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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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lächelte. »Hab ich dir wehgetan?«
     Er antwortete nicht. »Dann tut es mir leid. Ich war so stolz auf dich.« Erneut berührte sie seine Wange mit der Hand, doch
     er entzog sich ihr, ohne den Blick zu senken.
    Einer der Beamten fluchte, als ein Wolfshund ihn in den Arm biss. Er setzte dem Tier den Stiefel auf den Hals und drückte
     es zu Boden. Dann zog er seine Pistole.
    Webley ließ Fletchers Blick nicht los.
     
    Iwan konnte die Schüsse im prasselnden Regen nicht hören, sah aber, wie die Glock-Pistole nacheinander auf beide Hunde zielte
     und je eine kleine Blutfontäne hochschoss, die sofort wieder versiegte. Die Männer standen auf, steckten ihre Waffen weg und
     gingen langsam zu den Range Rovers zurück. Iwan legte die Mündung der Margolin auf seinen Arm. Er erwartete, dass die Männer
     über das Feld auf ihn zukommen oder Suchhunde holen würden, doch kurz darauf stiegen sie wieder in ihre Wagen. Die Frau in
     der Wachsjacke stieg ebenfalls ein, und sie fuhren langsam in Richtung Thinbeach davon. Sie ließen den Polizisten Fletcher
     auf dem Feld zurück. Nur eine junge Frau war jetzt noch bei ihm, in der Iwan die junge Polizistin erkannte. Beide standen
     allein im Regen.
    Iwan legte sich auf den Rücken und dachte nach. Er blickte durch die Blätter zu den Wolken hinauf, die nun in Fetzen über
     den Himmel zogen. Ein letzter Lichtblitz ließ das ganze Firmament aufstrahlen.
    Iwan ließ sich die unerwartete Entwicklung durch den Kopf gehen. Warum ließen sie ihn in Ruhe, obwohl sie ihn mühelos hätten
     festnehmen oder erschießen können – so wie sie Berlitz erschossen hatten?
    Sie versuchten, ihn einzuschüchtern, doch irgendwann würden sie dafür bezahlen. Sie hatten seinen Kryscha-Mann erschossen.
     Den Sänger. Dafür würden sie büßen, auch wenn es ein oder zwei Jahrzehnte dauern mochte oder die Revanche erst möglich war,
     wenn sein eigener Sohn hierher zurückkehren konnte. Solche Dinge benötigten Zeit.
    Aber jetzt? Warum bin ich noch frei?
    Er schloss die Augen und atmete die feuchte Luft ein. Dann schlug er die Augen wieder auf. Der Regen ließ nach und am grauen
     Himmel zeigte sich ein erster blauer Schimmer.
    Es gab nur eine einzige Erklärung. Seine Lebensaufgabe war noch nicht abgeschlossen. Charter, Denton und diesenMann mit den Hunden hatte er zur Strecke gebracht, aber Billy Breakman lief noch ungestraft herum.
    Iwan wollte seine Aufgabe zu Ende bringen. Und jetzt wurde ihm klar, dass die Polizei von Cambridge genau dasselbe von ihm
     wollte.
    Und zwar vielleicht schon von Anfang an.
    Vielleicht schon, seit der dumme Junge im Schredder gelandet war und die Polizei entdeckt hatte, dass Russen in der Gegend
     waren und in der Vergangenheit wühlten.
    Die ganze Zeit wollten sie von mir, dass ich
The Wake
auslösche.
     
    Von der Kunststofffolie der Gewächshaustunnel stieg leichter Dampf auf, obwohl der Regen noch gar nicht ganz aufgehört hatte.
     Sal hatte Wasser im Haar, im Kragen und in den Schuhen. Sie sah, wie der Fahrer des Mähdreschers den Krankenwagen heranwinkte,
     der sich über das matschige Feld quälte. Aber sie hatte bei Alain de Minching gekniet, hatte vergeblich nach Lebenszeichen
     gesucht und gesehen, wie die Hunde ihn zugerichtet hatten.
    »Seit wann hast du es gewusst?«, fragte Fletcher sie. Auch er beobachtete den Krankenwagen und in seinen Augen spiegelte sich
     das dunstige Licht.
    »Es ist mir erst vorhin klar geworden, in den Shamblings. Die Scharfschützen legten Berlitz’ Waffe neben seine Leiche, als
     hätte er sie gezogen, aber das hatte er gar nicht. Und Webley sagte dazu:
Sehr professionell.«
    Fletcher wischte sich den Regen aus dem Gesicht. »Und?«
    »Erinnerst du dich, was Webley am Mittwochvormittag in ihrem Büro gesagt hat?«, fuhr Sal fort. »Als wir ihr Tevershams Kassette
     vorspielten? Da sagte sie:
Nicht gerade professionell.
Wir dachten, dass sie damit die Aufnahme meinte – dass die verschrammte alte Kassette amateurhaft sei. Aber irgendwie hat
     sich das bei mir festgesetzt. Ich glaube nämlich,dass sie in Wirklichkeit mit sich selbst redete. Sie kritisierte die Männer, die auf dem Band zu hören waren. Sie wusste,
     dass es Polizisten waren, und fand es unprofessionell von ihnen, dass sie sich auf ein Gespräch über
The Wake
einließen. Sie war der Meinung, sie hätten klüger sein und den Mund halten sollen.«
    Der Krankenwagen hatte es inzwischen geschafft. »Aber sie war damals doch noch gar nicht bei der Polizei von
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