schiff zu langsam war, wurde mit seiner Antonow transportiert, dem größten Frachtflugzeug der Welt. Der letzte Auftrag hatte um den halben Globus geführt, den Kunden fast 300.000 Dollar gekostet und der »Daro Yol Cargo« nach Abzug aller eigenen Kosten für Wartung, Personal und Flug einen Gewinn von gut 80.000 Dollar beschert. Zwei Wochen hatte die Aktion gedauert, und die nächsten Aufträge warteten schon auf die DYC.
    Daro hoffte, dass sein Sohn einmal die Firma übernehmen und weiterführen würde.
    Aber Van war daran momentan weniger interessiert als an guten Zeugnissen in seinem Abitur. Die brauchte er für sein geplantes Studium. Er wollte sich an der Sorbonne für Wirtschaftswissenschaften und Jura einschreiben, da wurde nicht jeder genommen. Er musste schon über dem Durchschnitt liegen. Und Van gehörte nicht zu dem Typ Sohn, der sich nur auf die Beziehungen seines Vaters verließ.
    Aber jetzt genoss er erst einmal die Sommerferien. Und die Geburtstagsfeier, die sein Vater für ihn ausgerichtet hatte.
    In der Zufahrt zur Villa parkte ein Porsche Carrera. Das Geburtstagsgeschenk, das Van vorerst aber nur von einem Chauffeur lenken lassen durfte - es sei denn, er bewegte es auf dem väterlichen Privatgrundstück. Zufrieden war Van damit nicht, aber wie er seinen Vater kannte, gelang es dem vielleicht sogar, eine Sondererlaubnis zu beschaffen. Auch wenn Van das nicht so recht war, weil es ihn über die anderen seines Jahrgangs hinaus hob. Aber »Einem-Yol ist nichts unmöglich« war Daros Standardspruch. Im Lauf der Jahre hatte er seinem Sohn schon oft solch »nützliche« Geschenke gemacht.
    Van betrachtete den Porsche vom Balkon der Villa aus. Lieber wäre ihm eine Packung Kondome gewesen, fand er angesichts der weiblichen Gäste, die sich für diesen Tag besonders hübsch gemacht hatten. Aber dafür war der Sohn dem Vater wiederum zu jung…
    Gut ein halbes Dutzend der Mädchen stammte aus-Vans Schuljahrgang, die anderen waren mit der Bekanntschaft und den Geschäftspartnern sei nes Vaters verwandt. Allerdings hatte nicht Daro Yol die Gästeliste geschrieben, sondern das Geburtstagskind selbst.
    Van wollte mit seinen Gästen einen netten Tag verbringen. Und zu seiner Freude hatten alle zugesagt, die er eingeladen hatte.
    Natürlich waren auch eine Handvoll der Jungs seiner Jahrgangsstufe mit von der Partie. Es waren die, die er als seine Freunde kannte - Freunde im engsten Sinn des Begriffs. Er war für sie da, und sie waren für ihn da, was auch immer geschah. Bekannt und befreundet ist man mit vielen Menschen, aber Freunde kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Diese Erfahrung hatte Van schon sehr früh gemacht.
    Diese Freunde nahmen auch seine kleinen Marotten hin, wie beispielsweise keine Mücken, Fliegen, Spinnen oder anderes krabbelndes oder sirrendes Kleingetier zu erschlagen. Erstaunlicherweise wurde Van auch nie von einer Mücke gestochen, selbst wenn er schweißüberströmt mitten durch einen Schwarm ging.
    Das hatte er mit seinem Vater gemeinsam. Der war das letzte Mal in seinem Leben gestochen worden, als er geschäftlich in der Ukraine zu tun hatte.
    Damals hatte es noch die Sowjetunion gegeben, und den Warschauer Pakt. Dass Daro Yol mit den Ukrainern ins Geschäft gekommen war, lag daran, dass die Sowjets ihn weniger als Europäer ansahen, sondern als -ja, als was eigentlich? In seiner Ahnenreihe waren alle Farben und Rassen vertreten, er ging in den Botschaften vieler Staaten ein und aus wie ein alter Bekannter. Er besaß einen französischen Pass, der ihm schon zu Zeiten deGaulles und Breschnews vieles leichter gemacht hatte. Welcher Nationalität er wirklich entstammte, darüber redete er nicht einmal mit Van. Aber der Name deutete auf türkische oder auch asiatische Abkunft hin.
    Damals, als Daro Yol in der ukrainischen Kleinstadt Tschernobyl war, ging es um den Transport von Reaktorteilen und Brennstäben. DYC arbeitete zwar teurer, dafür aber besser als sowjetische Firmen. Aber dann war es nicht mehr zum Vertrag gekommen, weil am 26. April 1986 jener verhängnisvolle Kernreaktor-Unfall im nahe
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