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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens
Autoren: Lindsey Davis
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hinter ihm stand, schüttelte vehement den Kopf und bleckte die Zähne.
    »Ich bin interessiert«, meinte ich mit einem unbekümmerten Lächeln. Helena schloss die Augen. »Ich glaube, ich würde gern mehr von dem sehen, was Sie machen.« Obwohl Helena über meine Vorsicht hätte erleichtert sein sollen, reagierte sie jetzt mit manischer Verzweiflung; sie wusste, was passieren würde, wenn ich unbeaufsichtigt in einen Schriftrollenladen spazierte. Sie las genauso begeistert wie ich, doch wenn es um den Kauf ging, teilte sie meinen Geschmack nicht. Da mein Geschmack bis vor kurzem davon abhing, was ich an Ständen aus zweiter oder gar dritter Hand bekommen konnte, hatte sie mit ihrer Skepsis vielleicht sogar Recht. In der Regel hatte ich nur Teile von Schriftrollensammlungen (ohne Hülle) und hatte sie tauschen müssen, sobald sie gelesen waren.
    »Sie können uns ja besuchen«, willigte Euschemon mürrisch ein.
    »Das werde ich tun«, erwiderte ich. Helena führte eine Pantomime auf, tat so, als würde sie mir einen großen Tiegel an den Kopf werfen. Eine hervorragende Pantomime. Ich konnte die Klöße in der imaginären heißen Brühe riechen und spüren, wie sich die scharfkantigen Henkelnieten in meinen Schädel bohrten.
    »Bringen Sie Ihr Manuskript mit«, wies mich Euschemon an. Er hielt inne. »Falls Sie erwägen, etwas Spezielles zu schreiben, gebe ich Ihnen gerne ein paar Tipps. Selbst unsere besten Werke gehen nicht über die griechische Schriftrollenlänge hinaus – das sind fünfunddreißig Fuß, was aber nur für hohe Literatur gilt. Als Daumenregel sind das ein Buch von Thukydides, zwei von Homer oder ein Schauspiel von fünfzehnhundert Zeilen. Nicht viele moderne Autoren verdienen die volle Länge. Zwanzig Fuß oder sogar die Hälfte davon sind ein guter Durchschnitt für einen beliebten Autor.« Er ließ mich den Eindruck gewinnen, dass mein Werk nicht zu den beliebten zählen könnte . »Daher ist kurz gut – Langes könnte abgelehnt werden. Und gehen Sie beim Einrichten des Manuskripts praktisch vor, wenn Sie ernst genommen werden wollen. Eine Schriftrolle hat fünfundzwanzig bis vierzig Zeilen pro Spalte und achtzehn bis fünfundzwanzig Buchstaben pro Zeile. Versuchen Sie unseren Schreibern entgegenzukommen. Ich bin sicher, Sie möchten professionell wirken.«
    »O ja«, keuchte ich.
    »Wenn Sie die Zeilenlänge berechnen, vergessen Sie nicht, die modernen Lesehilfen mit einzukalkulieren.«
    »Was?«
    »Satzzeichen, Leerstellen hinter den Wörtern, Zeilenendmarkierungen.«
    Diese hatten anscheinend den Platz überholter Konzepte wie Intensität der Gefühle, Witz und stilistischer Eleganz eingenommen.

V
     
     
    Euschemon war in die alte Falle getappt. Er dachte, er hätte mich übers Ohr gehauen. Privatermittler sind dem Ruf nach dumm, das weiß jeder. Die meisten sind es tatsächlich – akribisch darin, keine wertvollen Informationen zu sehen und zu hören und dann das zu missdeuten, was sie mitkriegen. Aber einige von uns wissen, wie man blufft.
    Daher unterließ ich es, direkt zu Chrysippus’ Skriptorium zu eilen, total begierig darauf, meine inspiriertesten Schöpfungen für ein lächerliches Honorar zu übergeben. Nicht mal, wenn mir das vertragliche Recht gewährt wurde, Kopien für den lächerlichen Preisnachlass zurückzukaufen, den ihre kriecherischen Lohnschreiberlinge ansonsten hinnahmen; nicht mal, wenn sie mir Goldblattpalmetten auf ihren Verkaufshochrechnungen anboten. Da ich Ermittler war, beschloss ich, mich über sie zu erkundigen. Und da ich keine Klienten hatte (wie üblich), hatte ich genug Zeit dazu. Außerdem kannte ich die richtigen Kontaktleute.
    Mein Vater war Auktionator. Manchmal befasste er sich mit dem Markt für seltene Schriftrollen, obwohl ihm hauptsächlich Kunst und Möbel am Herzen lagen. Literatur aus zweiter Hand betrachtete er als die unterste Ebene seines Gewerbes. Ich sprach nur selten mit meinem Vater. Er war abgehauen, als ich sieben war, obwohl er jetzt behauptete, er habe meine Mutter finanziell bei der Aufzucht der rüpelhaften Kinder unterstützt, die er gezeugt hatte. Er mochte gute Gründe für sein Verschwinden gehabt haben – zumindest bessere Gründe als die Verlockung eines gewissen Rotschopfs –, aber ich hatte immer noch das Gefühl, da ich ohne väterliche Anwesenheit aufgewachsen war, auch jetzt auf seine Lästigkeit verzichten zu können.
    Er genoss es, mich zu verärgern, weswegen ich mich fragte, wieso Papa gestern nicht zu meiner
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