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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste
Autoren: Veit Heinichen
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Proteo.«
    »Ich habe den beiden Typen, die man ohne Hosen fand, dein Foto gezeigt. Sie haben dich wiedererkannt.«
    Ramses lachte. »Ich hoffe, du hast Sinn für Humor. Das war doch endlich mal etwas anderes, oder? Die Leute von der Klinik haben sie mir auf den Hals gehetzt, weil ich ihnen mit meinen Recherchen auf der Spur war. Du befindest dich im Reich der Spekulationen, Commissario. Kein Untersuchungsrichter wird für ein paar Hosen einen Haftbefehl unterschreiben. Und niemand hört unser Gespräch.«
    Laurenti gelang es nur mit Mühe, sich zu beherrschen. »Verschwinde. Sofort. Und ohne dich zu verabschieden.«
    Er zeigte auf die Treppe, und Ramses ging langsam los. Silvia, die bisher alleine abseits gestanden hatte, folgte ihm grußlos.
     
    Laurenti wartete, bis er sie nicht mehr sah, und rief über das Mobiltelefon die Einsatzbereitschaft an. Sie sollten Lorenzo Ramses Frei umgehend verhaften. Er wartete einen Augenblick und bekam die Bestätigung, daß ein Streifenwagen ganz in der Nähe war. Sie würden den Schweizer oben an der Straße abpassen. »Mordverdacht. Locht ihn ein. Er soll schmoren, ich knöpfe ihn mir morgen vor. Dann nehmen wir auch sein Haus unter die Lupe.«
    Er ging zurück zum Buffet und schenkte sich Wein nach. Das erste Glas leerte er in einem Zug. Von einem der Tische, an dem die Gäste sich über den Brasato hermachten, hörte er Galvanos Stimme.
    »Triest, müßt ihr wissen«, sagte er zu einem kleinen Kreis von Zuhörern, die ihm noch nicht entkommen waren, »spielte eine herausragende Rolle in der medizinischen Forschung des Habsburgerreichs. Das Ospedale Maggiore war damals nach Wien die zweite Klinik. Den anderen weit voraus. Übrigens gibt es davon noch Spuren. Unterm Dach des Maggiore. Eine unglaubliche Sammlung von anatomischpathologischen Besonderheiten. 1841 begonnen. Ihr glaubt ja nicht, was es da alles zu sehen gibt. Pestbeulen, eitrige Geschwüre, Verwachsungen und Fehlgeburten, Föten jeder Art, auch einen Schädellosen, Krebsgeschwüre en masse. Früher stank es da oben, weil die Glasbehälter nur mit Bienenwachs verschlossen waren, das im Sommer schmolz. Aber jetzt ist das Formalin ausgewechselt und das ganze Zeug wieder dicht. Schade, daß die Stadt kein Geld für ein Museum bereitstellt. Wenn ihr wollt, führe ich euch gerne mal hoch.«
    »Galvano, basta!« rief Laura. »Merken Sie wirklich nicht, daß man den Apettit darüber verliert?«
    »Du bist zu sensibel. Es ist nichts als das Leben.« Galvano schnitt ein großes Stück Fleisch ab und steckte es in den Mund.
    »Guten Appetit«, sagte Laurenti finster. »Aber eines steht fest. Sie haben sich verraten.«
    Der Alte erschrak. Er hatte Laurenti nicht bemerkt.
    »Ich war das nicht.«
    »Sie wissen ja gar nicht, wovon ich spreche.«
    »Raus mit der Sprache. Zier dich nicht!«
    »Sie waren es, Doc, der die Pakete an den Questore und den Präfekt geschickt hat. Dem ersten einen Arsch, dem anderen einen Schwanz. Beide aus der von Ihnen beschriebenen Sammlung! Es ist alles klar.«
    »Was für Pakete? Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst. Ist noch ein Schluck Wein da?«
    »Wirklich einmal ein netter Abschiedsgruß, Galvano. Sehr originell.«
     
    Laurenti wollte allein sein und ging die Treppe hinunter, am Haus vorbei, bis zum Strand. Er setzte sich auf einen Fels und starrte auf die in der Nachmittagssonne gleißenden sanften Wellen.
    Er würde sich eine Angel kaufen, am besten zwei, und endlich wieder Fisch nach Hause bringen. Der Golf wimmelte von Branzini und Doraden. Fleisch würde er so schnell nicht mehr essen. Nicht einmal vom Pferd, obwohl man da, wie Laura immer sagte, wenigstens weiß, was man ißt.
    Die Luft war ganz klar. Im Süden tanzte der Dom von Pirano über den Wellen und strahlte eine majestätische Ruhe aus. Laurenti zog das Mobiltelefon aus der Tasche und wählte Živas Nummer. Sie meldete sich nicht.
    Solange die Untersuchungen gegen ihn dauerten, würde er sich beurlauben lassen. Wenn der Hund durchkommen sollte, würde er ihn pflegen und mit ihm spazierengehen. Armer Cluzot alias Almirante, schwarzer Bastard, den angeblich niemand mochte außer ihm. Und eine Motorsäge würde er auch kaufen, Gartenarbeit erledigen. Dazu hatte er Lust. Kräuter- und Gemüsebeete anlegen, ganz so wie Laura es wollte. Und auch einen Bobtail-Welpen wollte er für sie suchen.
     

 
    Über den Autor
     
     
    Veit Heinichen
     
    Veit Heinichen wurde 1957 zwischen Bodensee und Schwarzwald geboren. Nach dem
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