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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste
Autoren: Veit Heinichen
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entstellte. Die Anzeige wegen Hausfriedensbruch wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt, irgend jemand hatte ein Einsehen mit ihm.
    Der Bestattungsunternehmer, der den Zinksarg aus der maltesischen Hauptstadt Valletta am Flughafen Charles de Gaulle entgegengenommen hatte, mußte die Polizei verständigen, nachdem einem seiner Mitarbeiter Zweifel daran gekommen waren, daß mit der Leiche alles ordnungsgemäß zugegangen war. Lorenzo Ramses Frei erfuhr davon durch den Anruf eines Pariser Kriminalbeamten, als sie schon zur Obduktion in der Gerichtsmedizin lag. Mit dem Begriff »Verkehrsunfall«, der in den amtlichen Papieren als Todesursache stand, waren die Spuren am Körper nicht zu vereinbaren.
     
    Ein neues Bild: Es war ein lauer Vorfrühlingstag, der heiter und vielversprechend begonnen hatte. Wie an jedem der letzten Tage, die sie für eine Konferenz europäischer Universitätsdozenten auf Malta verbrachte, rief sie vor dem Frühstück an. Ramses war mit dem Telefon auf die Dachterrasse hinausgetreten und schaute über die Dächer des 6. Arrondissements. Begeistert erzählte er ihr von der klaren Luft und der weiten Sicht. Matilde ließ ihn reden, bis sie mit weicher Stimme sagte, wenn sie nicht alles täusche, bekämen sie ein Kind. Was für eine Nachricht! Ramses stieß einen kräftigen Freudenschrei aus. Etwas später am Tag, nachdem er glücklich und erschöpft von einem ausgiebigen Spaziergang bis hinüber nach Montmartre zurückkehrte, fand er einen Brief vor, in dem man ihn bat, Mitglied des ständigen Beirats der Journalisten-Akademie zu werden. Bezahlt natürlich. Er wäre mit Abstand der Jüngste in dieser Runde. Es war nichts anderes als eine Auszeichnung für seine bisherige Arbeit und leichtverdientes Geld. Es genügte, sich zweimal im Jahr dort sehen zu lassen und sich monatlich über die Überweisung zu freuen. Ramses schäumte über von Glück und hinterließ die zweite gute Neuigkeit des Tages auf Matildes Hoteltelefon.
    Doch Matilde meldete sich am Abend nicht. Der Hotelportier sagte, sie sei noch nicht zurück. Die gleiche Auskunft um Mitternacht, um eins und um zwei. Ihr Mobiltelefon war abgeschaltet. Und auch am nächsten Morgen war kein Lebenszeichen von ihr zu vernehmen. Die Auskunft im Hotel blieb stets dieselbe: Matilde Leone war über Nacht nicht zurückgekommen. Nach dem Mittagessen fuhr er zu ihrer Wohnung hinüber, um in den Kongreßunterlagen nach der Telefonnummer des Veranstalters zu suchen. Schließlich hörte er mit schlechtem Gewissen ihren Anrufbeantworter ab. Die elfte Nachricht versetzte ihn in Panik.
     
    Der Flug über Rom dauerte viereinhalb Stunden und kostete ein Vermögen. Dennoch saß er unbequem und lehnte auch den Champagner ab. Die Maschine landete gegen Mittag auf dem maltesischen Flughafen Laqua. Eine Mitarbeiterin des Konferenzleiters brachte ihn direkt zum Krankenhaus. Am Empfang wurde er an die Abteilung für innere Medizin verwiesen, wo er lange warten mußte, bis endlich ein arroganter, sonnengebräunter Arzt seines Alters auf ihn zukam, dessen Englisch mit unverkennbar italienischem Akzent gefärbt war. Am Revers seines Kittels hing ein Plastikschild mit seinem Namen, vor dem ein großes Professor zu lesen war.
    »Sind Sie ein Angehöriger der Matilde Leone?« fragte der Arzt kalt.
    »Sie ist meine Lebensgefährtin und erwartet ein Kind von mir«, sagte Ramses ungeduldig. »Wie geht es ihr? Kann ich zu ihr?«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Ich sagte doch schon, daß sie meine Lebensgefährtin ist. Wo ist sie?«
    »Ich darf an Fremde keine Auskünfte geben. Privacy.« Der Arzt wandte sich ab, doch Ramses faßte ihn an der Schulter.
    »Sie sagen mir jetzt sofort, was mit Matilde Leone ist, sonst...«
    Der Arzt schaute ihn unbeeindruckt an und griff nach Ramses’ Handgelenk. »Sie ist tot«, sagte er kalt.
    »Was«, schrie Ramses und riß ihn am Kittel herum. »Was haben Sie gesagt?«
    »Wenden Sie sich an die Botschaft. Verlassen Sie jetzt sofort das Krankenhaus.«
    »Ich will zu ihr!« Es war ein verzweifelter Schrei. Ramses schleuderte den Mann gegen die Wand, umfaßte seine Kehle mit der Linken und bohrte ihm die rechte Faust ins Gesicht. Zweimal, dreimal. Das Blut schoß aus der Nase des Arztes, und die Oberlippe war gerissen. Drei kräftige Sanitäter rangen Ramses zu Boden und drehten ihm die Arme auf den Rücken. Er wehrte sich nicht. Eine halbe Stunde später saß er mit Handschellen gefesselt auf einem Stuhl im Polizeipräsidium von Valletta und
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