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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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Ernst?«
    »Absolut.«
    Sie betrachtete die Karte erneut.
Green Street Investigation.
    »Privatdetektiv? Und das willst du wirklich machen? So soll dein Leben laufen?«
    Sie fühlte Zorn in sich aufsteigen, doch seine Augen waren so gelassen und blau wie früher.
    »Ich gebe der Sache sechs Monate«, sagte er. »Ich hab den Flur meiner Wohnung in ein Büro umgewandelt – groß genug ist er
     ja. Jetzt steht ein Schreibtisch drin, eine Stehlampe und so weiter. Außerdem noch ein Ledersofa für die Kunden.«
    »Du willst nach Ladendieben Ausschau halten und in Scheidungsgeschichten rumschnüffeln? Untreue Ehefrauen ausspionieren und
     kompromittierende Fotos machen? In dieser Rolle kann ich dich einfach nicht sehen.«
    »Ich auch nicht.« Er lächelte. »Ich wusste erst, was ich will, als ich hier oben darüber nachgedacht habe. Das kam durch die
     Aussicht.«
    »Die Aussicht?«
    »Ja, das, was wir gerade eben gesehen haben. Da liegt das moderne Cambridge mit all den Colleges und Forschungslabors und
     den ständigen Neuerungen und Entwicklungen. Wenn du dann aber in die entgegengesetzte Richtung schaust, siehst du das, was
     sich niemals verändert.«
    Sie blickte in seine Augen und spürte, dass ihre Finger sich ein winziges Stück bewegten.
    »Erklär mir, was du meinst, Fletcher.«
    »Woran liegt den Menschen
wirklich
etwas, Sal? Und zwar sowohl einzelnen Menschen als auch Menschen in Gruppen, in Organisationen? Es ist ihnen wichtig, ihre
     Vergangenheit zu verstehen. Sie versuchen, ihr zu entkommen – oder sich ihr zu stellen, zu ihr zu stehen, was sogar noch schwerer
     ist. Wenn nun also jemand seine Geschichte verstehen will – ein einzelner Mensch oder auch eine ganze Organisation   –, dann bin ich für ihn da. Ich glaube, dass es eine große Nachfrage geben wird. Du kannst meine Karte behalten.«
    Es war acht Uhr morgens, und sie musste los. Er küsste sie – wie Männer küssen, wenn sie Lebwohl sagen. Sie aber nahm sein
     Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn so, dass er es nicht vergessen würde. Dann versuchte sie zu lächeln.
    »Aber halte dich von Thinbeach fern.«
    »Da muss ich nicht mehr hin, Sal. Ohne Alain wird es keine Hochzeit mehr geben. So gesehen hat Iwan Gorenski gewissermaßen
     recht behalten. Er ist überzeugt, dass er die Braut von Thinbeach getötet hat.«
    »Die Braut getötet? Nach tausend Jahren? Billy Breakman behauptet, dass sie ewig leben wird. Meinst du nicht eher, dass
er
recht hat?«
     
    Sal blickte sich beim Wegfahren nur ein einziges Mal um. Im Rückspiegel sah sie die von ihren Reifen aufgewirbelte Staubfahne.
     Fletcher stand neben seinem Wagen und blickte über die Stoppelfelder, die den Namen eines toten Engels trugen. Ein Mann mit
     einem Stapel Visitenkarten und Augen von der Farbe gechlorten Wassers.
     
    In Portugal brannte die Sonne in diesem Sommer nachmittags erbarmungslos nieder. Die meisten Leute, die nicht gerade Briten
     waren, zogen es vor, drinnen zu bleiben, bis die Schatten ein wenig länger wurden und eine leichte Atlantikbrise in den Palmwedeln
     rauschte und aus dem Sand der Golfbunker einen feinen Staubschleier aufwirbelte.
    In Parque da Pinta spielte man Golf. Außerdem gab es zwei Schwimmbecken und eine gut bestückte Hotelbar, eine Dame, die Bridge-Abende
     organisierte, und Rasenflächen, für deren regelmäßige Bewässerung der freundliche, perfekt Englisch sprechende Clubmanager
     sorgte.
    Wenn spät am Nachmittag die Rasensprenger zischten, hatte der Clubmanager nichts weiter zu tun und betrachtete den Himmel
     durch den Rauch seiner Marlboro und die Lamellen der Jalousie, während die Sonne immer größer und röter wurde und die Wolken
     am Horizont purpurn färbte.
    Ein Klopfen an der Tür ließ ihn aufschrecken. Er öffnete und hatte zwei englische Herren in Golfhemden vor sich, mit rosig
     verbrannten Gesichtern und einer ganz leichten Sherryfahne.
    Als sie saßen, sagte einer der beiden Herren: »Also, es tut mir leid . . .«, und da wusste der Clubmanager, dass sie sich
     beschweren wollten.
    »Aber wir müssen mit Ihnen über Billy Breakman reden«, fuhr der andere fort. »Der Geruch aus seiner Wohnung. Es tut mir leid,
     aber das ist einfach nicht hinnehmbar.«
    Der Clubmanager schnipste etwas Asche weg und dachte nach.
    Nach der hübschen englischen Polizistin hatte Billy keinen Besuch mehr bekommen, bis vor drei Tagen, als ein Mann und eine
     Frau nach ihm fragten. Ein Ehepaar.
    Die Frau war eine Wucht. Sie hatte den
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