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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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Dachantennen, die mit eingeschalteten Scheinwerfern aus der Richtung von Thinbeach übers Stoppelfeld
     geholpert kamen. Schlimmer noch, sie sah, dass Fletcher hinter einem Mähdrescher hervorkam, der so aussah, als wäre er dicht
     vor den Gewächshäusern im Getreide stecken geblieben. Sie sah zu, wie Fletcher auf die näher kommenden Range Rovers zuging,
     seine aufrechte Gestalt vor dem verschwommenen Hintergrund des Feldes. Sie schloss einen Moment lang die Augen. Der Regen
     lief ihr über die Lider und auf ihre Lippen. Sie öffnete den Mund und kostete ihn. Er schmeckte sauber. Sie wollte die Augen
     nicht öffnen.
     
    Iwan hatte ein Versteck gefunden. In einiger Entfernung von Gewächshauskomplex und Mähdrescher standen letzte Reste einer
     alten Hecke auf einer kleinen Anhöhe. Die Zweige einiger gestutzter Weißdornbäume reichten bis zum Boden hinunter, und er
     schaffte es, sich darunter zu verkriechen, bevor die Range Rovers bei dem britischen Polizisten ankamen, der sie mit erhobener
     Hand anhielt.
    Er zog mit einem Knurren seine Margolin aus dem Halfter und entsicherte sie. Sie war eine gute Waffe – lautlos und aufkurze Entfernungen sehr genau – doch gegen die Glock-Pistolen dieser Polizisten, die mit wattierten Jacken und Schirmmützen
     bekleidet aus dem Range Rover stiegen und zum Mähdrescher gingen, war sie ein Spielzeug. Dennoch hatte er irgendwie das Gefühl,
     dass er die Waffe vielleicht gar nicht würde einsetzen müssen.
    Irgendetwas ging dort unten bei dem Mähdrescher vor: Die Polizisten versuchten, die großen Hunde bei den Halsbändern zu packen
     und von etwas wegzuzerren. Die Hunde wehrten sich schnappend und wollten das, worüber sie am Boden hergefallen waren, nicht
     hergeben. Iwan begriff, was es war, und lächelte. Er kannte noch nicht einmal den Namen dieses Mannes. Er hatte keine Zeit
     gehabt, dessen schlimmsten Albtraum herauszufinden, aber das hier dürfte nahe daran sein.
    Er sah, dass die Tür des zweiten Range Rovers aufging und eine Frau herausstieg. Sie mochte in den Vierzigern sein und wirkte
     durchtrainiert. Sie trug eine Wachsjacke und setzte noch eine Schirmmütze gegen den Regen auf, die sie tief in die Stirn zog.
    Er sah, dass Fletcher mit ausgebreiteten Armen auf sie zuging, und einen Moment lang glaubte Iwan, die beiden würden sich
     umarmen. Doch sie streckte die Hand aus und legte sie an seine Wange. Sie sahen einander aufmerksam an. Iwan meinte zu erkennen,
     dass Fletcher sprach und etwas erklärte.
    Dann geschah etwas, was Iwan vollkommen verblüffte. Die Frau hob die andere Hand und schlug Fletcher ins Gesicht.
     
    Fletcher schüttelte den Kopf. Er spürte Blut auf den Lippen, das sich mit dem Regen vermischte. Webley sah ihn unverwandt
     an, während sich in ihren Augen die Gewitterblitze spiegelten. Hinter ihr bemerkte Fletcher Sal, die von den Gewächshäusern
     her auf ihn zukam. Das Haar hing ihr nass über die Schultern. Er konzentrierte sich wieder auf Webley.
    »Aber ich habe doch getan, was Sie wollten«, sagte er.
    Er bemerkte, dass einer der Glockenspiel-Männer sich abwandte und in die Stoppeln spuckte. Zwei andere rangen mit den Hunden,
     beide Hände fest um die Halsbänder gelegt, um nicht gebissen zu werden. Die Schnauzen der Hunde glänzten von Alains Blut und
     sie ruckten wütend mit den Köpfen. Fletcher bemühte sich, kontrolliert und vernünftig zu denken.
    »Wir brauchen eine komplette Untersuchung der Ereignisse von 1978«, sagte er.
    Webley hielt seinen Blick fest. Der Regen wusch ihr übers Gesicht und in den Fältchen um ihre Augen glänzte das Wasser. Vor
     dem dunklen Himmel wirkte ihre Haut bleich und die Lippen waren leicht geöffnet. Ihre Augen ließen nicht erkennen, was sie
     dachte.
    »Du wirst 1978 vergessen«, sagte sie. »Was Menschen tun, wenn sie jung sind – das ist irgendwann einmal Vergangenheit und
     bleibt zurück.«
    Fletcher hörte sich sagen: »Iwan Gorenski ist hier. Er muss irgendwo dort in den Feldern stecken.«
    Webley schüttelte den Kopf.
    »Es gab nur einen Russen, und der ist eliminiert worden. So wird es im Bericht zu lesen sein. Sollte es da draußen zufällig
     noch einen anderen Russen geben, hat er das Zeichen mit Sicherheit verstanden. Er weiß, was ihm blüht, sollte er sich hier
     noch einmal blicken lassen. Nein, mit dem Russen ist es aus und vorbei. Und ebenso mit
The Wake
.« Sie rückte den Mützenschirm zurecht. Dabei fielen ihr ein paar Wassertropfen in die Augen. Sie
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