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Tod einer jungen Frau

Tod einer jungen Frau

Titel: Tod einer jungen Frau
Autoren: Carter Brown
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Eis goß. Vom Fenster
aus hatte man einen hübschen Blick auf den Central Park, und eine Weile lang
starrte ich darauf. Man kann eine Pause durch einen positiven Gedankengang
überbrücken, aber wann immer ich jetzt etwas Derartiges versuchte, sah ich im
Geist das Cowgirl unten vor mir, und dann geriet
alles ins Schwanken. Schließlich verkündete ein scharfes Klicken, daß der
Fernsehapparat abgeschaltet wurde, und ich wandte der Aussicht dankbar den
Rücken zu.
    Evan Curran stemmte sich aus
dem Sessel hoch und kam mit ungelenk schlurfendem Schritt auf mich zu. Er war
schätzungsweise um fünfundzwanzig herum, und die schicke Cowboyaufmachung stand
seiner großen, mageren Figur gut. Eine Strähne derben schwarzen Haars hing ihm
in die Stirn, und die großen, ausdrucksvollen, dunklen Augen ließen den Rest
seines Gesichts vergleichsweise zu klein erscheinen. Schwarze, zwei Tage alte
Stoppeln wuchsen auf seinem Kinn, und unmittelbar unter seinem linken Auge
tickte rhythmisch pulsierend ein Nerv. Er ging um die Bar herum, ergriff das
nächstbeste Glas und goß Scotch hinein. Der mit Lippenstift verschmierte Rand
machte ihm nicht das geringste aus, als er die
bernsteinfarbene Flüssigkeit schnell hinuntergoß .
    »Von dem Augenblick an, als ich
Ihr dringendes Telegramm bekam«, sagte ich geduldig, »und mit der erstmöglichen
Maschine aus Los Angeles wegflog, sind Sie mein Auftraggeber geworden. Wenn Sie
mich nur auf einen Drink einladen wollten, wird das so ziemlich der teuerste
Drink, den Sie je jemandem angeboten haben .«
    »Man hat mir gesagt, Sie seien
der Beste .« Die dunklen Augen waren ängstlich prüfend
auf mein Gesicht gerichtet, als fürchte er, ich könne das bestreiten. »Wenn du
Schwierigkeiten hast, über die du nicht einmal mit deiner Mutter sprechen
möchtest, dann wende dich an Rick Holman , und er
bringt alles für dich in Ordnung. Schnell und so leise, daß hinterher niemand
auch nur mehr ein Gewimmer hört. Wie lange haben Sie jetzt von Hollywood aus
gearbeitet, Rick ?«
    »Fünf Jahre, ein paar Monate hin
oder her«, sagte ich.
    »Erzählen Sie mir, wie es ist ?« fragte er mit schüchterner Stimme. »Ich meine Hollywood .«
    Ich starrte ihn einen
Augenblick lang an und dann fiel mir ein, daß er zu der neueren Generation von
Filmschauspielern gehörte, die frisch und eifrig aus den Schauspielschulen
hervorgehen und, wenn sie Glück haben, eine Nebenrolle in einer
Provinzaufführung bekommen, vielleicht gefolgt von weiteren Nebenrollen im
Fernsehen. Wenn sie wirklich großes Glück haben, wie zum Beispiel Curran, dann
finden sie ihre Chance in Filmen mit niederem Budget. Der Film, der diesen
Jungen berühmt gemacht hatte, war in Spanien gedreht worden und hatte nicht
einmal eine halbe Million Dollar gekostet. Wegen Curran war er wider Erwarten
ein Kassenschlager geworden. Seine Schlaksigkeit , die
belegte Stimme, die nach wie vor seine Brooklyner Abkunft verriet — vielleicht sogar die Pickel auf seinem Kinn? — bildeten eine
Kombination, auf die die Hälfte aller Frauen der westlichen Welt anscheinend
ihr ganzes junges oder weniger junges Leben lang gewartet hatten. Der zweite
Film, der Evan Curran vollends zum Star gemacht hatte, war mit einem Achtmillionenbudget versehen gewesen und hatte wie eine
Bombe eingeschlagen. Damit war er in der auserwählten kleinen Gruppe von Stars,
deren Namen eine Garantie dafür bilden, daß jeder Film, in dem sie erscheinen,
Geld erbringen wird.
    »Wie mal jemand gesagt hat,
Hollywood ist ein Zustand«, antwortete ich.
    »Ich hab’ es nie gesehen. Ist
das nicht wahnsinnig ?« Er goß sich erneut Scotch nach.
»Wissen Sie was? Der Gedanke macht mich verrückt. Ich habe in Studios von Rom
bis London gearbeitet, aber nie in Hollywood. Allein der Gedanke daran jagt mir
eine Todesangst ein. Ich meine, ich müßte schon seit gestern dort sein, aber
die Komplexe waren einfach zu stark .«
    »Soll ich Ihnen das Händchen
halten ?« knurrte ich.
    »Glauben Sie an die Sterne,
Rick? Ich meine die Astrologie ?« Er trank schnell
einen Schluck Scotch. »Ein Experte hat mein Horoskop ausgearbeitet, und es ist
jeden Cent wert, den es gekostet hat. Ich bin ein Steinbock und das bedeutet,
daß ich von dem Tag meiner Geburt an in Schwierigkeiten stecke. Aber die größte
Gefahr, der ich in meinem ganzen Leben je ins Gesicht zu blicken habe, kommt
jetzt auf mich zu, sie beginnt übermorgen und dauert einen ganzen verdammten
Monat lang .« Ein flehender Ausdruck erschien
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