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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste
Autoren: Veit Heinichen
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habe ihn am Vormittag grundlos zusammengeschlagen. Außerdem fehle eines der Pferde.
    Laurenti ließ den Mann kommen und befragte ihn. Dieser Vasile sei eigentlich ein netter, schüchterner Kerl gewesen. Kein Zweifel, daß er so hieß, der Professor habe ihn so genannt. Er sollte ihm am Morgen helfen, die Pferde zu versorgen. Und dann plötzlich... Er wußte nicht, wie lange er gefesselt unter den Strohballen gelegen hatte. Die Platzwunde an seinem Kopf müsse versorgt werden. Er habe Schmerzen. Laurenti hörte ihm geduldig zu und ließ dann Severino rufen. Schweigend versorgte der Professor die Wunde, Laurenti, der im Zimmer blieb, schenkte er keinen Blick. »Der Mann muß geschont werden«, sagte Severino nur. Als er keine Antwort erhielt, ging er wieder hinaus.
    Nachdem eine Streife das Foto des Toten des deutschen Kanzlers aus der Stadt gebracht hatte, identifizierte der Pferdepfleger ihn, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. Er bestand darauf, diese Person am Donnerstag zum ersten Mal gesehen zu haben. Laurenti knüpfte sich daraufhin Severino vor. Er stritt vehement ab, den Mann jemals gesehen zu haben. Nachdem sie das Foto allen anderen Anwesenden auf dem Klinikgelände gezeigt hatten und diese ebenfalls aussagten, er sei ihnen unbekannt, beriet sich Laurenti einen Moment mit dem Staatsanwalt.
     
    Sogar Scoglio war mit nach »La Salvia« gefahren, nachdem er von der Sache auf dem Friedhof gehört hatte. Er wollte endlich wissen, wofür er mit den von ihm unterstützten Durchsuchungsbefehlen ständig seinen Kopf riskierte. Laurenti war froh, daß der Staatsanwalt sich um den tobenden Romani kümmerte, der eine Drohung nach der anderen ausstieß, während die Polizisten die Klinik durchsuchten.
    »Immerhin wissen wir, daß der Fahrer des LKW hier oben war«, sagte Laurenti.
    »Oder auch nicht. Sie haben das Foto des Toten gezeigt, der dem deutschen Kanzler in den Wagen gelaufen ist.«
    »Sie sind Zwillinge.«
    »Sie sehen sich ähnlich, das stimmt.« Scoglio zögerte einen Augenblick. »Nur der Pferdepfleger sagte, daß er es war. Die anderen behaupten, ihn noch nie gesehen zu haben. Selbst die Angestellten. Es reicht noch nicht. Zu viele Zimmer. Wenn Sie überall die Abdrücke nehmen wollen, sind Sie mehrere Tage beschäftigt. In einer Klinik kommen Tausende zusammen. Versuchen Sie, die Rumänen an die Strippe zu bekommen.«
    Laurenti ließ sich nicht irritieren. »Als ich zuletzt mit dem Kollegen in Bukarest sprach, bestätigte er die Identifikation des Toten des deutschen Kanzlers: Dimitrescu Dealul. Dieser hier wurde Vasile gerufen. Wenn es wirklich Zwillinge waren, werden wir es bald wissen.«
    »Damit haben Sie noch immer kein Motiv. Was wollen Sie, Laurenti? Es stinkt zum Himmel, aber es paßt nicht zusammen. Wem wollen Sie etwas anhängen?« Scoglio machte eine hilflose Handbewegung. »Ich höre mir jetzt wieder das Gezeter des Anwalts an. Bisher ist die Ausbeute reichlich mager. Ich befürchte, daß wir bald wieder abziehen müssen.«
     
    *
     
     
    Viktor Drakič war sauer. Er hatte sich für einen langen Ausritt angemeldet, doch als er nach dem Mittagessen zu den Stallungen kam, war niemand da, und nicht einmal die Pferde waren gestriegelt. Er rief vergeblich nach dem Stallburschen. Langsam ging er an den Boxen vorbei und schaute sich die Pferde an. Dann ging er zur Klinik zurück, um sich zu beschweren. Gerade als er die Treppe hinaufging, hörte er die Sirenen der Streifenwagen vor dem Tor. Was war da los? Hatte Petrovac ihm nicht gesagt, daß er absolut sicher sei? Er ging eilig auf sein Zimmer und stand am Fenster, als er die Wagen vorfahren sah. Und dann erkannte er Laurenti wieder. Drakič mußte sofort weg. Er riß die Reisetasche aus dem Schrank und stopfte seine Kleider hinein. Panik überfiel ihn. Was sollte er mit dem Gepäck? Er mußte zu den Pferden, bevor sie ihn hier fanden. Viktor Drakič rannte den Flur hinunter, fand im Erdgeschoß einen unverschlossenen Raum und stieg aus dem Fenster. Überall Polizisten. Er hielt sich zwischen den Büschen versteckt und wartete, bis die Männer im Haus verschwanden.
    Er warf der Schimmelstute nur die Trense über. Zum Satteln blieb ihm keine Zeit. Das Pferd war verdammt ruhig und ließ sich nur mühsam antreiben. Drakič folgte in trägem Galopp den Hufspuren am Zaun des Geländes und suchte nach einem Ausgang. Endlich fand er eine Stelle, wo der Draht nur behelfsmäßig repariert war. Er stieg ab und bog ihn mit bloßen Händen so weit
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